Wiederfinden

Ich kam zur guten alten Stadt,
Den Tag hab ich behalten,
Ins Haus, wo sie gewohnet hat,
Der meine Lieder galten.
Die ich geliebt, die mich geliebt,
Und der ichs nie gestanden,
Und die mirs nie, wie sichs begibt,
Weil wir nicht Worte fanden.
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Bist du nun ferne, bist du nah,
Hat dich ein Andrer gefunden,
Ich weiß nicht, Theure, bist du da,
Bist du für mich verschwunden?
Und wenn ich dich nicht wiederseh,
Will ich doch von dir träumen,
Und hab ich dich nicht in der Näh,
Will ich am Ort doch säumen.
Und wie ich nun die Stiege mit
Gelassenheit erklimme,
Da hör ich ihren leichten Schritt
Und ihre helle Stimme.
Als wie der Mond aus Wolken bricht,
So scheu und still erschrocken,
Erglänzt ihr liebes Angesicht
Aus ihren dunklen Locken.
Es leuchtete so freudenklar
Aus ihren schönen Mienen,
Und schöner als sie jemals war,
Ist sie mir heut erschienen.
Kein Sterbenswort. Sie sah mich an;
Den Busen hört ich pochen –
Ein rascher Händedruck sodann,
Daraus ihr Herz gesprochen!

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TextGrid Repository (2012). Eichrodt, Ludwig. Gedichte. Leben und Liebe. Traum und Bild. Wiederfinden. Wiederfinden. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-9D83-D