Damon. Phillis

Damon.


Izt hab ich sechszehn Frühlinge gesehn, doch liebste Phillis! keiner, noch keiner war so schön wie der; weißst du warum? – – Ich hüt' izt neben dir die Herde.


Phillis.


Und ich, ich hab izt dreizehn Frühlinge gesehn. Ach liebster Damon! keiner, nein keiner war für mich so schön wie der; weißst du warum? – – Izt drükte sie ihn seufzend an die Brust.


Damon.


Sieh Phillis, wie der dichte Busch, bey dieser Schleusse schattigt sich wölbt, hör wie die Quelle rauscht; dort wollen wir ins hohe Gras uns legen, und – – –


[33] Phillis.


Ja, lieber Damon! denn bey dir nur bin ich froh. Sieh her, mein Busen bebt voll Freude, denn – – denk einmal, fünf lange Stunden, hab ich dich nicht gesehn.


Damon.


Hier, liebe Phillis! hier seze dich im Klee. O könnt ich immer dich lächeln sehn, und deine Augen! – – Nein, sieh mich nicht so an, sprach er, und drükte sanft des Mädchens Augen zu; Glaube, wenn dein Blik so lächelnd mir ins Auge sieht, ich weiß nicht wie mir dann geschieht, ich zittre, ich seufze dann und meine Worte stoken.


Phillis.


Nimm Damon, nimm die Hand von meinen Augen, denn, wenn du meine Hand in deine drükest, dann gehts mir eben so, mich durchzittert dann etwas, ich weiß nicht was es ist, dann pochet mir das Herz.


Damon.


Sieh Phillis, sieh, was ist dort auf dem Baum? zwo Dauben, – – sieh – – sieh wie sie freundlich sich mit den Flügeln schlagen; höre wie sie girren; Izt, izt – – sie piken den bunten Hals, und izt den kleinen Kopf, und um die kleinen Augen. Komm, Phillis! komm, wir wollen mit den Armen uns auch umschlagen, wie sie mit den Flügeln; Reiche deinen Hals mir her und deine Augen, daß ich dich schnäbeln kan – –


Phillis.


Halt deine Lippen doch auf meine Lippen, dann Damon, schnäbeln beyde.

Damon.


Ach Phillis! ach! wie süß ist dieses Spiel! Habt Dank, habt Dank, ihr kleinen Dauben! der Sperber töd' euch nie – –


Phillis.


Habet Dank, ihr kleinen Dauben, habet Dank; flieget her in meinen Schoos, kommt wohnet bey mir. Im Feld und im Hain will ich die besten Speisen euch sammeln; indeß daß Damon mich schnäbelt, könnt ihr dann auf meinem Schoos euch schnäbeln; – – Sie kommen nicht – – sie fliegen weg!


Damon.


Höre Phillis! mir fällt was ein; Wenn dieses Küsse wären, von denen jüngst Amyntas sang.

»Dem müden Schnitter ist ein frischer Trunk nicht halb so süß, als Liebenden ein Kuß; viel lieblicher ist sein Geräusch, [34] als wann ein kühler Bach, wenn uns der schwühle Mittag brennt, durch dunkle Schatten fließt.«


Phillis.


Ja gewiß! Bald wollt' ich wetten, daß es Küsse sind, komm, wir wollen gehn und Chloen fragen. – – Doch seze mir zuerst den Kranz zurecht. – – Du hast mein Haar zerzaußt!

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Gessner, Salomon. Gedichte. Idyllen. Idyllen. Damon. Phillis. Damon. Phillis. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-D5DB-7