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Von der Art und Weise, wie man sich in Ostindien für den giftigen Thieren und vergifteten Waffen verwahret.
Das merkwürdigste und besonderste Mittel zu verhindern, daß die durch den Biß eines giftigen Thieres oder durch vergiftete Waffen verursachte giftige Wunden, nicht tödlich werden, bestehet nach der Meynung des Herrn Münicks darinnen, daß man den Gift mit dem Mund aussauget. Plinius versichert, daß dieses Mittel [209] schon zu seiner Zeit bekannt gewesen, und er führet gewisse Leute an, welche er Psyllos nennet, die es wagten, diese Arten der Wunden auszusaugen, und die wie man glaubte, eine besondere Kraft an sich hatten, dem Gift zu widerstehen. Herr Münick versichert, daß dieser Gebrauch in Ostindien sehr bekannt wäre, und daß es daselbst ganze Familien gäbe, die sich von diesem Gewerb erhielten, weil es alda sehr viele giftige Thiere giebet. 1 Die einzige Vorsicht, welche diese Leute gebrauchen, ist, daß sie sich den Mund unterschiedlichemal mit Limonien-Saft auswaschen, welcher ein vortrefliches [210] Verwahrungsmittel wider die Schädlichkeit des Giftes ist.
Munnicks Chyr. ad Prax. hodier accommodata.
Fußnoten
1 Es hat in Europa in Ansehung der Wuth eben diese Bewandniß: man findet daselbst ganze Familien, die mit dem sogenannten Aufschub geben ein Gewerb treiben, welches die Wuth ordentlicher Weise so lang aufhält, bis man nach S. Hubert in den Ardenner Wald gelangt ist; diese Familien halten sich für Anverwandte dieses Heiligen, lassen es aber wohl bleiben, die Wunden, wie die Morgenländer, auszusaugen; Sie sollen, wie man sagt, so viele Gewalt über die rasenden Menschen und Thiere haben, daß eine Baase des H. Huberts einstmals einen rasenden Stier, den sie nur mit der Spitze ihres Fingers berührte, umbrachte; man sagt auch, daß keiner dieser Leute an der Wuth stirbet, ob gleich vor nicht gar langer Zeit einer dieser Aufschub-Geber ohne Gnade daran den Geist aufgegeben hat.