[101] Lieder aus alter und neuer Zeit

1.

Du willst in meiner Seele lesen
Und still mein bestes Teil empfahn;
So schau' mein unvergänglich Wesen
Im Spiegel meiner Lieder an.
Ich bin die Weise, die dich rühret,
Ich bin das Wort, das zu dir spricht,
Der Hauch, den deine Seele spüret,
Ich bin's – und dennoch bin ich's nicht.
Denn sieh, noch oft mit heißem Ringen
Durch Schuld und Trübsal irrt mein Gang,
Doch drüber zieht auf reinen Schwingen
Die ew'ge Sehnsucht als Gesang.
So stürmt der Bach in dunkeln Wogen
Zum Abgrund, drein er sich begräbt,
Indes der siebenfarb'ge Bogen
Verklärend überm Sturze schwebt.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Geibel, Emanuel. 1. [Du willst in meiner Seele lesen]. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-BB0B-D