Schlimmer Besuch

Die Grillen.

Siehst du das Wölkchen
Fließen im stillen?
Wir sind das Völkchen
Närrischer Grillen.
Des Bauern Kammer
Gab keinen Schmaus,
Des Handwerks Hammer
Trieb uns hinaus;
Doch ungebeten
Wollen wir rasten
Bei dem Poeten,
Bei dem Phantasten.
In die Gedanken
Beim Lampenschein
Schwirren und schwanken
Wir ihm hinein.
Der Poet.

Wie lastend drückt des Zimmers Decke
Hernieder, zum Ersticken schier!
Der Bücherstaub, in dem ich stecke,
Schafft ein unsäglich Unbehagen mir.
Ich bin nicht krank, und doch versaget
Mir jedes geistgeborne Wort –
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Doch sei's versucht – Auf! Unverzaget!
Und wirf die trüben Schleier fort!
Die Grillen.

Tu nicht so groß,
Als wärest du Meister:
Die kleinen Geister
Wirst du nicht los.
Hier, mein Geselle,
Sind wir zur Stelle,
Wo wir gedeihn;
Wir mischen dir leise
Mit Wermut die Speise,
Mit Mißmut den Wein;
Wir wandeln im Scherze
Die Hoffnung zum Schmerze,
Die Liebe zur Pein;
Hier helfen nicht Sprüche noch Kreuze noch Schwüre,
Und würfest du glücklich hinaus uns zur Türe,
Wir schlüpfen durchs Schlüsselloch wieder herein.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Geibel, Emanuel. Gedichte. Juniuslieder. Gelegenheitsgedichte. Sprüche. Scherze. Schlimmer Besuch. Schlimmer Besuch. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-BF2E-1