6. Auf des ehrnvesten und wolgelahrten Herrn Reineri Brockmans, der griechischen Sprache Professorn am Gymnasio zu Reval, und der erbarn viel ehren- und tugendreichen Jungfrauen Dorotheen Temme Hochzeit
1635 April.
Mit Kurzem, es war zu Mitten des Aprils, als ich einst nach gehaltenem Mittagsmahl, umb mich ein wenig zu ergehen, aus Reval, da wir die Zeit stille lagen, in den anmutigen Koppel spazierte, von dessen Gegend ein lustiges Absehen in einen Meerbusen der Ostsee und umbliegendes Gepüsch war, zwar von niemande als einem der Knaben vergleitet, aber, wie jener sagte, niemaln weniger alleine, als da ich so alleine war. Und bedünkte mich der Ort bequem zu sein, allda ich meine Gedanken auslassen und ihnen desto mehr und freier nachhängen könte. Wie lange, sagte ich zu mir selbsten, wirds noch zur Zeit sein, daß ich in mein süßes Vaterland und zu den lieben Meinigen, welche ich voller Kriegsunruhe und Betrübnüß vor zweien Jahren verlassen muste, wieder gelangen werde? Zwar wie die Sage gehet, so hat der versöhnte Gott mein Meißen mit Friedensaugen gnädiglich wieder angesehen, aber die Meinen müssen noch unglückselig sein, indem daß sie solch sein groß Glücke leiblich nicht anschauen mögen. Die Beschaffenheit unserer Reise wird mir solches so balde nicht verstatten. Was aber hätte wol für ein geneigter Verhängnüß aus damaliger Gefahr mich entreißen können als eben die wunderliche Versehung zu dieser löblichen und der ganzen Christenheit ersprießlichen Reise? Unsere Gesandten, die tapfern und vornehmen Leute, was haben sie an geneigtem Willen und allem Vorschube ermangeln lassen? Wahrlich, nicht alleine bishero nichts, sondern haben auch aufs Künftige günstigen Verspruch getan. Und du, Undankbarer, bist am wenigsten bekümmert, auf was Maßen [73] du die hohen Guttaten bedanken wollest. Zwar daß du angefangen hast von ihrem Lobe und Verrichtungen aufzusetzen, ist ihr billicher Verdienst und deine rechte Schuldigkeit, aber was berufest du dich auf solche Sachen, die zukünftig sein, und von denen du weder sie noch dich versichern kanst? Ihr stündliches und stets gegenwärtiges Woltun erheischet eine gleichmäßige Dankbarkeit. Hierüber fiel mir ein, daß, wie neulich der Geburtstag des Herrn Brüghemans, also der bald kommende des Herrn Licentiaten Crusii mir Anlaß und Fug geben würde, mein Gemüte in etwas auszulassen. Hub derowegen für wündschen an:
Mir war noch nicht ausgefallen das Gedichte, so gemeltem Gesandten, Herrn Brüghemanne, in Moskau auf seinen Geburtstag gemacht wurde, und weil ich mit solchen Gedanken umbgienge, sagte ichs vom Anfange bis zu Ende her:
[75] Und darmit ich mich ein wenig ermunterte, sang ich die eben selbigem Herren auf dessen neulichen Geburtstag übersendete Ode, welche mir noch in frischer Gedächtnüß hienge:
Die anmutige Einstimmung der umbher schweifenden Lerchen nahme mir mein lüsternes Gemüte so sehr ein, daß ich mehr auf ihr Tiriliren als meine Wort Achtung hatte. Mit diesem so scheust eine hinder mir auf, daß sie im Fluge meinen Hut berührete. Diese Lust erinnerte mich meiner alten Gedanken, welche mir doch, halte ich dafür, wäre es außer dem gewesen, nicht in den Sinn kommen wären. Ist diese, sagte ich wider mich selber, auch eine von den Buhlerinnen, welche sich bisweilen ihren Verliebten so nahe darstellen und doch endlichen auf vermeinte gewisse Umbfassung sich ihnen wieder entreißen? Rechte Brüder sind diese des Tantalus, welcher, ob er wol die schönsten Äpfel vor seinem Munde hat, auch selbst mitten im Flusse stehet, doch die vor ihm fliehende Kost nicht erlangen mag, und also
Stets ist am Durste voll und an dem Hunger satt.
