Sehnsucht

Ich blick' in mein Herz, und ich blick' in die Welt,
Bis vom Auge die brennende Träne mir fällt;
Wohl leuchtet die Ferne mit goldenem Licht,
Doch hält mich der Nord, ich erreiche sie nicht.
O die Schranken so eng, und die Welt so weit,
Und so flüchtig die Zeit!
Ich weiß ein Land, wo aus sonnigem Grün,
Um versunkene Tempel die Trauben glühn,
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Wo die purpurne Woge das Ufer beschäumt,
Und von kommenden Sängern der Lorbeer träumt.
Fern lockt es und winkt dem verlangenden Sinn,
Und ich kann nicht hin!
O hätt' ich Flügel, durchs Blau der Luft
Wie wollt' ich baden im Sonnenduft!
Doch umsonst! Und Stund' auf Stunde entflieht -
Vertraure die Jugend, begrabe das Lied! -
O die Schranken so eng, und die Welt so weit,
Und so flüchtig die Zeit!

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Geibel, Emanuel. Gedichte. Jugendgedichte. Zweites Buch. Berlin. Sehnsucht. Sehnsucht. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-BD61-8