[168] Einfall

Des Märchens Scherz und Lüge lehrt
Dir Ernst und Wahrheit klar;
Der Spiegel zeigt Dein Bild verkehrt
Und doch so klar und wahr!
Nein, was ist doch Das für ein wunderlich Reich!
Steinhart sind die Betten, das Pflaster ist weich!
Champagnerwein stellet auf Kohlen man heiß,
Den Thee und den Plumpudding aber in Eis!
Steigt geputzt in das Bad, sielt nackt sich im Sand,
Küßt der reizendsten Weiblein und Jungfrauen – Hand!
Spuckt's Fleisch weg vom Steine der Kirsche,
Und benutzt nur die Hörner vom Hirsche!
Stellt in's Wasser der Blumen sich viele
Nach unten! nach oben die Stiele.
Man gähnt in dem göttlichen Tempel: Natur!
Und erbaut in dem eigen erbauten sich nur;
Wichst Stiefel und Schuh' sich mit Caviar blank,
Und tractirt sich mit Wichse und schmierigem Trank!
[169]
Ist zum Grübeln nach Unsinn allstündlich bereit;
Zwängt Liebe und Lust in gemessene Zeit!
Schmeißt's Glück aus der Thür um halb Zwölfe;
Nährt am Busen sich Schlangen und Wölfe;
Wirft die Auster beim leckeren Mahle
Auf die Erde und kaut an der Schaale!
Lammdemüthig seufzt man im härtesten Fluch,
Und martert und mordet sich oft um ein Buch!
Und schnuppert nach Mist, und hat Ekel vor Duft,
Hat die Früchte vor'm Maule und beißt in die Luft!
Tritt die blühende Rose mit Füßen
Um am Dorne die Sünde zu büßen!
Und verochst sich die herrliche Jugend!
Und das Alles heißt:

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TextGrid Repository (2012). Glaßbrenner, Adolf. Gedichte. Die Verkehrte Welt. Zweiundzwanzigstes Kapitel. Einfall. Einfall. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-D5F8-5