Eine Sommernacht

Wie glänzte tief azuren
Der See und rauschte sacht,
Als wir von Lindau fuhren
In klar gestirnter Nacht!
Sanft weht' es von den Hügeln
Und leise wie ein Schwan
Mit ausgespannten Flügeln
Zog unser Schiff die Bahn.
Sie saß in warmer Hülle,
Das Kind an ihrer Brust,
Versunken in die Fülle
Der Lieb' und Mutterlust.
Und wie ins Sterngefunkel
Entzückt ich schaut' empor,
Kam leise durch das Dunkel
Ihr Flüstern an mein Ohr:
»O Mann, seit uns beschieden
Dies süße Glück zu drein,
Wie fühl' ich schon hienieden
Den ganzen Himmel mein!«
Sie sprach's, und plötzlich linde
Umfloß ein Glorienlicht
Ihr selig zu dem Kinde
Geneigtes Angesicht.
[299]
Der Mond war aufgegangen
Am Saum des Firmaments,
Und übers Wasser klangen
Die Glocken von Bregenz.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Geibel, Emanuel. Gedichte. Spätherbstblätter. Vermischte Gedichte. Eine Sommernacht. Eine Sommernacht. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-BF7E-F