Heimkehr

Das war dereinst ein Tag der Schmerzen,
Der uns getrennt auf immerdar;
Du wandtest dich von einem Herzen,
Das reich, und das dein eigen war.
Ich weiß, ich hatte viel verschuldet,
Doch nicht so viel, als du gemeint,
Und bitter hab' ich drum geduldet,
Und blutig hab' ich drum geweint.
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Doch nun aufs neu' in deine Nähe
Nach manchem Jahr mein Stern mich führt,
Empfind' ich, wie sich Lust und Wehe
In meinem Busen mächtig rührt.
Mir ist's, ich sollte dich nicht meiden,
Und sprechen möcht' ich: O vergib!
Ob Welt und Sitt' uns ewig scheiden,
Du bist mir dennoch schön und lieb. -
Wohl lenkt' ich still nach andern Zielen,
Ich rang mich fort durch Freud' und Pein,
Doch, wie des Lebens Würfel fielen:
Vergessen konnt' ich nimmer dein.
Ich warb um Lust, um Ruhm, um Tugend,
Und manches Schöne fiel mir zu;
Doch bleibt das schönste Glück die Jugend,
Und meiner Jugend Glück warst du.

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Geibel, Emanuel. Heimkehr. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-C221-6