[29] An Exter, in Zweibrücken

Im Mai 1772.


Wenn ich sah, wie bis zur Erde
Sich ein Schmeichler oft vor Schurken bückt,
Wie mit freundlicher Geberde,
Arglist ihre Worte schmückt;
Wie die Dummheit mit dem großen Bauche,
Dem Verstande grob befiehlt;
Wie der Reichthum an dem vollen Schlauche,
Keines Armen heiße Zunge kühlt;
Und der Stolz mit dem Verdienste, schier
Wie mit seinem Ordensbande, spielt:
O wie vielmal dann in mir
Der vergebne Wunsch erwachte:
[30]
Wäre doch mein Exter hier,
Daß er mit mir seufzte, oder lachte!
Wenn ich in des Harzes Eichenhainen,
Ganz allein umher nach Kräutern lief,
Felsenberg' erstieg, und da mit Weinen
In mein Herz die Stille rief,
Plötzlich aber auf der Spitze,
Ueber einer Landschaft stand,
Die ich sonst im reichen Witze
Ariosts, nur möglich fand;
Wenn ich dann mich auf dem Rasensitze,
Wie aus einem Traum erwachend, wand;
Ach, was ist mir, rief ich, alles nütze?
Drückt mir Exter wohl die Hand?
Und nun seh' ich bald dich wieder?
Und nun wirst du wieder mein?
Sagt' ich's nicht: Sein Herz ist bieder,
Und er läßt dich nicht allein? –
Komm denn an die naßgeweinten Wangen,
[31]
An die Brust, die vor Verlangen
Hoch dir schon entgegenschwillt,
In die Arme, welk von Kummer,
An das Herz, dem selbst der Schlummer,
Nachts, die Seufzer nicht mehr stillt.
Aber neunmal hat nun Philomele
In dem wälderreichen Harz geklagt,
Seit nach dir, du Hälfte meiner Seele!
Schon ein Wunsch den andern jagt.
Werd' ich dir auch noch wie sonst gefallen?
O! was ändert nur ein Jahr!
Und verändert hab' ich mich in allen;
Doch mein Herz ist wie es war.
Zwar ich kannte all' die schönen Risse
Zu Gebäuden hohen Erdenglücks;
Aber, aber! Tausend Hindernisse
Fand ich in dem Willen des Geschicks,
Einen Pallast mir darnach zu bauen:
Darum baut' ich nur ein Hüttchen mir,
[32]
Und in diesem sollst du dich beschauen.
Doch du findest freilich hier
So viel Still' und Anmuth nicht,
Als uns in den Schäferhütten,
Geßner süß genug verspricht;
Vom Erhabnen der Palläste,
Wie zum Beispiel Seneca,
Nur im Grunde nicht recht feste,
Bauen lehrt, ist auch nichts da.
Dennoch möcht' ich, trotz dem Weisen
Und dem Dichter! dir beinah
Meine simple Bauart preisen,
Denn die Welt kannst du durchreisen,
Und du wirst, genau besehn,
Auf des Römers stolzen Höhn,
In des Schweizers stillen Gründen,
Weder den Pallast so schön,
Noch so still die Hütte finden.
[33]
Wie ich hier in meiner Hütte,
Leb' und denke? – – – O heraus,
Liebes Herz, heraus! und schütte
Dich in seinen Busen aus!
Nicht dem Dünkel unterthan,
Such' ich, ferne von dem Wahn',
Daß das Glück im Range liege,
Rang nur in der Geisterwelt.
Hier erwirbt Verdienst die Siege,
Nicht des Schmeichlers feine Lüge,
Nicht das sonst allmächt'ge Geld.
Nicht dem Gaumen unterthan,
Blick' ich, ferne von dem Wahn',
Daß das Glück im Aufwand' liege,
Froher, als ein Großsultan
Seiner Schüsseln ganze Züge,
Mein bescheidnes Näpschen an,
Denn daran hab' ich zur Gnüge.
Dir, o Gold! nicht unterthan,
[34]
Gib dich, wem du willst, betrüge
Weise selbst durch eitlen Wahn;
Ich, wenn ich mich nur vergnüge,
Ziehe jeden Freund dir vor;
Denn vor deinem Schimmer, schmiege
Sich der Bettler und der Thor.
Kurz und gut, ich folge froh
Meinem Lehrer Salomo.
Brauche, sagt er, deines Lebens,
