[394] Die Kunst

Wiwol es vil ist, das die kunst
Ir selber schaffet lib vnd gunst
Vnd anderen ergezlichait,
Noch ist vil meh die nuzbarkait;
Dan gmäl mag auch die thir ergezen
Vnd sint drum nicht für meh zuschätzen:
Aesopi wolf fräut auch ain bild,
Plib doch ain Wild vnd wurd nie milt:
Ain kind sicht auch gern gmalte schilt,
Wiwol es nicht sein deitnus fült:
So sagt man, das gmainlich die götzen
Die götzen pflegen zuergetzen;
Aber ain Weiser höher sucht,
Acht nicht der schal, sonder der frucht,
Diweil er wais, das ehrlich künst
Sint gschaffen zu des menschen dinst.
Was solln aber für dinst dis haisen,
Die nicht das gmüt auch vnterweisen?
Was solt ain weiser sich dran gnügen,
Das Parrhasius kan betrigen
Mit seinem schöngemalten trauben
Die ainfaltig gelustrig Dauben?
Het er das kind, welchs den traub führt,
Recht gmalt, kain Daub hets nit berürt,
Vnd wer er nicht vil thauber gwesen,
Als alle dauben, die wir essen,
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Het er zerstosen nicht die hand,
Da er wolt zihen von der wand
Den vmhang, auf das er beseh,
Was dahinden gemalet steh
Was ists, das der fremd maler Dosse
Malt etlich bör so schön zum bossen,
Das sie die Pfauen so zerbissen,
Bis gar der Kalk ist abgerissen?
Oder das ain baum ainer malt
In ain Kirch, so artlich gestalt,
Das vil Vögel, gar grob betrogen,
Drauf zusitzen, sind zugeflogen?
Vnd das ainer so wol malt zigel
Auf thuch vnd gzelten, das manch gflügel
Zuflog vnd sich darauf wolt setzen,
Seinen schnabel daran zuwetzen?
Desgleichen, das ab gmalter schlang
Vil Vögel vergasen jr gsang,
Vnd ain trostel also erschrak,
Das jr die Pfeif ful gar in sack?
Solch ding sint, wie man spricht, nur kizlig;
Aber zur besserung nicht vil nüzlich,
Vnd welchen solch schlecht ding erfreuen,
Möcht lachen auch der Vogelscheuen
Auch auf der Vogelherd der flücken,
Vnd wan Vögel in dfenster picken;
Auch das der Esel scheucht sein schetten,
Vnd Mäidlin gern vorm spigel betten,
Vnd das Narcisso sein gestalt
So mächtig wol im pronnen gfallt.
Aber ain Weiser mitlaid hat
Mit anderer ainfalt vnd schad,
Lehrt draus erkennen seine gab,
Wie er Got meh zudanken hab,
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Vnd was die kunst wol laisten künnt,
Wan man auf nuzlich sach sie gründ,
Vnd wiwol er nach Menschenprauch
Bei liblichait solcher kunst auch
Sucht sein fräud vnd ergezlichait,
Jdoch sie in nicht gar verlait,
Das er nicht vil meh forscht vnd tracht,
Wie er sie im zu nuz auch macht.
Dan wer ist so ain Vnmensch schlecht,
Der nicht mit lust auch sehen möcht
Apellis pferd, gemalt so rustig,
Das ain lebhafts im zuschri lustig?
Oder des Herzogs Türckischen hund
Zu Mantua, der so schön stund
Gemalt vom maler Monsignor,
Das der hund, so im gramm war vor,
So oft er fürlif, in fuhl an
Vnd zerstis oft den Kopf daran?
Auch das alt Weib, so vngestalt,
Das selbs der Zeusis, der es malt,
Sich hat zu tod gelacht darüber,
Da andre doch ausspien drüber?
Jdoch wie gern der Weis dis seh,
Noch seh er liber nuzlichs meh,
Das das gemäl bericht die sel,
Wie sie nicht fäl, vnd guts erwehl,
Das es sein kraft vnd artlichait
Nicht allain wend zur zartlichait,
Sonder zu vnterricht dem gmüt,
Das es inn lastern nicht verwüt,
Vnd nicht allain der augen plick,
Sonder das herz erquick vnd schick,
Welches dan es sehr leichtlich kan,
Wan es sein künstlichait legt an
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An die hailig Historisch gschicht,
Nuzlich exempel vnd gedicht,
Poetisch fünd, gmalt Poesi,
Lehrbild vnd gmalt Philosophi,
Welches zwar solche sachen sint,
Das je meh man nachsinnt vnd gründ,
Je meh sie schärfen den verstand
Vnd machen die sach bas bekant.
Drum warn die Maler je und je
Poeten vnd Philosophi,
Vnd Pamphylus wolt kain lehren nie,
Er könnt dan die Geometri,
Auch Rechnen vnd les die Poeten,
So die erfindung mehren theten;
Drum hat er auch solch schuler ghabt,
Die for andern warn hoch begabt,
Apellem vnd den Pausiam,
Bei den die Kunst so hoch aufkam,
Das man jr stift zu Sicion
Sonder schulen, darein zugohn
Vnd der fürnem Melanthius
Rümt, das durch Malens fördernus
An Weishait er hab zugenommen.
Secht, wa durchs gmäl man hin kan kommen!
Auch bzeugt solchs, das aus malens grund
Die erst Egyptisch schrift entstund,
All Weishait vnd Theologi,
Die Hieroglyphisch nanten sie.
Drum, wa die Kunst erhalten würd,
Daselbs all freuntlichait man spürt,
Sint alle künst inn jrer plüh;
Wa aber ist abgschaffen sie,
Da ist gewis all Barbarei,
Wie solchs bescheint in der Türckei.

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TextGrid Repository (2012). Fischart, Johann. Gedichte. Kleinere Dichtungen. Die Kunst. Die Kunst. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-A722-9