Gebet

September 1848.


Herr, in dieser Zeit Gewog',
Da die Stürme rastlos schnauben,
Wahr', o wahre mir den Glauben,
Der noch nimmer mich betrog,
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Der noch sieht in Nacht und Fluch
Eine Spur von deinem Lichte,
Ohne den die Weltgeschichte
Wüster Greuel nur ein Buch;
Daß, wo trostlos unbeschränkt
Dunkle Willkür scheint zu spielen,
Liebe doch nach ew'gen Zielen
Die verborgnen Fäden lenkt;
Daß, ob wir nur Einsturz schaun,
Trümmer, schwarzgeraucht vom Brande,
Doch schon leise durch die Lande
Waltet ein geheimes Baun;
Daß auch in der Völker Gang
Wehen deuten auf Gebären,
Und, wo Tausend weinten Zähren,
Einst Millionen singen Dank;
Ja, daß blind und unbewußt
Deiner Gnade heil'gen Schlüssen
Selbst die Teufel dienen müssen,
Wenn sie tun nach ihrer Lust.
Herr, der Erdball wankt und kreißt;
Laß, o laß mir diesen Glauben,
Diesen starken Hort nicht rauben,
Bis mein Geist dich schauend preist!

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TextGrid Repository (2012). Geibel, Emanuel. Gedichte. Juniuslieder. Zeitgedichte. Gebet. Gebet. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-B71C-5