Der ist nit arm / der wenig hat / sonder der vil begert.

Wer vil begert / dem geht vil ab. Der ist reich / vnn hat gnůg / der sich benügē laßt / vnd nit mehr begert. Der nun gnůg hat / der ist je reich / auch mitten in der armůt. Sihe auff das gemüt / vnd nit auff das gůt / so wirstu finden / wer arm oder reich ist. Was ists daß ich die gantz welt hab / wie Alexāder Magnus / vnd daran nit gnůg hab / sonder nach einer andern welt tracht? Wie kan nun der reich sein / der in seinem gemüt nit gnůg hat? er ist je arm. Widerumb / wie kan der arm sein / Gott geb wie wenig er habe / der gnůg hat / vnnd so satt ist in seinem gemüt / daß er nit mehr begert? Warlich der ist reicher / dann der groß Alexander / Ja Alexander ist arm / vnnd Diogenes gegen jm ist reich. Die welt sihet aber alleyn die eusserlich laruen an / Wer vil hat / der ist vor jr reich /Gott geb wie sein gemüt daran vernüget sei. Der jmmerzů nach gelt greifft vnd schnapt / wie ein hungeriger wolff / der hat ie nit gnůg / wie kan dann der reich sein / der nit gnůg hat? Der mit der armůt zufriden ist / der hat mitten in der armůt gnůg / vnd ist jm sein armůt durch Gottes segen ein grosse reichthumm. Der mit seinem gůt nit gesättigt vnd gnůg hat / noch mit jm selbs zufriden ist / der leidet mitten im gůt /wie Tantalus mitten im wasser / durst / armůt / vnnd ist jm sein reichthumb vnd gůt ein grosse armůt. Kere nun die augen ein / vnnd sihe es inwendig im geyst an / so wirstu mehr reicher bettler [273] sehen / dann armer leut / vnnd mehr reicher finden / so nit vil haben /dann die hauß vnnd hof / kisten / kasten / vnnd keller voll haben.

Was hilfft es aber / daß es alles voll ist / vnd das geitzig gemüt lehr / wann das hertz inn seinem sinn nichts hat / vnnd sich arm vnnd dürfftig achtet? Den geschicht eben wie einem Mülesel / der den gantzen tag korn zu der Mül tregt / vnnd jmmerzů wider von sich gibt / nicht neußt oder braucht / das mann jhm gebotten vnnd auffgeladen / der můß zuletzst bei habenden dingen ein armer bettler / die sprewer fressen /vnnd am hungertůch nähen. Also die reichen / die alles was jn darbotten / hinder sich legen / so wirt nur jhr kast vnnd kisten reich vnnd gefüllet / nicht sie /oder jhr hungerig bettel gemüt / Dann was wir hindersich zurūck legen / verlieren / vnnd nicht brauchen /ist eben so wol nit vnser / als das wir noch nit haben /vnnd darnach wir schnappen vnnd greiffen / Sonder das ist alleyn vnser / das wir in Gott zur not brauchen / das ist genůg / und niemand kan mehr haben noch reicher sein / dient jhm auch nit / dann das er zur not braucht. Wann schon das gantz Meer mein wer / vnn mich herr hieß / vnn eitel Reynfal were / so ist doch nicht mehr mein / kan mir auch nit mehr dienen vnn nütz sein / dann das in mich gehört / so vil ich zur not trincken mag / Wil ichs geitzig alleyn brauchen / vnn als wolt ichs alleyn außsauffen / mehr in mich schütten / dann not / so dient es mir nimmer / vnd ist ietz nicht mehr mein / sonder wider mich / vnn mein gifft /Es wirfft mich der wein auff die erde / oder stoßt mir den hals ab / vnd gibt mir den lohn / daß ich jn mißbraucht hab.

Es gehet hie wunderbarlich zů / daß mann nicht wissen kan / wer arm oder reich / sonder Gott helt hie auch / wie allenthalb / das widerspil mit der welt /daß die vor der welt reich / vor jm vnnd den seinen im gemůt / geyst vnd warheyt / rechte bettler seind /Vnnd die die welt für bettler hat / als die lieben Aposteln / vnd Christus selbs / die seind vor jm die alles haben vnd besitzen / deren alles ist / verborgen in Gott / Psalm. viij. j. Corinth. j. Da ist kein mangel /sonder diß ist alles warhafftig vor Gott / es erscheint alleyn nicht vor der welt. Es ist aber alles sein vnnd der seinen / vnnd die welt hats doch vnder den händen / vnnd spricht / es sei jhr / das laßt Gott geschehen vnnd laßt den narren den wohn / schein vnnd sprewer der reichthumb / aber den kern / nutz / vnnd frucht derselben / darumb mann den reichthumb so ängstigklich sůcht / nemlich gůt leben / freud / frid / sicherheyt / vernügung / herrschafft des gemüts / vnnd ein reich frölich hertz / das findet mann alleyn bei den Gottreichen / die etwa eusserlich den namen / schein / vnnd hülse der reichthumb nit haben.

