[71] SANG UND GEGENSANG
SANG
In zittern ist mir heut als ob ich in dir läse
Bei unsrem glück noch viel von fremdem geist ..
Als gälte dir für schaum und flüchtiges gebläse
Was mir den atem schwellt · in adern kreist.
Was sich für dich verströmt kannst du nicht in dich saugen?
Befreie mich von meiner lauten angst!
War das vielleicht Mein blick – der deiner toten augen?
War das Mein hauch als du gebrochen sangst?
[72] GEGENSANG
Dir gibt ersterbender und sanfter klang
Von einer hier Versunknen kunde:
Ein dumpfes gurgeln unterdrückt vom tang
Quillt spät empor aus dunkler schrunde.
Vielleicht dass hier vom glühwurm ein geschwirr
Und eine blume blank und schmächtig
Dich locken mag der du des weges irr
Gern etwas weilest müd und nächtig.
Vielleicht dass eine trübe melodei
Und dieses zuckende geschwele
Dich rühren mag und dich nicht lässt vorbei
Am kerker der versunknen seele.