Die Affen und die Bären
Die Affen baten einst die Bären,
Sie möchten gnädigst sich bemühn
Und ihnen doch die Kunst erklären,
In der die Nation der Bären
Die ganze Welt des Walds zu übertreffen schien;
Die Kunst, in der sie noch so unerfahren wären,
Die Jungen groß und stark zu ziehn.
»Vielleicht«, hub von den Affenmüttern
Die weiseste bedächtig an,
»Vielleicht, ich sag' es voller Zittern,
Wächst unsre Jugend bloß darum so siech heran,
Weil wir sie gar zu wenig füttern.
[206]Vielleicht ist auch der Mangel der Geduld,
Sie sanft zu wiegen und zu tragen;
Vielleicht auch unsre Milch an ihren Fiebern schuld.
Vielleicht schwächt auch das Obst den Magen.
Vielleicht ist selbst die Luft, die unsre Kinder trifft,
(Wer kann sie vor der Luft bewahren?)
Ein Gift in ihren ersten Jahren
Und dann auf Lebenszeit ein Gift.
Vielleicht ist, ohne daß wir's denken,
Auch die Bewegung ihre Pest.
Sie können sich durch Springen und durch Schwenken
Oft etwas in der Brust verrenken,
Wie sich's sehr leicht begreifen läßt;
Denn unsre Nerven sind nicht fest.«
Hier fängt sie zärtlich an zu weinen,
Nimmt eins von ihren lieben Kleinen,
Das sie so lang und herzlich an sich drückt,
Bis ihr geliebtes Kind erstickt.
»Du«, sprach die Bärin, »kannst noch fragen,
Warum ihr so bestraft mit kranken Kindern seid?
Nicht liegt's an Luft und Milch und nicht an Obst und Magen
Ihr tötet sie durch eure Weichlichkeit,
Durch eure Liebe vor der Zeit.
Gebt acht auf unsern jungen Haufen;
Wir nehmen sie, sobald sie laufen,
Mit uns in Hitz' und Frost, durch Fluren und durch Wald,
So werden sie gesund und alt.«
Was macht viel Kinder siech? Vielleicht Natur und Zeit?
Nein, mehr der Eltern Weichlichkeit.
O Reicher, soll dein Kind gesund in Städten blühen:
So zieh' es in der Stadt, wie es die Dörfer ziehen!