Wahrlich dieser und kein andrer Vogel übereilet derer Leute Wankelmut mit seiner Geschwindigkeit im Fliegen, und mag wol nichts Unliebers sein, als in solcher Liebe zu leben. Mitlerweile kam ich zu einem breiten Steine, der mit seiner Bequemigkeit vorüber Spazierende sich niederzusetzen einlude. Auf dem nahm ich ein wenig Ruhe, und darmit ich nicht gar Nichts täte, so sange ich, als gut ich konte, folgende Ode:
Ich hatte die letzten Worte noch nicht recht ausgesungen, so hinterschleicht und umbfällt mich Polus: Ja, mein, ja, sprach er, wie vielmal hab' ichs erraten, was deine Krankheit sei! itzt hast du, wider dein so vielmaliges Verleugnen, ohne Peiniger mir Alles selbst bekant. Das Erschrecken über seiner gählingen Ankunft hatte mich blässer gemacht, und diß gab ihm Anlaß mich mehr zu verlachen. Eben diese, fuhr er[78] fort, ist die rechte Farbe, darbei man die fleißigen Liebhaber erkennet. Endlich fang' ich an: Es ist mir besonders lieb, mein Polus, daß ich dich itzt bei mir befinde, der ich sonst die Zeit mit eiteln und vergeblichen Gedanken verschlissen hätte. Daß du dir aber etwas solches von mir einbildest, weiß ich nicht, ob diß arme Lied, welches du vielleicht auch nicht recht gehöret hast, dir ein genugsamer Zeuge sein könne. Ich bin gewiß, daß dergleichen etwas von mir Niemand wird haben übertragen und nachreden können; zudem, so wird mich die Beschaffenheit meines ietzigen Zustandes dessentwegen bei dir und andern leichtlich entschuldigen. Zwei widerwärtige Dinge sind, sagt Venator recht in Herr Opitzens seiner Hercinie, Reisen und Lieben: und nur in diesem einander gleich und verwandt, daß sie beide in ihrem Unbestand beständig sind. Überdiß kennestu die Poeten, unter welche man mich, weiß nicht aus was für Verdienste, mit Gewalt rechnet, die zuweilen ihrer Mutter, der Natur, nicht allein nichts nachgeben, sondern auch sie an Fruchtbarkeit übertreffen wollen, indem sie Sachen erdenken, welche niemals gewesen sind, noch sein werden.
Wie schwerlich er dessen zu bereden war, sagte er doch endlich: Ich muß dirs zu gefallen gläuben. Und du tust wol, fuhr er fort, mein Fleming, daß du dich wider Anderer Meinung derer Sachen entschlägest, welcher Wurzeln zwar süße, die Früchte aber bittrer als Erdrauch und Galle sein. Die widerwärtigen Vorstellungen ungleicher Personen machen dich klüger, derer Gemüter durch Kraft dieser Sonnen teils wie Wachs zerschmolzen, teils wie Leimen ausgesogen und vertrocknet sind. Haben dir Etliche hierinnen etwas aufgedacht, so ist es doch, wie ich von dir verstehe, nur ihr bloßes Einbilden gewesen, und hast du recht getan, daß du dich unterweilen gleich krank mit ihnen angestellet, damit sie sich auf den Schein einer Gesellschaft ihres Anliegens trösten könten. Du kennest ja Einen, der hiervon also singet:
Sonsten heists: Weit darvon ist gut für den Schuß! Der schädliche Arsenik mag wol ohne Gefahr in den Mund genommen, aber nicht ohne selbige eingeschluckt werden. So sticht auch der giftige Scorpion nur den Anrührenden. Napellus, ein Kraut, tötet die Leute, wenn es nur in der Hand oder auf dem Häupte erwarmet. Soll dir der Jebenbaum nicht schaden, so fleug seinen vergifteten Schatten! Die Liebe ist das sardinische Gewächse, welches den Leuten mit Lachen heim hilft. Im Widrigen, geschichts gleich, daß dir hierinnen etwas Menschliches widerfähret, so weist du doch, wie weit du den Zügel schießen lassen solst.
