[34] Amor ein Werber

Amor wirbt, ich seh ihn werben.
Wie geschäftig und wie freundlich
Dringt er sich in alle Haufen.
Doch! er ist nicht iedem sichtbar.
Seht! ietzt geht er mit spatziren,
Seht! ietzt führt er die Geworb'nen
An den Händen treuer Freunde
Unter Weiden oder Linden;
Und, gesichert vor Verrätern,
Schweren sie zu seiner Fahne.
Seht ihn bei den Ueberläufern,
Seht doch! er bedekkt mit Larven
Wangen, welche leicht erröten,
Und entführet sie den Wächtern,
Und verbirgt sie vor Verrätern,
Und begleitet sie zum Tanze,
Und entdekkt sie nur dem Tänzer,
Dem er sie zum Tanze bringet.
Graun und Cato hilft ihm werben.
Er bestellt in weissen Säälen
Spieler zu den Spielerinnen,
Tänzerinnen zu den Tänzern,
Und Verliebte zu Verliebten;
Und dann wirbt er sich die Besten.
Wenn es ihm an Volke fehlet,
Darf er keine Trommel rühren.
Alle Strassen voller Schlitten,
Alle Sääle voller Larven,
Alle Böden voller Tänze,
Alle Stühle voller Andacht,
Alle Bänke voller Weisen,
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Alle Gärten voller Rosen,
Alle Ufer klarer Bäche,
Alle Logen und Parterren
Dienen ihm zu Werbeplätzen.
Seht! dort führt er die Geworb'nen
Durch die Tür des Operhauses;
Sagt mir, konnten einst die Preussen
Ihre Riesen besser werben?

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TextGrid Repository (2012). Gleim, Johann Wilhelm Ludwig. Gedichte. Versuch in Scherzhaften Liedern, erster Teil. Amor ein Werber. Amor ein Werber. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-D96B-3