Das Pferd und die Bremse
Ein Gaul, der Schmuck von weißen Pferden,
Von Schenkeln leicht, schön von Gestalt,
Und, wie ein Mensch, stolz in Gebärden,
Trug seinen Herrn durch einen Wald;
als mitten in dem stolzen Gange
Ihm eine Brems' entgegen zog,
Und durstig auf die nasse Stange
An seinem blanken Zaume flog.
Sie leckte von dem heißen Schaume,
Der heficht am Gebisse floß;
»Geschmeiße!« sprach das wilde Roß,
»Du scheust dich nicht vor meinem Zaume?
Wo bleibt die Ehrfurcht gegen mich?
Wie? darfst du wohl ein Pferd erbittern?
Ich schüttle nur: so mußt du zittern.«
Es schüttelte; die Bremse wich.
Allein sie suchte sich zu rächen;
Sie flog ihm nach, um ihn zu stechen,
[56]Und stach den Schimmel in das Maul.
Das Pferd erschrak und blieb vor Schrecken
In Wurzeln mit dem Eisen stecken
Und brach ein Bein; hier lag der stolze Gaul.
Auf sich den Haß der Niedern laden,
Dies stürzet oft den größten Mann.
Wer dir als Freund nicht nützen kann,
Kann allemal als Feind dir schaden.