Mit dem Weibe, das du liebst!
Wenn du sorgst, und dich betrübst,
Grämst du dich, und sorgst vergebens.
Eitel ist dieß Schattenleben,
Eitel, aber dennoch gut!
Brich denn, ohne Thränenfluth,
Was dir Gott an Brod gegeben,
Leer dazu mit frohem Muth',
Deinen kleinen Becher Wein,
Und auch dieß wird eitel seyn:
[35]
Aber, was ist mehr hienieden
Dir zu deinem Theil' beschieden?
Diese Weisheit auszuüben,
Dürfen wir die Tugend nur
Feurig, wie uns beide, lieben;
Und der Vater der Natur
Wird uns, wahrlich! nie betrüben.
Alles, was wir von ihm flehen,
Sey, mein Lieber, dieses nur:
Wie die Sonn' auf meine Flur,
So auf uns herab zu sehen.
Wie bei Frühlings-Sonnenschein
Ein Paar Tauben auf dem Dache,
Und das Reh im jungen Hain',
Und der Schmerl im warmen Bache,
Wollen wir der Welt uns freun.
Jede Grille zu vertreiben,
Das sey unsre Sorg' allein;
Gott ist Vater, darum bleiben
[36]
Alle andre Sorgen sein.
Wenig, wenig laß uns hoffen,
Fürchten – nichts! denn dessen Ohr,
Der der Tugend Hülfe schwor,
Steht für unsre Seufzer offen.
Eitle Wünsche sollen nie
Unser stilles Herz verführen;
Laß der Thoren Phantasie
Sich den Augenblick verzieren,
Der noch kommen soll; Genuß
Ist das wenig, denn er muß
Den, der da ist, erst verlieren.
Fliehen laß uns vor der Pracht,
Weil sie gute Sinne schnell verwöhnet,
Und das beste Herz so launisch macht,
Daß es immer sich nach Wechsel sehnet.
Nicht im Golde von dem Gallakleide,
In dem Herzen sitzt der wahre Ruhm,
Und der Wiederschein der Freude
[37]
Ist des Pöbels Augenweide,
Doch die Freude selbst, ein Eigenthum
Von zufriednen Seelen, wie wir beide.
Dem Bedauren und dem Neide
Sind wir keine Losung zum Gespräch';
Ungesehen, schleichen wir den Weg
Unsers Lebens, bis zum Grab' herab;
Keinen Schritt breit weich' er ab,
Weder zu der Hütte, wo der Mangel
Sitzet, und sein Daseyn haßt,
Noch zum lärmenden Pallast',
Wo der Ueberfluß den goldnen Angel
In das Meer der Freude hängt,
Aber nichts als Ekel fängt.
Welch ein Leben, Freund! Allein
Werden wir nicht Sonderlinge
Bei der Welt der Mode seyn?
Tanze! ruft sie, tanz' und springe
Mit in unsern bunten Reihn,
[38]
Oder bleib' für dich allein! –
Das ist billig! Aber, wagen
Möcht' ich's nicht sogleich mit ihr.
Laß uns erst die Weisheit fragen:
Sagt sie ja! so tanzen wir,
Sagt sie nein! so wird uns zwar
Spott der Welt ins Dunkle jagen,
Aber dieser wird, fürwahr!
Besser, als ihr Lob, behagen.
Leere Köpfe, leere Herzen,
Wissen nicht vergnügt zu seyn,
Wenn nicht bei dem Glanz' von hundert Kerzen,
Beim Gewühl' von zwanzig Liverein,
Und dem süßen Dampf' von fremden Giften,
Und dem Sprudeln von Champagner-Wein,
Und dem Juchhei! in erschrocknen Lüften,
Dreißig Stimmen durch einander schrein.
Sie berechnen das Vergnügen
Nach des Aufwands Summe nur;
[39]
Alle Reitze der Natur
Lassen sie verächtlich liegen.
Heißt das, nach dem Epicur,
In der Freude sich berauschen?
Thoren! wüßtet ihr doch nur,
Daß er schier die stillste Flur
Würd' um euren Lärm vertauschen.
Führt das Ohngefähr uns hin,
Wo die dumme, plumpe Freude,
Mit dem Wanst', nicht mit dem Munde, lacht,
Und im steifen Sonntagskleide
Uns die Etiquette zehn Bescheide
Ueber Eines Tages Wetter macht:
Dann so wird die Langeweile
Uns erinnern, still davon zu ziehn,
