[248] 23.
Ich weiß ein schönes Eiland, wie verloren
Im stillen Ocean, ein waldbedecktes,
In milden Sonnenstrahlen hingestrecktes,
Wie ein Asyl, für Dichter auserkoren,
Ein Eden, von der Trope Glut durchhaucht,
Ein Eiland, wie ein Strauß von wilden Rosen
Für die Betrübten, für die Heimatlosen
Aus träumerischen Fluten aufgetaucht.
Es ragt empor, der Schiffer Augenweide,
Mit Halden, Silberbächen, kühlen Schluchten.
Es streift mit seinem dunkelgrünen Kleide
Bis an den Spiegel seiner Felsenbuchten.
Lianen werfen ihre Blütenschnur
Von Baum zu Baum; durch buntes Strauchwerk fliegen
Zwitschernde Vögel. Stolze Forsten schmiegen
Sich an des Himmels blendendes Azur.
Dort glänzt der Morgentau wie Diamanten
Auf satten Gräsern; Antilopen schauen
Furchtlos hernieder von der Berge Kanten,
Und Palmen rauschen auf beblümten Auen.
Ostindienfahrer kommen, reich beladen,
Und Wallfischfänger, lärmende Gesellen.
Sie kennen meiner Insel Ankerstellen,
Doch nur als rastbedürftige Nomaden.
Mich zieht es hin, in meinen liebsten Träumen,
Zu jenen Thälern mit den Kokosbäumen;
[249]Ich möchte dort, auf freier Erde weilend,
Mein Paradies mit freien Männern teilend,
Ein Pflanzer unter Pflanzern, meine Saat
Ausstreuen, einer großen Zukunft Keime,
Und ohne Wortgeklingel, ohne Reime
Den Tod erwarten als ein Mann der That.
Es ist zu spät! Die Jugend ist entwichen.
Statt neuer Freuden sind Erinnerungen
Aus guter alter Zeit herbeigesprungen,
Und Selbstbetrachtung kam herangeschlichen.
Es sei! – Ich will an Träumen mich erfreun,
Die meine tiefe Trauer überragen.
Ich habe heiß gestrebt – ich muß entsagen,
Ich muß auf meine Wunden Asche streun.