Bey Erblickung einer schönen Person
Welche schöne Schäferin,
Die auf dieser Morgeninsel
Wie die reinste Sonne strahlt?
Keuschheit, Unschuld, Sittsamkeit
Folgen ihren muntern Schritten
Mit verschrenkten Armen nach,
Und verschönern ihre Schönheit,
Die Auroren neidisch macht.
Über ihrem Scheitel gauckelt,
Ein in sie verliebter Schwarm
Buhlerischer Morgenlüfte,
Die mit feuchten Fittichen
In dem Sonnenstrale funkeln,
Und ihr Tropfen hellen Thaus
Auf den weissen Busen sprützen,
Wo der Überfluß sich bläht.
Vor ihr hüpft die Frölichkeit
In dem weissen Sommer-Kleidgen,
Und die Schertze, nebst den Spielen,
Die, gleich kleinen Engelchen,
Aus den angefüllten Schürtzgen
Mit den kleinen Götterhänden
Rosen, Veilgen, Lilgen holen,
Und die Schöne, und den Pfad,
Wo die Schöne geht, bestreuen.
Himmel! nun erkenn ich sie!
Himmel! ja es ist Aglaja!
[39]O mit welcher Lieblichkeit!
Trägt sie auf den weichen Armen,
Nächst dem Herzen, an der Brust,
Ihre holde Augenweide
Das geliebte junge Lamm,
Und beglücket es mit Küssen,
Die der Himmel selbst sich wünscht!
O mit welcher Majestät!
Wallt sie nach dem Myrthenwäldgen,
Wo ihr liebster Athamas,
Voll Begierden auf sie wartet;
Cypria war minder schön,
Wenn sie mit den keuschen Nymphen
Und den nackten Gratien
Unterm hellen Abendsterne
Von Siciliens Gebürge,
In die stillen Thäler stieg.