5.

In diesen Frühlingstagen, da genesen
Das Herz nicht will vom süßen Sehnsuchtsleid,
Wie spricht, was einst bei Platon ich gelesen,
Vertraut mich an aus dunkler Fabel Kleid!
Geschaffen, schreibt er, ward als Doppelwesen
Der Mensch dereinst im Anbeginn der Zeit,
Bis ihn ein Gott, weil er nicht Schuld gemieden,
In seine Teile, Mann und Weib, geschieden.
Ein heilig Rätsel deutet mir dies Wort;
Wer fühlt' es nie, daß Bruchstück nur sein Leben,
Ein Ton, nur angeschlagen, zum Akkord
Mit seinem Gegenton sich zu verweben?
[103]
Wir all' sind Hälften, ach, die fort und fort
Nach den verlornen Zwillingshälften streben,
Und dieses Suchens Leid im Weltgetriebe –
Wir heißen's Sehnsucht und das Finden Liebe.

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TextGrid Repository (2012). Geibel, Emanuel. Gedichte. Gedichte und Gedenkblätter. Lieder aus alter und neuer Zeit. 5. [In diesen Frühlingstagen, da genesen]. 5. [In diesen Frühlingstagen, da genesen]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-BC4B-4