[86] Nach schwerem Traum

Ich bin Soldat und steh im Feld
Und weiß von niemand in der Welt.
Drum kann ich diesen Regentag nicht feiern,
So kummerzärtlich, feucht und bleiern,
Da mir dein Bild zur Nacht den Schlaf zerschlug
Und mich in deine Nähe trug.
Ich bin Soldat und steh im Feld,
Gewehr im Arm, und fern der Welt.
Wär ich zu Haus, ich schlösse Tür und Scheiben
Und wollte lange einsam bleiben;
Im Sofawinkel sitzend mich versenken,
Geschlossnen Auges deiner denken.
Ich bin Soldat im trüben Feld.
Hier endet alte Menschenwelt.
Der Regen singt, die nassen Strähnen fließen.
Ich kann nichts tun – nur Blei verschießen.
Weiß nicht warum, tu's doch als ob ich's muß:
Ins graue Wetter kracht ein Schuß!

Notes
Entstanden 1917. Erstdruck in: Deutsche Dichtung im Weltkrieg 1914-1918, hg. von Dr. Ernst Volkmann, Leipzig 1934.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Engelke, Gerrit. Nach schwerem Traum. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-A18C-F