Nachtlied

Vergangen ist der lichte Tag,
Von ferne kommt der Glocken Schlag;
So reist die Zeit die ganze Nacht,
Nimmt manchen mit, der's nicht gedacht.
Wo ist nun hin die bunte Lust,
Des Freundes Trost und treue Brust,
Des Weibes süßer Augenschein?
Will keiner mit mir munter sein?
Da's nun so stille auf der Welt,
Ziehn Wolken einsam übers Feld,
Und Feld und Baum besprechen sich –
O Menschenkind! was schauert dich?
Wie weit die falsche Welt auch sei,
Bleibt mir doch Einer nur getreu,
Der mit mir weint, der mit mir wacht,
Wenn ich nur recht an ihn gedacht.
Frisch auf denn, liebe Nachtigall,
Du Wasserfall mit hellem Schall!
[286]
Gott loben wollen wir vereint,
Bis daß der lichte Morgen scheint!

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TextGrid Repository (2012). Eichendorff, Joseph von. Gedichte. Gedichte (Ausgabe 1841). 6. Geistliche Gedichte. Nachtlied. Nachtlied. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-9BB7-9