3.
Am Runenstein in der Sommernacht,
Da spielen die Wasserfrauen;
Das Wasser klingt, es singt die Luft,
Der Mond steht hoch im Blauen.
Das plätschert und lacht, das wogt und taucht
Wie Lilien auf und nieder,
Es schwimmt auf der Flut das goldne Haar,
Es schimmern die weißen Glieder.
Mit schilfigem Bart der Meermann bläst
Die gewundene Muschelposaune,
Die Nixen schlingen den Reigen dazu,
Sie sind in der besten Laune.
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Da schreit die jüngste und kichert drauf:
»Ei seht, was ich fand in der Welle!
Ein blinkendes, winkendes Totengebein,
Wie Silber glänzt es so helle.
Ich stieß mit dem Fuß ans Korallenriff
Beim lustigen Untertauchen,
Da lag's in den Ästen, ich zog es hervor;
Nun sagt, wie können wir's brauchen?«
Neugierig beschaut der Schwarm den Fund,
Die Königin spricht mit Lachen:
»Das beinerne Ding ist hübsch und fein,
Eine Harfe wolln wir draus machen.
Komm, Schilfbart, alter Musikant,
Du weißt von solchen Dingen;
Ich schenk' einen Schwertfisch dir zum Roß,
Kannst du's zustande bringen.«
Der Meermann kommt, er nimmt das Gebein,
Er fügt es mit langem Geklügel,
Er macht aus den Fingern die Wirbel gut,
Aus dem Brustbein macht er den Bügel.
Er nimmt von der Königin goldenem Haar
Und spannt es drüber als Saiten;
Ei wie so wundersam durch die Nacht
Die Töne schwellen und gleiten!
Nun schlägt er die Harfe wohl auf und ab,
Da lassen die Wellen das Rauschen,
Der Wind hält leise den Odem an
Und schlummert ein im Lauschen.
Die Möwen setzen sich nieder am Strand,
Goldfischlein steigen vom Grunde,
Es horcht die Luft, es horcht das Meer
Bezaubert in der Runde;
Der Meermann harft und singt darein,
Er fühlt nicht Müh' noch Sorgen;
Die Nixen schlingen den Reigen dazu
Bis an den roten Morgen.