17. Das deutsche Pferd und das brittische

Ein deutsches Pferd, ein Friese, stand
Nicht weit von einem Engelländer,
Verglich sich, fand
Den fremden Herrn behender.
Willst du gestutzt sein? fragt der Herr, dem er gehört.
Ja, spricht der Friese, ja! ich werde
Dann laufen, wie der Vogel fliegt, die Erde
Fliegt unter mir!
Hast aber keinen Schweif, der dir
Die Fliegen wehrt!
Den Fliegen will ich wohl entlaufen!
Sein Wunsch wird endlich ihm gewährt,
Er wird gestutzt, er dünkt sich, unter einem Haufen
Von Pferden, nun das schönste Pferd!
Den Engelländer her! ruft nun der Herr,
Er soll einmal die Probe laufen.
Er läuft, er stürzt, er kann nicht mehr;
Stechfliegen quälen ihn; der Herr will ihn verkaufen.
Man bietet nichts für ihn; der Abgestutzte kann
Der bösen Fliegen sich nicht wehren,
Nicht seinen Herrn ernähren,
Man sieht ihm seinen Kummer an.
Ach, spricht das Pferd, das seine Thorheit sieht:
Ich Narr! es giebt der Narrn in Friesland und in Sachsen!
[113]
Mein Schweif, der schöne Schweif! ich laß ihn wieder wachsen.
Die garstge Fliege zieht
Mir alle Kraft noch aus den Knochen!
Hans! ruft der Stallknecht, dumm gesprochen!
Denn sieh, das Glied,
An dem er hing, ist dir gelähmt.
Am besten ist, daß man zur Arbeit sich bequemt,
Wenn man dazu berufen ist
Durch starke Glieder.
Der Schweif, der schöne Schweif, wächst dir gewiß nicht wieder!
Daß du so dumm gewesen bist!
Und wächst er auch, du kannst ihn doch nicht brauchen.
Ha! du gehörest zu den Gauchen,
Die ihren Deutschen gern verstecken
In einen Frackrock – o die Gecken!

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TextGrid Repository (2012). Gleim, Johann Wilhelm Ludwig. Gedichte. Fabeln. Drittes Buch. 17. Das deutsche Pferd und das brittische. 17. Das deutsche Pferd und das brittische. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-D863-C