[356] 42. Göttlicher Gnade Betrachtung / in der Blühe
1.
Mitten in der schönen Blüh /
sitz' ich voller Freuden hie /
voller Freud' ob Gottes Güte /
die den Sinnen und Gemüte
ihre Wunderwerk vorstellt.
Weiß nicht / wo ich mich hinwende /
wo Anfange oder Ende:
alles mir so wol gefällt /
daß / aus Uberfluß des Willen /
sich die Wörterqvellen stillen.
2.
Zwar ist dessen Ursach leicht /
weil der Geist im Himmel streicht
ganz verzuckt ins Engel-Wesen /
daß ihm traumend macht genesen /
zieht nach sich der Sinnen Krafft.
Also kan er nichts vorbringen /
weil er mit viel höhern Dingen /
als die Zeitlichkeit / behafft:
wie der Reiger in dem fliegen /
läst er alles Nidre ligen.
[357] 3.
Wie der treue Storch die Speiß /
die er kriegt auf seiner Reiß /
durch den langen Kragen windet /
daß in dieser Speiß-Arch findet
ihre Nahrung sein Geschlecht:
also pflegt mein Geist in gleichen
seine Beut zu überreichen
meinen Reimen / die mit Recht
seine Kinder und Nachkommen /
wann er dieser Welt entnommen.
4.
Gottes ausgefallne Güt /
tausend mahl viel schöner blüht /
als der weisse Weichsel-Garten.
Ach ich will auch noch erwarten /
mit der Gott-beliebten Zeit /
Herzergetzungs-frische Früchte /
gebend Himmlisch Lobgerüchte
Gott in Zeit und Ewigkeit.
Daß in Gott versenkt Verlangen /
ist bereit in Würckung gangen.