[290] 14. Anderer Theil: Demütige Dienst-Aufopfferung in Wohlfart. Gesetzt: Ich wäre Glückseelig!
1.
Ists aber / lieber Gott / dein Will /
(das doch auf mich wär viel zu viel / )
daß ich auch hier soll Glücklich seyn /
und niessen deiner Freuden schein:
2.
So sey dir Lob / Preiß / Dank und Ehr.
in meinem Glück freut mich nichts mehr /
als daß ich dir / Herr / danken kan /
dich loben laut vor jederman.
3.
In Hoheit ich um Demuht bitt:
daß ich nit aus den Schranken tritt'.
in grossen Reichtum / sey mein Muht
gericht auf dich das höchste Gut.
4.
Je höher meine Freud auch steigt /
je höher werd ich dir geneigt:
[291]betrachtend / daß von dir sie fliest.
was würd erst seyn / wer dich geniest?
5.
Du schickest mir zwar manche Lust /
und grosses an mir armen thust:
mein Herz doch nicht vergnüget ist /
als nur mit dir / Herr Jesu Christ!
6.
Verstand verstehe / daß dein Raht
mein Wohlfart mir bereitet hat /
nicht mein / noch andrer Klugheit Kunst:
es hebet mich nur deine Gunst.
7.
Gleich wie das Creutz / so auch das Glück /
sind bey de deiner Hand geschick.
Nicht mein Verdienst / nur deine Gnad
setzt mich in hohen Ehren-Grad.
8.
Gedächtnus! denk verwichner Zeit /
und übe dich in Dankbarkeit.
Vergiß der Elenden hier nicht:
dein Glück dich andern auch verpflicht.
9.
Das Glück / vermehr die Liebes-Flamm /
es schlage Lieb' und Lust zusamm.
[292]Das Glücke selbst / halt nicht so wehrt /
als diesen / der es dir beschert.
10.
Die Liebe bleib' auch ohne Glück
beständig / wann sich das Geschick
verändert / sey sie solch ein Glut /
die brennet in der Trübsal Flut.
11.
Ich wolt / ich hätt Vernunfft und Geist /
und würdest du dadurch gepreist.
Ich wünsch kein' Ehr / als die allein /
daß ich dein Werkzeug möge seyn.
12.
Mein Aug / schau deiner Wunder Pracht /
und alles was dein Hand gemacht.
Mein Glaubens-Aug / auch sey gericht
in deiner Gnaden Angesicht.
13.
Mich mahn / der süssen Seiten-Klang /
an deiner Engel Lobgesang.
Gib / daß man höre überall /
wie hell dein Lob von mir erschall.
[293] 14.
Dein Wille / sey mir Honig-suß /
aus dem ich alle Lust genieß.
Das Man und Ambrosie mich labt /
wann ich mit Geistes-Oel begabt.
15.
Neigstu zu mir dich Gnaden-voll /
ach Gott wie thut es mir so wohl!
nichts lieber / als dein Güt / ich riech /
wann ich sie glaubend' an mich zieh.
16.
Wann ich im Schoß des Glückes schweb /
in voller Freud und Wollust leb:
will ich sie doch mit Tausend-Lust
verlassen / wann du schaffen thust.