Vnd geht hie verborgen zů / daß die nichts haben vor der welt / etwa die rechten reichē vor [274] Gott sind /die alles haben / vnd deren alles ist / wie an Christo vnn den Aposteln / ij. Cor. vj. scheinet. Dargegen die alles haben gesehen werden / etwa die rechten armen bettler vnd Tantali vor Gott seind / die nicht haben das jn diene oder zu gůtem komme / das sie herr heyß / befride / frölich vnd reich in jrem gemüt vnd gewissen mache / auch im fleisch keinn frid haben / vnd deren in summa nicht ist. Dann es ist beschlossen /weil sie Gott nit haben / der aller creatur seel / krafft vnnd wesen ist / daß sie ausser Gott nicht sollen haben / dann ein lehr stro / einn wohn / einn seellosen schein / weil sie das wesen aller ding nicht haben. Also ist ein ieder der in Gott nit reich ist / Luc. xij. vnnd die reichthumm liebt / nemlich / daß er die frucht nit daruon empfahet / vnd der reichthumm nutzung nit einnimpt / spricht Salomon. Dann wie kan der etwas haben / der Gott / das wesen aller ding / nit hat? Wie kan dem etwas dienen / zu nutz vnnd gůtem kommen / der Gott nit dienet oder kennet? Solt die creatur eim menschen dienē / der Got zuwider ist so müste die creatur / so gehorsam sein wort thůt / vnnd seinen willen außricht / Psal. cxlviij Sap. xvj. hie Gott vngehorsam / mit seinem feind stehen / vnnd nit auff Gottes seiten / sonder bei dem Gottlosen / vnd jm wider Gott / dienen / vnnd nützen / wie rheimpt sich das? Es ist vil mehr also war / Mit dem Got ist / mit dem sind all creaturn / vnd heyssen den in Gott jren herrn / dienen jm / vnd bucken sich vor jm / dann er braucht sie in Gott zu Gottes preiß vnd ehr. Wider den aber Gott ist / wider den seind in jm all creaturn /daß da keins seinen dienst beweist / sonder das gelt sol jhn nur ärmer machen / der wein mehr durst / vnd dem letzen vnd verkerten alles letz vnnd verkert sein. Er kan sich so seltzam nicht stellen / Gott vnd alle creatur wirt sich gegen jm wol so letz stellen / vnnd sich den Gottlosen nit bochen oder herrschen lassen. Es heyßt / Den reynen sol all ding reyn sein / vnd denen die Gott lieben / alle ding dienen / vnnd zu gůtem kommen / Rom. viij. Wie den natürlichen narren gelt nit nützt / also allen Gottlosen / deren figur die natürlichen gecken sind / die Salomon allenthalb /darumb daß sie auff das sichtbar bawen / vnd sich an die creatur für Gott wöllen hencken / narren nennet /das wil nun die fromm creatur nit leiden / Gott dise ehr nit zucken / derhalb helt sies für narren / herrscht /plaget vnd martert sie / vnd speiet sie auß / wil die narrn nit haben / vnnd sie in Gott / auß dem sie geflossen / treiben / darumb thůt jhn kein creatur keinn zug.

Wann nun ein Gottloser sich sehen wil / so stell er einn natürlichen narren für die augen / conterfey ihn eben ab / oder den Esopischen hund mit dem stuck fleysch vnd schatten / Den Tantalum bei den Poeten in der hell / so sihet er sein selbs lebendige bildtniß. Dann wie der narr nit weyß was er hat / was er thůt /vnn ein [275] arm man were / wer ein zoll am Rhein sein /so ist kein bettler der sein armůt vmb sein reichthumb gebe. Also thůnd gerad dise gottlose narren vor Got. Köndte es nur die welt auch sehen / so würde der gottlosen arme reichthūb iedermā anspeiē / das creutz darfür machē / vnn sich der narrn erbarmē / die da meynē / sie habē milch im napff / so scheint jn nur d'Mon drein.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Egenolff, Christian. Werk. Sprichwörter - Schöne - Weise Klugredenn. Teutscher Sprichwörter Gemeyne außlegung. Der ist nit arm / der wenig hat - sonder der vil begert. Der ist nit arm / der wenig hat - sonder der vil begert. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-8A11-A