24.
Ich klage nicht. – Zwar ist mein Lebensbuch,
Gleich andern, kein vergoldetes gewesen;
Auf mancher Seite ist das Wort zu lesen:
Ach, soviel Arbeit um ein Leichentuch!
Nicht jene Ruhe, die Horaz besungen,
Genügt mir ganz – mit ländlichen Idyllen
Vermag ich meine Sehnsucht nicht zu stillen:
Doch ein gerechtes Urteil ist errungen.
Wenn Leidenschaften, wütende Despoten,
[250]Mir einst das Herz zerfleischt, in jungen Jahren,
Sein heißes Pochen hat Ersatz geboten
Für jener Zeiten Leiden und Gefahren.
Wenn statt des Friedens, den ich stets erfleht,
Gedanken mich erfüllten, kaum zu zügeln,
Die Liebe hat mit ihren Engelsflügeln
Mir immer neue Hoffnung zugeweht.
O fern von hier, verloren in der Wildnis,
Sah ich manch süßes, manch geliebtes Bildnis,
Sah holder Augen Glanz herüberleuchten
In Nächte, halb durchträumte, halb durchweinte,
Und fühlte Thränen, treu' und gutgemeinte,
Die fieberhafte Stirne mir befeuchten.
So kann ich das Verlorne nun verschmerzen
Und mich in das, was unabwendbar, schicken
Und an Erinnerungen mich erquicken
Mit Todeshymnen im Poetenherzen.