[386] 28. Leidens-Entschliessung
So sey es halt! ich will das Vnglück auf mich nehmen /
das schwere Creutz / aufmeiner Schultern schwachen Berg /
wie Atlas thät' / ertragend mich dazu bequemen.
Der Höchste weiß / das Menschen-Krafft ist wie ein Zwerg /
ob schon der Will dem vorgedachten Riesen gleicht.
Der fliegend Lust / Gott inniglich bedienen will
nach Reigers-Art / durch alls Gewülk zur Klarheit streichet.
Der schwere Leib / hat tausend Hindernus zum Ziel:
der Will' ist Feur / flammt Himmel-an und alls verzehret.
Die Krafft / ein Rauch / im Vnglücks Wind verschwindt geschwind:
es sey dann daß sie Christus Wunden-Safft ernehret /
und daß man Stärk' in Kennung eigner Schwachheit find.
Offt will mein Geist / mit Milo / einen Ochsen tragen /
der Hydra Köpff' all' unermüdet hauen ab:
bald ist er ganz vor Schmerz und Angst in mir erschlagen /
[387]daß ich an ihm ein feigen Sardanapel hab.
Ach Gott! ach wer den steiffen Muht stets währhafft heget'
in Noht und Spott / in Krankheit / Vnlust / Schmerzen-Pein!
den nichts auf Erd / was man auch nennen kan / beweget' /
in ihm selbst könnt' in Vnglücks-Würbel standhafft seyn!
denkstu / mein Geist! wer kan doch da beständig leben /
wo Vnbestand den Herrschung-Zügel leitt und führt?
ach warum nicht? schau / ob die Wankel-Wellen heben
die Fels im Meer? nein! ihrer keiner wird gerührt.
Der Diamant / das Bild der stät-Beständigkeiten /
wird in der See / des Gegentheils Beweiß / erzeugt.
Der Perlen-Schneck / verschliest sich fäst zu allen Zeiten
im sauren Reich / bis sich ein Himmel-Thau herneigt.
Machs auch also / sey Herzfäst in den Vnglücks-Läuffen /
und Demant-hart / will man dir stören deine Ruh.
Laß Gottes Wort und süsse Gnaden in dich treuffen.
Der Gierden-Sitz / das Herz / schließ' durch Entschliessung zu:
[388]daß nicht hinein die Erden-Bitterkeiten rinnen.
die köstlich Ruh' / ist dann dein Perlen-Zier und Pracht:
die wirstu durch so kluges Kunst-Beginnen gwinnen.
HERR / gibe du zum Willen Krafft und Würckungs Macht.