Einem weib sage nichts heymlichs / dann sie können nicht schweigen.

Der alt weise Cato hat drei ding berewet. Erstlich /wo er iemals einem weib seine heymlicheyt hette vertrawet. Zum andern / wann er über wasser geschifft hette / dahin er wol zufüß auff trucknem lande hett kommen mögen / das ist / daß er sich het in fahr begebē. Zum dritten rewet jhn auch / daß er vil tag het lassen hingehn / darinn er nichts gůts gewircket hette.

Der Ritter vom Thurn hat fünff töchter gehabt / die hat er durch vernünfftige exempel / geschicht / vnd beispil erbarlich gelert / vnn aufferzogen / vnd da er dahin kompt / daß er sie sol lernen / wie sie sollen verschwigen sein / auff das sie jre männer / wann sie die überkommen würden / nit in vnglück vnd not bringen / leret er sie also:

Es ist gewesen zu Rhom ein alter weiser man /Cato genant / Diser hat seinen son / den jungen Catonem / an seinem todtbeth zu sich gefordert / vnd gesagt: Lieber son / ich lige hie vnd werd sterben / darumm wil ich dir / als dem der mein gůt vnnd ehr erben sol / drei leer geben / Wo du die halten wirst /so wirt es dir in allen dingen glückselig ergehn. Für das erst / soltu dich in keines herren dienst begeben /der dein zu leib vnd gůt mechtig ist. Zum andern /wann du ein weib überkompst / dem solt du nichts heymlichs vertrawen, du habest dann zuuor erfaren, daß sie schweigen künde. Dann ob es wol seltzam ist / schweigen vnder den weibern / so findet mann doch auch weiber die schweigen künnen. Zum dritten /soltu keinen dieb vom galgen / oder einen andern übelthäter vom tod bitten.

Der alt Cato stirbt / den jungen Catonem fordert mann an des Keysers hof / vnd befilcht seiner zucht vnd lehr des Keysers sun / Er hielt sich aber so wol /daß mann jn höher setzt / vnd braucht jn in die Räth /Mann thet jm ein ampt ein vnd macht jn zuletzst zum Stathalter des Keysers. Es begab sich aber / daß er in abwesen des Keysers seiner gewalt brauchen solt /vnd richtet zů / mit einem pracht durch die Statt zuziehen / auff das er sich sehen liesse.

Vnd im reiten kompt er in ein enge gassen / dafürer mann jhm einn dieb entgegen / den mann solt hencken / Cato kundte nit entweichen / der dieb rüfft zu im vmb gnad / vnd erinnert jn reben andern / die jhm halffen bitten / seines gewalts / er wolte dieselbigen bedencken / vnnd jn loß machen. Dem Catonithet die ehr vnn der pracht wol / laßt sich bereden / vnnd macht den dieb loß.

[114] Auff ein zeit fellt jm ein / Sihe / ich hab meines vaters letsten befelch nun zwey mal über faren. Ich hab mir den Höf gelieben lassen / vnd mich in des Keysers dienst begeben. Zu dem / so hab ich einen dieb vom galgen erlößt / Ich wil die drit lehr versůchen /vnd nit / wie dise zwo / verachten. Vnd kompt auff ein zeit eilends heym geritten / mit jämerlichen geberden vnd klagen / daß mann spüren solt / es were jm etwas grosses angelegen / hielt sich kläglich. Die fraw wirt hiedurch zu weynen bewegt / vnd laßt gleich wol nit nach mit fleiß zu forschen / was die sach seie /darumb er sich so übel geheb / Vnnd da er nichts sagen wolte / braucht sie solche wort / Sie sehe wol er hab sie nit lieb / dann er hab sie ja dermassen erkasit /daß sie lieber wolte sein leiden tragen / dann daß er sich damit solte bekümmern / vnd schweret darzů zu Gott vnnd allen heiligen / daß es auß jrem mund nit kommen soll. Vber diß so hab sie jr lebenlang nie nichts nachgesagt / daran jhm etwas sei gelegen gewesen / mit andern worten mehr. Da sagt Cato / das weib zu versůchen / Er hab vff einem Schloß / das die fraw wol wuste / mit des Keysers sünen gespilt / vnd auffstützig worden / hab also des Keysers ältern son erstochenn. Die fraw erschrickt der red übel / setzet sich in einn winckel vnd tregt leyd / vnd weynet sehr vnnd schicket nach jrer gespilen / eine auß dein Frawenzimmer der Keyserin. Vnn als dise sihet des Catonis weib also weynen, spricht sie: Ach sage mir liebe gespile / was dir angelegen sei / dann ich sihe / es geht dir etwas zuhertzen.

Des Catonis weib verspricht es jhr zusagen / so ferr daß sie jr gelobe solches zuverschweigen. Vnd da es die gespil erfert / kan sie kaum schweigen biß sie zur Keyserin kompt.

Also bald ward Cato gegriffen / vnd mit jm zum galgen zů geeilt. Es hat sich aber niemand vnderstehen wöllen den Catonem zuhencken. Vnnd als mann also wartet / springt der herfür / den Cato vom galgen erlöset het / wolt den Catonem hencken. Aber mitler zeit wuste Cato / daß des Keysers sön kommen würden in die statt / wie dann auch geschahe. Vnd da mann sahe des Keysers son leben / ward Cato ledig. Hie war auß / Herren gunst / vnd der dieb vergißt der wolthat Catonis. Dise geschicht vnd gleichniß prediget seinen töchtern der Ritter vom Thurn / daß sie sich daran stossen solten / vnd verschwigen sein / auff daß sie nit jre männer in not vnd arbeyt bringen / wie diß weib dem Catoni schier gethon hette. Samson vertrawet seiner gesponsen / wo er sein stärck hette / vnd ward von seinen feinden seiner augen vnd stärcke beraubt.

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TextGrid Repository (2012). Egenolff, Christian. Werk. Sprichwörter - Schöne - Weise Klugredenn. Teutscher Sprichwörter Gemeyne außlegung. Einem weib sage nichts heymlichs - dann sie können nicht schweigen. Einem weib sage nichts heymlichs - dann sie können nicht schweigen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-9290-B