Um dem giftbestrichnen Pfeile
Des Verdrusses zu entfliehn.
Zehnmal räumlicher wird dann
Unser Stübchen dir bedünken,
[40]
Wo vor Zischen, Fragen, Winken,
Ohr und Auge ruhen kann.
Silberner wird mein Klavier,
Wenn ich dann es spiele, klingen,
Und von selber wirst du mir
Hillers süße Lieder singen,
Oder mich durch Küsse dingen,
Zu den süßen Träumerein,
Plato meinen Mund zu leihn.
Wie wird dann der große Seher
Unsre Wangen immer höher
Mit der Tugend Purpur schminken,
Bis, verloren in der Welt
Seiner Schöpfung, mir die Stimm' entfällt,
Dir im Auge Zähren blinken,
Jetzt wir Blicke wechseln, jetzt
Leise Seufzer, und zuletzt
In die Arm' einander sinken.
[41]
Edler Catt! 1 so glücklich dich
Viele tausend Brennen preisen,
Wenn du deinem Friederich
Einschenkst aus dem Quell' der Weisen,
Bis die Königs-Sorgen sich
Aus dem Labequell' berauschen,
Möcht' ich doch mit dir nicht tauschen!
Wird die Kraft des Denkens überspannt:
Weg mit Weisheit! bis gelinde Freude
Wiederum den Geist ermannt.
Komm! begleit' an meiner Hand
Mich nach meiner Lieblingsheide,
Wo noch in so mancher Weide
Dein bekrönter Name steht.
Dort, wo um die Königseiche
Sich die kleine Limbach 2 dreht,
[42]
Hab' ich oft am stillen Teiche
Stundenlang für mich gesessen,
Und der ganzen Welt vergessen,
Weil sie sich in dir verlor!
Wollt' ein Strahl der Hoffnung mich erfreun,
Daß du Mein noch würdest seyn:
O! wie kam ich mir so klein,
Aber itzt, wie groß nicht, vor!
Alle Stunden dieser Pein,
Exter, wirst du nun vergüten;
Veilchen, die sonst ungesehn,
Vor den Füßen mir verblühten,
Sind dafür nun doppelt schön,
Denn zuerst werd' ich sie sehn,
Deiner Hand sie anzubieten.
Selbst die Abend-Threnodien
Meiner Nachtigall empfand ich kaum;
Doch, wohin wird sie die Phantasien,
Freund! durch ihre Töne ziehen,
[43]
Wenn wir unter ihrem Baum'
Nach des Mondes Aufgang' blicken?
O wir werden selbst im Traum'
Nachts, uns noch die Hände drücken!
Immer sey uns die Natur,
Was ein Zierotin 3 dem König' wäre,
Wenn nicht Friederich, zur Ehre
Seines Throns, die Havel-Flur,
Für des Hofes Pomp, erköre.
Dank dir, Schöpfer dieses All!
Daß ich für den Mond ein Auge habe,
Und ein Ohr für deine Nachtigall!
Dank auch dir, mein Vater! noch im Grabe,
Daß du mich als Jüngling, nicht
Weg vom Glanz' in Mondes Angesicht,
Auf den Glanz des Goldes sehen hießest;
Von der Nachtigall Gesang
[44]
Nicht hinweg, und auf den Klang
Feiner Gulden horchen ließest.
Was ein Stockpferd für das Kind,
Der Geliebten erstes Danken
Einem Jüngling', frischer Wind
Für den Schiffer, Schlaf dem Kranken,
Einem Stutzer die Frisur,
Und ein Pfand dem Wuchrer ist;
Alles das, und mehr noch, bist
Du allein mir, o Natur!
Wen du liebest, dessen Thüren
Oeffnet niemals Sorg' und Harm;
Doch, den Hang zu dir verlieren,
Das macht mürrisch, und macht arm.
Frostig würde meine Liebe,
Und mein Witz verzehrend seyn,
Ja, von zwanzig Freunden bliebe
Wohl zuletzt nicht Einer mein.
Traurig würd' ich spät und früh
[45]
Mich mit der Hypochondrie
Und der hagern Ruhmsucht quälen;
Oder lernt' – ich steh' für nichts! –
Nach der Schwere des Gewichts
Ihrer Thaler, meine Tage zählen,
Und – wie jener Geitzhals sich
Um sein eignes Geld – auch mich
Um mein eignes Glück bestehlen.
Treu, Natur! verbleib' ich dir,
