CIX.
Verwundungen im Herzen.
Man muß aber nicht glauben, daß es in Ansehung der Verwundungen bey allen Theilen diese Bewandniß habe. Es ist geschehen, daß die vornehmsten Lebenstheile verwundet, weggeschnitten, oder verrissen wurden, ohne daß der Kranke sogleich daran gestorben ist. Man sollte zum Exempel glauben, daß die Wunden im Herzen jederzeit tödlich und zwar plötzlich tödlich seyn müsten; aber sehr viele Beyspiele beweisen, daß die Entzündung und die Eiterung in diesem Theil des Leibes eben so lang als in den übrigen dauern kann, und daß man dabey nicht in allen Fällen gänzlich verzweifeln darf. Nach dem Bericht desHenrichs von Heers lebte ein Mensch, dessen Herz in der rechten Herzkammer verwundet war, noch zwey Tage lang. Ein anderer, der in eben dieser Herzkammer zweymal verwundet war, lebte, wie Riva meldet, vier Tage lang. Bartholinus erzählet, daß ein Mensch, der an eben diesem Ort verwundet wurde, erst an dem fünften Tag sturbe. Germannus erzählet, daß ein Bauer, der verwundet wurde, noch sechs Tage lang am Leben bliebe, ob gleich [233] die Wunde bis in die rechte Herzkammer eingedrungen war: aber das ist noch mehrers zu bewundern daß ein Mensch, von welchem Caranius redet, dem die Spitze des Herzens durch einen Flintenschuß weggerissen war, noch bis an den siebenden Tag lebte. Mummius Ludens hatte einen Menschen gesehen, der in das Herz verwundet wurde, nach einigen erschrecklichen Zufällen die er bekam, schien er wieder vollkommen hergestellet zu seyn; er hatte schon bereits wieder mühsame Arbeiten unternommen, ungeachtet der Ohnmachten denen er von Zeit zu Zeit unterworfen war; endlich sturb er aber plötzlich; die Ursache seines Todes war ein Eitergeschwür an der Oberfläche des Herzens. Können dann also die Verrichtungen des Herzens, da solche Kranke, die an diesem ersten Bewegungstrieb des Blutes verwundet sind, so lang leben können, ungeachtet der grossen und bey solchen Verwundungen unvermeidlichen Entzündüngen dennoch bestehen?