Was du bishero geredet, sagte ich, das laß ich dich bei ihnen verantworten. Mich aber solstu ganz sicher von solchen Händeln wissen und dannenhero aller Qual und Mißgunst entfreiet. Wolte Gott, sagte er weiter, wir wären alle dieser letzten frei! Ich merkte wol, worauf er dieses redete, und war mir lieb, daß wir auf etwas anders gerieten. Darumb fragte ich: Was klagst du über Misgunst, der du des Deinigen wartest und sonder Zweifel reiche Belohnung für deinen Fleiß einstreichest? Das werden wir an unserm Teile allhier wol gewahr, antwortete er, da des Neides und übel Nachredens fast kein Ende ist. Oho, sagte ich darauf, das sind Scheltworte, die gehen euch nicht an! Du weißest besser, als ich dirs sagen kan, was unser Seneca hiervon so viel redet. Kans doch Jupiter nicht allen Leuten recht machen! Auch der Müglichkeit selbsten ist es unmüglich, Allen gefallen. Muste nicht der künstlichste Mahler sein unsträfliches Werk von einem Schueknechte durchziehen lassen? Aller ehrlichen Sachen Beginnen ist lobenswert, das Vollführen stehet bei dem Unsterblichen. Was wird wol zugleich angefangen und vollendet? Die Natur auch hält ihre gewisse Zeit, welche ihren Geschöpfen die Vollkommenheit geben muß. Wie lange muß ein Kind haben, ehe es gehen, ehe es reden lernet? Ein Baum, der heuer gepflanzet wird, blühet nicht also balde, trägt nicht so geschwinde seine Früchte. Ie näher ein Strom seinem Häupte, dem Quelle ist, ie kleiner ist er auch. Leget nicht der Baumeister erst den Grund, hernach führet er seine Werk in die Höhe auf? So ist auch das große Rom auf einen Tag nicht gebauet. Euer Gymnasium, welches itzo noch in den ersten Jahren ist, wird dermaleins auch zu seiner Manheit kommen. [80] Wer sind sie, die euch und euren Fleiß verkleinern? Unverständige, mit Löwenshäuten verkapte Midasbrüder. Und was hinderts, daß ich, der ich mich billich hierüber bewege, dir und deinen andern Mitgesellen, allen meinen lieben Freunden, zur Aufmunterung, wo anders euer Fleiß Ermahnens bedarf, etwas hersinge? Fieng derowegen auf sein Gutachten an nachgesetzte Ode:
[83] Ich wolte noch mehr gesungen haben, aber die gleiche Entgegenkunft Zweier, welche der Bekleidung nach von fernen uns Befehlichshaber zu sein schienen, unternahm es. Wer sind diese? fragte Polus. Ich gab zur Antwort: Dafern ich anders mit meinem halb ganzen Auge nicht noch doppelt sehe, so däucht mich, der Eine ist unser Olearius. Wie? antwortete er, wo soll er itzt hieher kommen? Wir bestunden ein wenig, umb ihre Herzunäherung zu erwarten. In der Warheit, hub er wieder an, er ists! Und der Andre, sagte ich, ist Pöhmer. Hiermit giengen wir auf sie zu. Und da wir noch eine gute Strecke von ihnen waren, schrie uns Olearius an: Ich vermeine ja, sprach er, ihr seids, ihr lieben zwei Freunde? Wir eben auch also von euch, sagte Polus, o ihr ganz unversehene Gäste! Hierüber empfiengen wir einander mit Freuden. Und nun erfahre ich, fuhr Olearius fort, daß sich gleich und gleich gerne gesellet. Ich ward hierüber ein wenig lachend. Wer uns beide, sprach ich, gleich heißet, der muß fürwahr ungleicher Augen sein. Du aber, sagte er zu mir auf dieses, kanst deine alten Einfälle nicht lassen. Und weil sie beide mit einander redeten, führete mich Pöhmer ein wenig bei der Hand ab und sprach: Mein! wie hastu so gar unterlassen können, in so geraumer Zeit an mich zu schreiben? Beschuldige mich nicht, antwortete ich, mein Bruder! Es ist unterschiedener Malen geschehen, und eben den Tag hernach, als ihr von Moskau abgereiset waret, da ich denn deiner in einer Ode, so Einem unsrer besten Freunde ge macht wurde, auch gedachte. Du weist, fuhr er fort, daß ich ein Liebhaber deiner Poesis bin. Kan ich bittselig sein, so laß mich selbige hören! Gerne, antwortete ich, aber sie ist mir meistens aus dem Gedächtnüß entgangen. Ohnegefahr war sie so gesetzt:
