11. Auf Herren D. Polykarpus Leysers, Superintendentens in Leipzig, seliges Ableben

1633 Juni 15.


Zwar, wie hoch wir auch betauren
unsers großen Leysers Grab,
doch so wäre diesem Trauren
noch so bald zu helfen ab,
wenn der Tod so hoher Leute
nicht ein derbers Unheil dräute.
Gott, der geht mit sich zu Rate
über eine Stadt und Land,
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dem er alles Gutes tate,
das doch nicht war angewandt,
daß man aus den strengen Plagen
muß von erster Güte sagen.
Er fängt an an seinem Hause,
seiner Kirchen schont er nicht,
und alsdenn ist keine Pause,
bis er Alles fast zerbricht,
bis er seinen Grimm vollzogen
über dem, was ihn bewogen.
Er versorget die Gerechten
und die er vor Andern kennt,
daß sie uns zu Rechte brächten,
wenn er sie nicht von uns trennt',
auf daß er verbürter Maßen
unverhindert uns kan fassen.
Gleich als wenn ein treuer Hirte
in der wilden Wüstenei
von der Heerde sich verirrte,
das verlaßne Vieh wird scheu,
die bestürzten Lämmer laufen
ohne Weiser, ohne Haufen.
Wenn die teuren Männer fallen,
die uns das gesunde Wort
nach dem Himmel ließen schallen,
da will es mit uns nicht fort;
wir entbrechen aus den Schranken
und sind steif in stetem Wanken.
Was für widriges Beginnen
folget' auf des Moses Tod?
Samuel war kaum von hinnen,
Israel verließe Gott.
Und man war dem Herrn ergeben,
weil Jojada war im Leben.
Und was ist für Unrat kommen,
seit der hohe Schmuck schlief ein,
Schmuck, das Sehnen aller Frommen,
unsrer Canzeln lichter Schein?
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Fünf Jahr ists, daß er in Frieden
lebenssatt von uns geschieden.
Von der Zeit, fast selbtem Tage
hebt sich unser Jammer an.
Mangelts auch an einer Plage,
die uns nicht ist angetan?
Innerhalb so kurzen Jahren
haben wir genung erfahren.
Gottes Hand, die böse Seuche
hat uns dünne satt gemacht,
die Zergliederung im Reiche
nahe nur nicht umbgebracht,
welche noch mit jungem Morgen
uns gebären neue Sorgen.
Den verödeten Gefildern
mangelt itzt ihr Pflug und Man;
Gärt' und Matten, die verwildern,
aller Vorrat ist vertan.
Was wird uns inkünftig nähren?
Hat man doch kaum itzt zu zehren.
Der mit feurigen Gebeten
und mit glüender Begier
vor den bösen Gott getreten
und uns stets gesprochen für,
den hat er drumb sterben heißen,
daß er uns kan schärfer schmeißen.
So der Heilige so stirbet,
was hofft ihm ein Eitler wol,
der in dem stets mehr verdirbet,
daß er nicht verderben soll?
Soll der Sünder straflos wallen
und ein frommer Priester fallen?
Vater, euer frühes Ende
macht, daß wir uns fürchten mehr.
Wir verkehren Haupt und Hände
und tun kläglich mehr als sehr,
sehr, daß ihr uns seid entnommen,
mehr umb das, was drauf mag kommen.
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TextGrid Repository (2012). Fleming, Paul. Gedichte. Deutsche Gedichte. Oden. 2. Von Leichengesängen. 11. Auf Herren D. Polykarpus Leysers. 11. Auf Herren D. Polykarpus Leysers. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-AD31-6