[152] Auf den Todesfall Sr. Durchl. des Prinzen Eugens von Savoyen
1736.
Die ihr Fortunens Sclaven seyd,
Und Buhler einer falschen Ehre,
Von deren Kriegesglück und strenger Grausamkeit
Ich ganze Länder klagen höre;
Ihr Stürmer von Bellonens Zucht,
Die ihr durch Blut und Leichen sucht,
In Famens Heiligthum die Fahnen aufzustecken;
Und sollte des Triumphes Pracht,
Die ganze Völker elend macht,
Das menschliche Geschlecht mit Schutt und Graus bedecken.
Auch ihr, o Helden rechter Art!
Die langsam nach dem Schwerte greifen,
In deren Thaten sich Verstand und Großmuth paart,
Wodurch sich Heil und Wohlfahrt häufen;
Ihr Söhne wahrer Tapferkeit,
Die sich der Menschenliebe weiht,
Und ihre Waffen nur zum Schutz der Unschuld brauchet;
Ihr, die ihr nie nach Ehre strebt,
Wenn euch kein wahrer Ruhm erhebt,
Der in dem Weihrauchsduft erhaltner Völker rauchet.
[153]Werft beyde Stahl und Lorbern hin,
Senkt Helm und Harnisch traurig nieder.
Eugen! Eugen ist todt! O lenkt den hohen Sinn
Nur dießmal auf der Musen Lieder.
Zwar wird ein donnerndes Metall
Und düsterer Trompeten Schall,
Bey seiner Gruft sehr stark in Ohr und Herzen dringen:
Doch hört auch unsern Jammerton,
Da wir um diesen Göttersohn,
Um dieses Helden Tod gerechte Klagen singen.
Eugen ist todt! Eugen, der Held!
O harte Post in tausend Ohren!
Europa steht bestürzt, es ächzt die halbe Welt!
Ach Deutschland! allzuviel verlohren!
Hier fällt dein Freund, dein fester Schild,
Der größten Feldherrn Musterbild,
Des Aberglaubens Feind, die Geißel der Tyrannen;
Der Barbarey und Thorheit Trutz,
Der Donau und des Rheines Schutz,
Das Schrecken Galliens, die Furcht der Ottomannen.
Eugen ist todt! des Reiches Freund,
Der Fürsten Preis, ein Schmuck der Prinzen,
Dein Augenmerk, o Wien, den jung und alt beweint,
Die Lust von Oesterreichs Provinzen.
Noch mehr, o Karl! dein treuster Rath,
Dein rechter Arm, auf dem der Staat,
So sicher, als die Welt auf ihren Achsen ruhte;
Der Vater deiner Kriegeszucht,
Der Musenkinder Eifersucht,
Und kurz, ein wahrer Held an Geist, Verstand und Muthe.
[154]Eugen ist todt! wo hör ich auf,
Wo fang ich an, sein Lob zu preisen?
Ihr Feinde! zeigt mir selbst des Prinzen Heldenlauf.
Durch Dampf und Glut, Metall und Eisen.
Führt mich getrost auf jedes Feld:
Wo jemals dieses Feldherrn Zelt,
Germanien zu gut, euch allen Trotz gebothen:
Da thut mir kund, was er gethan,
Da weist mir seine Siegesbahn,
Durch Gräben, Wälle, Schutt und Hügel warmer Todten.
Byzanz! du hasts zuerst gefühlt,
Was unsers Prinzen Arm vermochte.
Wie blutig ward dir nicht die Kriegsglut abgekühlt,
Als seine Faust in Ungarn fochte?
Wie wohl hat Leopold gewählt,
Der ihn den Führern zugezählt,
Die seines Adlers Blitz der Pforte bringen müssen!
Die ersten Proben zeigens schon:
Hier ficht und schlägt Alkmenens Sohn,
Der Hydren tödten kann, und Löwen oft zerrissen.
Gleich ändert sich der Waffen Lauf,
Auch Wälschland sieht schon Fahnen fliegen.
Eugen eilt plötzlich hin, und hält die Franzen auf,
Und stört den Catinat im Siegen.
Er dringt in Ludwigs sichres Land,
Da hemmt sein Schwert kein Widerstand,
Das halbe Delphinat, und Ambrun zu bezwingen.
Weh dir, Grenoble! weh Lion!
Doch nein! Savoyen zieht davon,
Und läßt aus Eigennutz die Absicht nicht gelingen.
[155]Zurück, o Held! ins Ungarland,
Da wird dein Ruhm zum Gipfel steigen;
Da dämpfe, tapfrer Arm! des Krieges ganzen Brand,
Und mache dir viel Lorbern eigen.