Bis ich deiner schönen Erde
Lebe wohl! einst sagen, und mit ihr
Eine schönre tauschen werde.
Aber, wenn des Waldes Farben schwinden,
Wenn in unsern nackten Gründen
Nur die Krähe noch verweilt,
Wenn auf schneebedecktem Thurme,
Um die Wette mit dem Sturme,
Jede Wetterfahne heult:
Dann mag Ball und Maskerade,
[46]
(Unserm Neide viel zu klein!)
Immerhin die Welt erfreun.
Ihre Freude macht Parade,
Aber, wahrlich! es ist Schade,
Ihre Freud' ist nur ein Schein.
Unser Ball und Maskerade
Soll ein trautes Kränzchen seyn.
An dem knisternden Kamine,
Schwatzt der Freundschaft Tändelei
Froher uns die Nacht herbei,
Als dem Hofmann' vor der Opern-Bühne
Mara's Zauber-Melodei.
Ob der Türke neue Flotten baue,
Daß der Russe sie verbrennen kann?
Ob der große Tartarchan
Menschen, wie die Disteln, niederhaue?
Und der Pohle dann und wann
Nach gerade sich im Kopfe kraue?
Immerhin! Wen ficht es an?
[47]
Wollen sich die Herren streiten,
Frost und Durst entgegen ziehn,
Wenn wir an dem wärmenden Kamin',
Kriege führen, Küsse zu erbeuten,
Und von Witz und Punsche glühn:
Ei! so gönnen wir den armen Leuten
Das Vergnügen, sich um Kleinigkeiten
Wie ein Don Quixott zu mühn.
Aber, sich für sie zu int'ressiren,
Wer gewinnen, wer verlieren,
Wer betrügen, wer betrogen wird?
Dadurch werd' in unserm Kreise,
(Hier neutral zu seyn, ist weise!)
Nie ein Biedermann geirrt.
Ob mein Nachbar, Herr Arlander,
Traun! ein zweiter Alexander
Sich vor seiner Rotte 4 dünke?
[48]
Ob die Nachbarin Annette,
Heimlich an der Toilette
Sich für ihren Lubin schminke,
Und der gute, fromme Mann,
Seines Weibchens lose Winke
Nach dem schlauen Cicisbeen,
Nicht bemerken, nicht verstehen,
Oder nicht verhindern kann?
Immerhin! Wen ficht es an?
Zornig über sie zu werden,
Das verlohnt sich nicht der Müh';
Sie sind Bürger unsrer Erden,
Und als solch' ertrag ich sie.
Sind sie Thoren? Sie sind's ihnen;
Sind wir weise? sind wir's uns.
Wird mein Tadel einen Duns
Mit der Weisheit wohl versühnen?
Aber leisen, feinen Spott,
[49]
Wie sich Freund' einander sagen,
Wenn des Einen Steckenpferd, im Trott',
Die Vernunft will überjagen,
Wollen wir bei jedem Don Quixott,
Unserm Herzen ohnbeschadet, wagen.
Wucherer und Müßiggänger
Machen unsern Kreis nicht enger;
Hat die Freundschaft Platz für sie?
Sey die alte Melodie,
Ueber schlechte Zeit zu klagen 5,
Ihrem Ohre Harmonie,
Unserm kann es nicht behagen.
O! wie haß' ich den Gesang!
Einem Armen Brod zu brechen,
Das ist mehr, als Tage lang
Von der Hungersnoth des Landes sprechen.
Aber, dringt zu meinem Ohr'
[50]
Das Gewinsel eines Armen,
Blickt sein Auge, um Erbarmen,
Thränenvoll nach mir empor:
Sollt' ich dann das Mitleid, Freund!
Bei der Schale Punsch versingen?
Und indeß daß jener weint,
Mich zum Scherz', zum Lachen zwingen?
Wenn die Menschheit in mir spricht,
O wie leise will ich hören!
Keine Lieb' und kein Gedicht,
Ja, selbst du sollst mich nicht stören.
Suchen will ich, ob ich nicht
Irgendwo kann Balsam finden,
Meines Freundes Wunde zu verbinden,
Denn das wäre süß, auch ohne Pflicht.
Aber ist bei großem Willen,
Seine Schmerzen ihm zu stillen,
Mein Vermögen, ach! zu klein:
Soll ich mit Matronen und mit Kindern
[51]
Dann noch weinen, schluchzen, schrein?
Wird dann das die Schmerzen lindern?
