[42] Unmöglicher Besuch; an Amarant

Könnt' ich mich zum Raben machen:
Ueber Flüsse, Berg' und Thal
Flög' ich täglich zwanzigmal,
Rief' an deinem Fenster leise:
Ich bin da! mein Amarant!
Und von meiner schnellen Reise
Ruht' ich aus in deiner Hand.
Könnt' ich mich zum Rehe machen:
Durch die Saaten, durch den Wald
Lief' ich täglich, ach! wie bald!
Ueber deine Gartenhecken
Spräng' ich, hops! mit einem Sprung',
Und wie wollt' ich dann dich necken
Unter der Verwandelung!
[43]
Könnt' ich mich zum Karpfen machen:
Mit der Zorga flöß' ich dann
Täglich hin zu dir, o Mann!
Aus dem Wasser, spräng' am Ende
Meiner Fahrt ich hoch herauf,
Und mich fischten deine Hände
An dem Ufer glücklich auf.
Aber, wünsch' ich armes Mädchen
Noch so viel mich hin zu dir:
Dennoch bleib' ich immer hier.
Nicht drei Schritte kann ich gehen,
Daß nicht jeder fragt: Wohin?
Wohl nur, daß man nicht kann sehen,
Wo ich mit dem Geiste bin.

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TextGrid Repository (2012). Goeckingk, Leopold Friedrich Günther von. Gedichte. Lieder zweier Liebenden. Erstes Buch. Unmöglicher Besuch. Unmöglicher Besuch. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-E24B-D