Das hättest du wohl nie geglaubt,
Mustapha, Stambols neues Haupt!
Was du bey Zenta selbst so schreckenvoll erfahren:
Trotz aller deiner Gegenwehr,
Bezwingt Eugen dein letztes Heer,
Und du entfleuchst bestürzt, mit den zerstreuten Schaaren.
Ja, raufe dir nur Bart und Haar,
Was hilft dirs bey dem bangen Flüchten?
Dein Zelt und Lager selbst stellt sich zur Beute dar,
Und zählt sich zu des Sieges Früchten.
Ganz Bosnien, Seraglio,
Und manches Schloß machts eben so;
Wo sich das Heldenschwert des jungen Feldherrn zeiget.
O Leopold! sey höchst vergnügt!
So viel, als hier Eugen ersiegt,
Ist schon der Ehre werth, daß auch dein Kriegsrath schweiget.
Man schleußt des Janus Tempel zu,
Der Roßschweif schämt sich mehr zu pralen;
Pannonien wird froh und Wälschland kömmt zur Ruh,
Nach so viel überstandnen Qualen.
Nun wird der Held am Geiste stark,
Durchdringt der Künste Kern und Mark,
Und liebt die Wissenschaft, und forschet in Geschichten.
Der Grajer alte Tapferkeit,
Der Römer Kriegserfahrenheit,
Die muß ihn Philipps Sohn und Cäsar unterrichten.
[156]Sehr wohl gethan! Seht! Mars entbrennt,
Ganz Deutschland steht in neuen Flammen:
Die Herrschsucht Ludewigs verwirrt den Occident,
Und hetzt die halbe Welt zusammen.
Iberien, dein Paradies
Ist hier das theure güldne Vließ,
Darnach theils Oesterreich, theils der von Anjou ringet.
Das Erbrecht schützt des Kaisers Sohn,
Nur List und Macht bestimmt den Thron
Dem Prinzen von Bourbon, dem jeder Streich gelinget.
Die Trummel schallt, der Streit hebt an,
In Wälschland und am Rhein zu rasen:
Der stolze Ludwig thut, was er nur weis und kann,
Die Flammen stärker anzublasen.
Der Mayn erschrickt, die Mosel zagt,
Der Po wird matt, der Tagus klagt,
Das beste Recht giebt nach, wo Trug und Wuth sich paaren.
Halb Deutschland ist in Feindes Hand:
O weh! dergleichen harten Stand
Hast du, Germanien! vorzeiten nie erfahren.
Ganz Würtemberg ist schon verheert,
Ganz Schwaben ist ein Raub der Feinde;
Selbst Bäyern hat das Schwert auf Deutschlands Brust gekehrt:
Wen hast du, mattes Reich! zum Freunde?
Ach bringet doch die Post davon
Der Herrscherinn in Albion:
Ihr Leopard vermag dem Adler beyzuspringen.
Du Marlborough, und du Eugen,
Ihr sollt der Wuth entgegen gehn,
Und allen Uebermuth des schnellen Siegers zwingen.
[157]Wie sonst bey schwüler Sommerluft
Die feuchten Dünste sich verbinden,
Und durch das trübe Naß den lauen Schwefelduft,
Und des Salpeters Dampf entzünden;
Der Wolken Pech versteckt den Tag,
Es brüllt manch lauter Donnerschlag,
Zwey schwere Wetter ziehn von Ost und West zusammen;
Der Stürme Brausen bläst zur Schlacht
Und Blitz auf Blitz durchkreuzt die Nacht
Der feuchten Finsterniß mit fürchterlichen Flammen;
Olympus kracht, der Atlas bebt,
Von wiederhohlten Donnerstreichen,
Der Felsen Last versinkt, wenn sich manch Thal erhebt,
Der Erdkreis selber scheint zu weichen:
So giengs gewiß zu jener Zeit,
Als dieser Helden Tapferkeit,
O Höchstädt! neben dir, auf Tallards Fahnen blitzte;
Als der gereizten Heere Wuth,
Durch Erzt und Pulver, Stahl und Glut,
Nur Schrecken, Graus und Tod auf Frankreichs Schaaren spritzte.
Ich seh, ich seh den Feind erschreckt,
Die rothe Wahlstadt voller Leichen;
Ich seh dich, Held Eugen, den Schweiß und Blut bedeckt,
Durch die getrennten Glieder streichen:
Du winkst, gebeutst und feuerst an,
Dein Wort belebet Roß und Mann,
Die Stralen deines Blicks sind lauter Feuerpfeile.
[158]So wird in dieses Feldherrn Faust,
Um die so manche Kugel saust,
Ein Stab, o Ludwig! dir zum stärksten Donnerkeile.
