[191] An den Storch vom Hause
Zu Heydau, während der französischen Einquartirung
1813.
Sage, was klapperst du denn auf deinem Neste, und rufest,
(Was du sonst nicht thatst,) Gattin und Kinder herbei?
Sind dir etwa so früh zu kalt die Nächte geworden,
Und du sehnest dich schon hin in das wärmere Land,
Wo der Bach das Eis, den Reif die Weyde nicht kennet,
Wo noch Niemand sah fallen die Flocken des Schnees?
[192]Wenn wir gern dich auch als Hausgenossen behielten,
Wenn die Köchin gleich, weil du vor Feuer das Haus
Schützest, mit manchem Hecht' verstohlen dich würde bewirthen,
Dennoch verdenk' ich dir nicht, daß du verlässest die Flur,
Die seit deiner Geburt dich jeden Sommer zurückzog,
Nun der Gallier hier leider! die Frösche dir stiehlt.
Tröste dich, Storch! mit mir; du siehest, er raubet mir alles;
Gold und Silber und Wein, Ruhe und Lebensgenuß.
»Was du hast, gib her, und was du nicht hast, das schaffe!«
Dieß ist, wenn er erwacht, Morgens sein höflichster Gruß.
Hätt' ich Flügel wie du, so flög' ich nach Albions Insel,
Die der Gallier nie, was er auch prahlet, erreicht
[193]Hätt' ich Kräfte wie sonst, der vorderste wäre mein Säbel,
Hoch in die Lüfte gezückt, niederzuhauen die Brut.
Ach! du ziehest davon, doch ich, ich Armer, muß bleiben. –
An dem Ufer des Nils hauset kein Gallier mehr,
Seines Gewehres Knall wird dich am Delta nicht schrecken,
Seine Knochen allein findest du modernd im Sumpf'.
Lebe denn wohl, o Storch! Ich wünsche dir glückliche Reise!
Aber warte! Noch Eins! Sieh! meine Enkelin winkt,
Bindet ihr Halsband los, und will am Fuße dich zeichnen,
Daß sie dich, kehrst du zurück, wieder erkenne daran.
[194]Sie, noch ohne Gespielin, allein, sie bittet dich freundlich,
Bring' ihr im Schnabel doch ja dann ein Schwesterchen mit.
Sollst dagegen, wie sonst, Herr seyn der Frösche. Entweder
Findest du mich nicht mehr, oder den Gallier nicht.
Aber ich hoff', o Storch! wir sehen uns wieder im Frühling',
Wer kann zweifeln am Sieg', kennet er Blücher, wie ich.