Er drückte mir die Hand und sprach: Du solst bedankt sein, mein Bruder! Was aber bringet ihr uns itzo? fragte Polus, als wir wieder zusammen getreten waren. Wir hätten uns eher eines Himmelfalles versehen, als dieser eurer lieben Gegenwart. Olearius wolte gleich seine Frage beantworten, als wir vor uns in dem Püschlein ein liebliches Getöne allerhand süßen Instrumenten, doch uns fernen, erhöreten, welches uns der Orten ein Ungewöhntes bedünkte zu sein. Ich weiß nicht, hub ich zu meinen Gesellen an, ob wir einerlei Ohren haben? Nicht einerlei Ohren, gab Polus zur Antwort, aber vielleicht einerlei Gehör. Es ist nahe dahin kein Vorwerk, auch nach Art unsers liefländischen Winters noch der Zeit nicht, daß man sich auf den Landgütern mit dergleichen belüstige. Wenn euer Land, fuhr Olearius fort, nicht so nahe mit der Barbarei gränzete, so gläubte ich, daß die Musen ihren Parnaß verlassen und in diese Gegend sich verfügt hätten. Sei doch nicht so höhnisch, antwortete Polus, auf das gute Liefland, welches, wäre es ohne die fast in die hundert Jahre mit ihren Nachbarn geführte unerhörte Kriege, unserm Teutschlande an Künsten, Reichtumb und Gerüchte nicht weichen solte. Doch meine ich, daß unser Vaterland durch so langwierige Kriegsläufte etlicher Orten auch ziemblich kahl gemachet worden. Und warumb zeuchst denn du ferne in die Wüstenei, die es warlich ist? Wie ich höre, soll Reußen ein ziemblich holdselig Land sein, von Casan bis Astracan abwärts in die fünfhundert deutscher Meilen so gebauet, daß man fast kein Dörflein zu Augen bekömpt. Ferner, was hat Lustigs und Nützlichs zu beschauen
Wie fruchtbar und bewohnet Meden sei, in dessen Hauptstädte, Tauris oder Casmin, einer ihr itzt regierenden Schach Saphian Sophi antreffen sollet, machen Herodotus und Tacitus genugsam offenbar. Ich scherze nur, gab Olearius zur Antwort. Doch wisse, fuhr er fort,
[86] Was seltsam ist, das ist mehr angenehm. Zudem reisen wir mit Leuten, derer Gesellschaft uns ietzo Trost, Lust und Zeitverkürzung, dermaleins Beförderung und Freude geben kan. Wie mag der von Süßigkeit urteilen, der nie zuvor bittere und herbe Sachen gekostet hat? Aus Gegeneinanderhaltung werden widerwärtige und ungleiche Dinge mehr offenbar und kentlich. Unser Vaterland, welches mit Warheit eine der schönsten Landschaften in der ganzen Welt ist, wird uns dermaleins noch schöner fürkommen, wenn wir dasselbige gegen solche Örter setzen und darvon Unterredung anstellen werden.
Unter solchen Reden waren wir dem Getöne ein gut Teil Weges nachgegangen, welches ie mehr wir folgeten, ie weiter es uns aus den Ohren zu rücken bedünkte. Wir waren nun vor den Pusch ankommen, da wird Pöhmer einer Tafel ansichtig, welche an eine mittelmäßige Danne aufgehenkt war. Wir giengen etwas geschwinder drauf zu und besahen sie. An ihr selber schiene die Tafel von Pflaumenbäumenholze gemacht zu sein, und waren umb sie, wie sie denn achteckigt war, zwei Lorbeerreiser, einem gespitzten Kranze nicht ungleich, hergelegt. Die Schrift war güldin, allerdings so sauber, daß man abnehmen konte, sie müste mit keiner sterblichen Hand geschrieben sein. Polus nam die Tafel ab, und wir andern traten mit Verlangen umb ihn her. Eine seltsame Geschichte! hub er an. Fürwar unser Olearius hat mit Scherzen ernstlich gemutmaßet. Und diß hat uns die Musik bedeutet, die nun aus unsern Ohren verschwunden ist. Die neun Musen haben unserm Brokmanne ihre Hochzeitwündsche verehret. Und lase sie folgendergestalt nacheinander her:
Wir sahen einander an und verwunderten uns des Verlaufs solcher Sachen. So kommen wir, fieng Olearius an, so gestalter Dinge zur Hochzeit? Ich freue mich des Glückes und wündsche meinem Brokmanne und seiner Liebsten allen Segen. Aber was halten wir uns hier länger auf? Der heranrückende Abend gebeut uns von hinnen zu gehen. So ist es auch unbillich, daß wir diese Freude unsern guten Freunden in der Stadt etwas länger mißgönnen und verhalten sollen. Hieran werden wir Materie gnug haben uns den Rückweg zu verkürzen. Wir ließens uns sämptlich gefallen, grüßeten die Oreaden und Hamadryaden als einheimische Nymfen des Orts, täten auch unsere Ehrerbietung gegen den Baum, an dem wir der Musen Hochzeitwündsche gefunden hatten und wendeten uns nach der Stat zu. Ich liebe, redete Olearius weiter, den Bräutigam als meinen Bruder. Ich nichts weniger, sagte ich. Er ist der Erste von den Gelehrten, der bei unserer Ankunft nach mir gefraget [88] und mit dem ich Freundschaft gemacht. Zu dessen Zeugnüß ich ihm bei Überreichung seines Stammbuchs Nachfolgendes zu Latein drein schriebe:
