Der großmütige Räuber

Auf offnem Weg hielt einen Wandersmann
Ein Räuber nah' um London an.
»Ach!« sprach der arme Wandersmann,
»Ich bitt' Euch, laßt mir nur das Leben.
Ich hab' Euch ja kein Leids gethan
Und wollt Euch gern, was Ihr verlangtet, geben;
Doch heute hab' ich nichts bei mir.
Ich geh' itzt nach der Stadt, um da zehn Pfund zu heben;
Und morgen bin ich wieder hier
Und teile sie mit Euch; so wahr Gott über mir!«
»Gut«, fing er an, »du hast geschworen:
Ich glaube dir's. Geh' fort! Ich wünsche dir viel Glück.«
Im kurzen kam der Wandersmann zurück.
»Ach!« sprach er mit erfreutem Blick,
»Seht, was ich Ärmster fand! Ihr habt's doch wohl verloren,
Zehn Pfund, und mehr noch – welch ein Glück!
Und diese bring' ich Euch zurück;
Erlaßt mir das, was ich beschworen.«
»Nein«, hub der Räuber an, »ich habe nichts verloren.
Behaltet Euer Geld, weil Ihr so ehrlich seid.«
So fühlt oft selbst ein Schelm den Wert der Redlichkeit.

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TextGrid Repository (2012). Gellert, Christian Fürchtegott. Fabeln und Erzählungen. Fabeln und Erzählungen. Drittes Buch. Der großmütige Räuber. Der großmütige Räuber. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-C388-5