Sage, welche Sittenlehre
Machte das zu einer Pflicht?
Macht es ihrem Herzen Ehre?
Wohl! doch ihrer Klugheit nicht!
Wenn ein Strom vom Berge schießet,
Schadenhungrig wie ein Feind
Ueber fremde Saat sich gießet,
Dann so mag ein Menschenfreund
Drohend ihm die Rechte zeigen,
Und gebieten: Bleib zurück!
Ich, ich will zum mächtigern Geschick'
Leise seufzen, und will – schweigen.
Wenn in meinem Hirtenzelt'
Mich ein Unglück überfällt,
Jeden Ausgang mir darin
Sperret; halt' ich als ein Held
Ihm den blosen Busen hin.
[52]
Stößt es seinen Dolch hinein:
Nun! wie konnt' ich denn es hindern?
Kaltsinn wird der Wunde Pein
Schneller noch, als Weinen, lindern.
Der Franzose mag Melancholie
Durch die Becher weg philosophiren,
Und der stolze Britte sie
Hurtig durch den Strick kuriren;
Ich, ich brauche so viel Müh'
Um so was nicht zu verlieren.
Ein Paar Seufzer, ein Paar Lieder,
Das ist mein Recept dawider:
Eingenommen! – weg ist sie!
Tanzt ein Schwarm von schwarzen Grillen,
Exter, deinen Schritten nach;
Ueberlaß es mir, gemach
Euren kleinen Zwist zu stillen.
Ich gebrauche nicht Gewalt,
So vergeblich, wie der Ritter
[53]
Von der traurigen Gestalt;
Denn mein Wein, und meiner Zitter
Melodie, zerstreut ihn bald.
Doch, zum Glück! ist diese Zeit,
Mit den Grillen uns zu streiten,
Nur ein Fall der Möglichkeit;
Da, wo sich die Tugend freut,
Sieht man sie gewöhnlich nur von weiten.
Fliehet denn, ihr Wuchrer, flieht!
Hebt euch weg, ihr Müßiggänger!
Macht uns nicht die Brust durch Klagen enger,
Und mit Eurer Weisheit zieht
Auf ein Billard, wo mit offnem Munde
Langeweil' Euch Beifall gähnt,
Und die Einfalt, ihre Stunde
Klug verlebt zu haben, wähnt.
Aber komm Musik! durch deine Töne
Lock' uns Uzischen Gesang herbei!
Komm du Scherz und Lachen! und verhöhne
[54]
Thorheit, Spleen und Heuchelei.
Komm o Fröhlichkeit! und fülle
Unsre Gläser an nach altem Brauch',
Denn der Weise findet, auch
Selbst wo du bist, noch die Stille.
Führt die Tugend nicht die Freude
An der Hand zu ihm hinein?
Haben, Freund, wir diese beide
Nur zu Gaste, wird der Wein
Vom Johannisbeeren-Strauche
Meines Gartens süßer seyn,
Als vom Alicanten-Schlauche,
Der den Wanst des Abtes füllt.
Wenn denn auch das Glück uns trillt,
Und uns tausend Freuden fehlen:
Was aus unserm Herzen quillt,
(Und was könnten wir verhehlen?)
Jedes neu gefundne Bild,
Das die Phantasie des Einen zeichnet,
[55]
Und des Andern auszumalen eilt;
Ist ja Freud', und wird getheilt!
Sieh nun noch einmal mein Hüttchen an!
Hast du Lust, mein lieber Mann,
Mit dem Frühling' einzuziehn?
Aber fern sey diese Bitte,
Wenn nicht dir auch meine Hütte
Hell, bequem und feste schien.
Freilich hat sie hundert Mängel;
Sie liegt einsam und ist klein.
Aber, kehrten sonst die Engel
Nicht in solchen Hütten ein?

Fußnoten

1 Vorleser des Königs von Preußen.

2 Ein Bach in einer romantischen Gegend bei Ellrich.

3 Damals Maître des Spectacles am Preußischen Hofe.

4 Ein Zug Soldaten.

5 Das gewöhnlichste Gespräch im Jahre 1772.

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TextGrid Repository (2012). Goeckingk, Leopold Friedrich Günther von. Gedichte. Episteln. Erster Teil. An Exter, in Zweibrücken. An Exter, in Zweibrücken. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-DF67-0