Er ist ihrer, sprach Polus, und sie seiner wol wert. Ist auch kein Zweifel, daß aus Vermählung so ähnlicher Gemüter eine gewündschte Ehe ersprießen wird. Sie meinen einander von Herzen. Er für seine Person gibts sonderlich zu vernehmen in einem Liede, welches er ihr einsten an einem Freitage übergeben lassen, und nunmehr in vieler Händen ist:
Ich tue es nicht gerne, fieng ich hierauf an, daß ich Heimligkeiten offenbare, doch gereicht ihm diß zu keinem Schaden. Unlängst geriet ich über sein Buch, darein er viel Liebsgedichte geschrieben hatte. Unter hunderten gefielen mir, teils der Kürze, teils des Verstandes halben, nachgesetzte Überschriften:
[89] Auf der Liebsten Demant
Auf ihr Armband
Er redet der Liebsten Halsperlen an
Bei Übersendung eines Confects
Als sie im Schnee sich erlustirete
Von deroselben Demant
Daß er unbillich getan, indem er ihm vorgesetzt, sie in zweien Tagen nicht zu besuchen
Weiln du mich erinnerst, redete Polus weiter, so muß ich euch erzählen, was sich mit mir begeben hat. Unlängst stunde er neben mir in der S. Olufs Kirche; weiß nicht, wie ers versahe, daß er im Abziehen seines linken Handschuchs ein Brieflein daraus fallen ließ, und, wo ich mich nicht irre, so habe ichs noch bei mir verwahret. Das werden gewiß geistliche Sachen sein, fieng Olearius an, weil es an einem geistlichen Orte von so einer geistlichen Person verschüttet und einer gleichen Standes aufgenommen worden. Wir lachten hierüber. Ja, ja, sagte Polus, es ist nicht anders. Zog es darmit heraus und lase es uns vor, nebenst der Überschrift:
Wie er wolle geküsset sein.
Es war fast gar zu deutsch. Derowegen sagte ich: Ich achte für ratsamb, daß dieses unter uns verbleibe, damit wir der Venus ihre Ungunst nicht auf uns erwecken. Nichts gefährlichers ist, als geheime Sachen ausbringen, bevorab dieser Göttin, welcher Werke mit heiligem Stillschweigen wollen geehret sein.
Was könten wir wol billichers tun, sprach Olearius, als daß den beiden zu Ehren ein Ieder unter uns ein Hochzeitgedichte hören ließ? Frembden gebühret die Ehre, sagte Polus. So fange denn an! wir wollen erfahren, was dein Gedichte uns für Gedanken erwecken wird. Derowegen sang Olearius an die vertrauten Zweie:
Hiemit wandt' er sich zu Pöhmern. Und du, sprach er, Bruder, must auch dran! Ich gebe keinen Poeten, antwortet' er, bin auch der verlobten Personen Bekanter nicht. Doch, weil ich höre, daß ihr ihnen so gewogen seid, so will ich an meinem Teile meine Glückwündschung nicht hindan setzen. Zudem bin ich versichert von eurem geneigten Willen, welcher Alles zum Besten deuten wird. Hub derowegen an:
Die Reie traf nun Polussen, welcher sprach: Weil ihr zwei Ersten so glücklich in Sonnetten seid, so muß ich mein Heil auch versuchen. Diß waren aber seine Worte:
Ein gut Stücke, sagte Olearius, welches wol weiset, bei was vor einem Meister er in die Schule gangen. Du aber, sprachen sie beide endlich wider mich, must beschließen. Zu Oden, antwortete ich, habe ich besser Glücke als zu anderer Art Versen, will derowegen, weil wir das Stadttor schon sehen können, meine sonst kurze Reime noch kürzer machen:
Hiermit giengen wir in die Stadt, und nötigte uns Polus, daß wir die Abendmahlzeit bei ihm nehmen musten. Darbei denn Olearius und Pöhmer ihrer Ankunft und anderer Sachen halben uns Bericht gaben. Ward auch selbiger ganzer Abend mit gelehrten Unterredungen und höflicher Kurzweile bis an die Mitternacht vertrieben, umb welche Zeit wir Abschied nahmen, und auf künftige Hochzeit zusammen zu kommen einander gewisse Zusage täten.