Ich seh dein Heer, verwirrt und matt,
Geschwächt, verzagt die Flucht ergreifen;
Ich seh der Deutschen Schwert, das Lust zu metzeln hat,
Den Schellenberg mit Körpern häufen.
Triumph! Eugen und Marlborough!
O Paar, das nie ein Gegner schlug,
Du schlägst hier auf einmal des ganzen Frankreichs Waffen;
Und schützest Deutschlands Monarchie,
Die der Tyrann, doch allzu früh,
So thöricht war sein Stolz, bereit war abzuschaffen.
Ich seh! Doch wie? Seh ich auch recht?
Ist nicht sein Feldherr selbst in Banden?
Er ists! ein mindrer Sieg wär uns allhier zu schlecht,
Und wäre Mavors selbst vorhanden.
O Tallard! lern in dieser Schlacht
Die Löwenstärke deutscher Macht,
Die strenge Munterkeit der brittischen Schwadronen;
Und lehre deinen Pyrrhus nun,
Hinfort auf seinem Throne ruhn,
Und seiner Nachbarn Heil, so wie sein Volk, zu schonen.
Wohin von neuem? Nach Turin?
O Prinz, mußt du denn ewig kriegen?
Dein Stahl wird niemals stumpf, kann stets zu Felde ziehn,
Und wo er schlägt, da muß er siegen.
Der steilen Alpen ewig Eis
Vergrößert deines Zuges Preis,
Die Felsen scheinen sich auf deinen Wink zu bücken:
Wo überstieg doch Hannibal,
[159]Mit solchen Lasten von Metall,
Von Eisen, Erzt und Bley, der Berge grauen Rücken.
So wie sonst Jupiters Geschoß
Dem Adler in den Klauen wettert,
Und wenn sein Keil entfährt, auch Mauren, Thurm und Schloß,
Wie jener Riesen Brut, zerschmettert:
Es fährt der Blitze lichter Stral,
Mit Knall und Schlag in großer Zahl,
Und streicht die Gipfel kaum von Apenninus Spitzen:
So gieng des deutschen Adlers Flug,
So ließ Eugen den Wunderzug,
Durch kalte Wolken gehn, auf hohen Bergen blitzen.
Es sieht ihn Wälschland ganz bestürzt,
Von nie erstiegnen Alpen steigen!
Hat ihm Minervens Roß den langen Weg verkürzt?
Und sind ihm Dädals Flügel eigen?
Fleuch Frankreich! fleuch! hier waffnet schon
Ein unerschrockner Himmelssohn
Centauren neuer Art, und droht dir das Verderben.
O! jauchze, zagendes Turin!
Du bist entsetzt! die Feinde fliehn!
Und was sich widersetzt, das muß unfehlbar sterben.
Wo bin ich? Muß nicht schon der Held
In Brabants Auen Lorbern pflanzen?
Ja ja, hier ficht sein Heer; hier sieht man Ryssels Feld,
Und Wall und Graben eng umschanzen.
Er stürmt, und siegt, und Ryssel weicht!
Ihr Feinde! der Entsatz ist leicht,
Man weis, daß eure Macht in nahen Zelten lieget.
Kommt, helft auch Dornick widerstehn!
Umsonst! man sieht, daß Prinz Eugen
Boufleurs und Villars Heer bey Malplaquet besieget.
[160]Geht pralt nun eurem Ludwig vor,
Der Sieg sey euch, nicht uns gelungen:
Der eitle König zagt, verstopft sein blödes Ohr,
Und weis und fühlt sich selbst bezwungen.
Wer hemmt nun die verbundne Macht,
Die gleich nach der befochtnen Schlacht
Das feste Mons bezwang, so sehr es widerstanden?
Komm, tapfres Paar, nebst Berwicks List,
Und rette doch, so keck du bist,
Douay, die beste Burg von allen Niederlanden.
Vergebens! denn Eugen ist da,
Das Schrecken feindlicher Schwadronen;
Der dir so furchtbar ist, als vormals Africa,
Das strenge Paar der Scipionen.
Ach! hätte Kaisers Josephs Tod
Der Eintracht nicht den Fall gedroht,
Die das verbundne Heer so kühn und freudig machte:
Was gilts! daß unsers Helden Schwert
Paris nicht minder umgekehrt,
Als dort Karthagens Pracht von Rächerflammen krachte.
Doch Prinz! dein eifriger Verstand
Weis Oesterreich auch hier zu nützen:
Du gehst für deinen Karl auch in der Britten Land,
Das große Bündniß noch zu stützen.
