[170] 12.

Nun sich blau und blauer immer
Über mir der Himmel tieft,
Goldner stets des Herbstes Schimmer
Durch die roten Wipfel trieft,
Nun empfind' ich's, wie ein Schleier
Schwer mir von der Seele fällt,
Und mein Auge wandelt freier
Durch den lichten Reiz der Welt.
Ja, getaucht in Sonnenstille,
Überströmt von Sonnenkraft,
Badet sich der kranke Wille
Rein vom Schmerz der Leidenschaft.
Und so leb' ich wunschlos wieder
Leichtgewobne Tage hin,
Und ein Nachwuchs heitrer Lieder
Bürgt, daß ich genesen bin.
Nur durch meine Nächte schwimmen
Manchmal, eh' mich Schlaf befiel,
Noch der alten Sehnsucht Stimmen
Wie verhallend Harfenspiel.

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TextGrid Repository (2012). Geibel, Emanuel. Gedichte. Gedichte und Gedenkblätter. Zwölf Jugendlieder. 12. [Nun sich blau und blauer immer]. 12. [Nun sich blau und blauer immer]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-BDAF-D