Epigonenthum

Was schleppet ihr in müßgen Frohnen
Ein Pfündchen zu dem Haufen Gold?
Ihr seid und bleibet Epigonen,
Ihr mögt euch stellen, wie ihr wollt!
So hör ich unsre Weisen sagen,
Und fühle fast, sie haben Recht,
Doch nicht sogleich will ich verzagen,
Denn auch ein Pfündchen Gold ist ächt.
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Doch sei es Gold! Heraufgegraben
Tief aus den Schachten des Gemüths
Doch goldne Tugend soll er haben
Der Klang und Schimmer eures Lieds!
O suchet mehr, als nur zu glänzen,
Und denket an ein altes Wort,
Wollt ihr bereichern und ergänzen
Der Dichtung Nibelungenhort!
Ihr sollt nicht künsteln, nie erheucheln
Zum Selbstgenuß ein Herzensfest,
Ihr sollt nicht falschen Göttern schmeicheln,
Wenn euch die innre Macht verläßt.
Gebt Leidenschaft! euch selbst! so findet
Ihr ohne Künste Form und Ton,
Glaubt an die Welt, die ihr verkündet!
Der Lügner nur ist Epigon.

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Eichrodt, Ludwig. Epigonenthum. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-9E05-1