Gela

Frische Lüfte, die von Osten
Übers Meer beflügelt ziehn,
Lassen Frühlingslust mich kosten,
Ob der Sommer längst erschien.
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Also läßt bei reifen Jahren
Trotz der Narben im Gemüt
Gela mich ein Glück erfahren,
Wie es nur der Jugend blüht.
Süßen Tiefsinn bald im Munde,
Schalkhaft bald wie Ariel,
Weckt sie mir im Herzensgrunde
Jeglicher Empfindung Quell.
Oftmals plaudert sie ergötzlich,
Doch dazwischen zauberhaft
Sprüht's aus ihren Wimpern plötzlich
Wie ein Blitz der Leidenschaft.
Spricht sie dann: »Du bist mir teuer«,
So erbebt mir Herz und Sinn,
Und ein zart ätherisch Feuer
Strömt durch meine Adern hin.
Ach, da faßt mich wohl ein Bangen
Um des eignen Mais Verlust,
Doch sie wirft mit heißen Wangen
Stürmisch sich an meine Brust,
Lacht mich an aus Tränengüssen,
Und ihr lachend Auge spricht:
Küsse nur und laß dich küssen,
Denn ein Dichter altert nicht.

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TextGrid Repository (2012). Geibel, Emanuel. Gedichte. Spätherbstblätter. Nachlese älterer Gedichte. Gela. Gela. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-BE29-4