2. Der 32. Psalm
Eine Unterweisung Davids

Wie selig, selig ist ein Sterblicher zu schätzen,
dem Gott den Sündenrest fern aus den Augen setzen,
[4]
ja gänzlich schenken kan, dem seiner Gnaden Tuch
den Wust der Fehler deckt, der Segen kriegt für Fluch!
Ich sage noch einmal, daß selig der zu preisen,
dem Gott an Zorrens statt sich milde kan erweisen,
erläßt ihm Straf' und Schuld, der nur bekennet frei,
von allem Heucheln weit, daß er ein Sünder sei.
Denn als ich meine Not auch dachte zu verschweigen,
da wolte mir für Angst der Beine Mark verseigen.
Durch die Gewissensqual entgieng mir meine Kraft,
von deiner schweren Hand verlor ich allen Saft.
Wie wenn zu Sommerszeit die durstigen Gefilder
der grimme Hundsstern brennt, der Auen schöne Bilder,
die Blumen werden welk und hängen unter sich,
Herr, also stund es auch umb meinen Schmuck und mich.
Ich wil nur meine Schuld geradezu bekennen
und deinen Geisel mich ganz unverholen nennen.
Ich spreche: Sihe Herr, das ist der Sünden Knecht!
alsbald vergiebst du mir und machest mich gerecht,
streichst jene Handschrift durch. Umb dieses muß ein ieder,
ja auch die Heiligen vor dir sich bücken nieder
und einen Fußfall tun; drumb sind sie außer Not,
wenn eine große Flut sie gar wil haben tot
und taucht sie unter sich. Herr, du bist mein Erretter,
behüte mich für Angst, vertilge meine Spötter!
Ich pfände dir mich ein zu sagen werthen Dank,
zu rühmen deine Kraft durch einen Lobgesang.
Herr, sprich zu mir: Kom her, ich wil dich unterweisen!
hier ist der wahre Steg, hier kanstu zu mir reisen,
und meinen Himmel an. Kom, richte dich nach mir!
mein klares Augenliecht sol stets dir gehen für
und eine Fackel sein. – Seid nicht so unverständig,
wie Gäul' und Mäuler sein, die eh' nicht werden bändig,
als wenn ihr wildes Maul ein scharfer Zügel zwingt,
daß ihnen Blut und Schaum durch beide Lefzen dringt;
da werden sie erst zahm. Der Böse hat viel Plagen;
wer auf den Herren hofft, der kan von Gutem sagen.
Seid, ihr Gerechten, froh, und ihr, ihr Frommen, rühmt!
Diß ist der rechte Preis, der unserm Herren ziemt.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Fleming, Paul. Gedichte. Deutsche Gedichte. Poetische Wälder. 1. Von geistlichen Sachen. 2. Der 32. Psalm. 2. Der 32. Psalm. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-A956-3