Nur Annens Schluß ist schon gefaßt:
Sie scheut des fernern Krieges Last,
Der Bataver wird matt, und Frankreich sucht den Frieden:
Auch Deutschland seufzet nach der Ruh,
Und winkt schon unserm Helden zu,
Und rufft: O wär er uns durch seine Hand beschieden.
[161]Eugen ist hier nicht minder groß,
Er pflanzt so Palm- als Lorberreiser;
Versetzt Germanien dem Frieden in den Schooß,
Und sorgt auch so für seinen Kaiser.
Kein Eigennutz befleckt den Ruhm;
Der Held verlangt kein Fürstenthum,
So sehr er auch verdient, was andre hier erbeuten.
Wenn Deutschland, Karl und Recht nur siegt,
So ist schon unser Prinz vergnügt;
Und dennoch stets bereit, auch unbelohnt zu streiten.
Er thuts! denn Achmet ist erwacht,
Und dräuet Wien mit Stahl und Flammen:
Sein weitgestrecktes Reich vereinigt alle Macht,
Und treibt ein gräßlich Heer zusammen.
Pannonien ist kummervoll,
Ganz Oesterreich und Deutschland soll
Des tollen Großveziers und Stambols Fessel küssen.
Doch seht! Sein Trotz wird bald gedämpft,
Eugen hat ihn wohl ehr bekämpft,
Und dieses Bluthunds Faust schon manches Land entrissen.
Was dachtest du, beschnittne Schaar!
Als dich manch Treffen so erhitzte;
Als dir bey Temeswar Eugen so schrecklich war,
Bey Belgrad so entsetzlich blitzte?
Wer ist der Held, der uns zerstreut?
Ists nicht ein Sohn der Tapferkeit!
Wo nicht, so ists der Geist von Scanderbeg, dem Alten.
Es ist dein Schutzgeist, Oesterreich!
Denn seine Faust thut keinen Streich,
Von dem nicht Küras, Helm und Mann und Roß zerspalten.
[162]Du irrtest sehr, besiegtes Heer!
Eugen hat alles übertroffen:
Dort that ein starker Arm die ganze Gegenwehr;
Hier läßt der Geist was größers hoffen.
Eugen ist auch an Weisheit groß,
Er ließ sich, auf der Pallas Schooß,
Der Musen reine Kost bey Schild und Lanze nähren.
Er liebt die Künste, wie den Stahl,
Sein Harnisch und sein Büchersaal
Wird einst der späten Welt manch Wunderding gewähren.
So recht! o Held! dieß ziert den Lauf
Der völlig unbesiegten Waffen.
Häng endlich Helm und Schwert der Friedensgöttinn auf,
Dir noch im Alter Ruh zu schaffen.
Die Menschlichkeit bewohnt dein Herz,
Du fühlst auch der Bedrängten Schmerz,
Und dein gerechter Arm ist auch der Laster Schrecken:
Die Bosheit flieht dich, wie der Feind,
Und wo die Unschuld trostlos weint,
Da weis dein sichrer Schild ihr mattes Haupt zu decken.
Schämt euch, ihr Krieger strenger Art!
Was soll das Wüthen, Brennen, Morden?
Wo keine Sanftmuth sich mit tapfern Fäusten paart,
So gleicht ihr wilden Tartarhorden.
Weg, zwölfter Karl! obgleich dein Schritt
Auf tausend kalte Feinde tritt:
Hat doch die Siegsbegier die Bürger auch erdrücket!
Wer nicht das Heil der Völker liebt,
Und wie Eugen, Erbarmung übt,
Dem hat die Barbarey den tollen Stahl gezücket.
[163]Ihr strengen Richter deutscher Kunst!
Sprecht nicht, daß ich sie hier versäumet,
Und dieses Heldenlied, nicht durch der Musen Gunst,
Nur den Geschichten nach gereimet.
Wer sich ein mäßig Lob erwählt,
Daran ihm Stoff und Größe fehlt,
Den lehrt Kalliope die Bilder künstlich dichten.
Eugen war an sich selber groß:
Drum hieß mich meine Klio bloß
Ohn allen Fabelputz sein hohes Lob verrichten.
O Vorsicht! deren weise Hand
Uns diesen Helden selbst geschenket,
Der noch zuletzt am Rhein der Franzen Mord und Brand
Mit seltner Klugheit eingeschränket:
Du selbst erhöhst sein fürstlich Haupt,
Und hast ihn nur der Welt geraubt,
Ihn mehr, als sie vermag, dort ewig zu belohnen.
Vergilt ihm jeden Tropfen Bluts,
Und laß den Geist des Heldenmuths
Hinfort mit gleicher Kraft in Deutschlands Feldherrn wohnen.