[Dass ihr an Gott nicht glaubt]

Dass ihr an Gott nicht glaubt,
Sei euch etwa erlaubt,
Gott ist überall Er,
Stellt sich von selbst wieder her.
[260]
Daß euch die Sitten ein Spiel,
Kümmert mich wieder nicht viel;
Sitten sind eben Gebrauch,
Leichtere reichen wohl auch.
Aber was fehlt und was schlecht,
Ist das Gefühl für das Recht:
Daß euch der Nutzen, das Mein,
Gott und Götze allein,
Daß der Vertrag euch ein Spiel,
Nichts als ein Mittel zum Ziel,
Das, wenn den Zweck ihr erreicht,
Eben auch brecht wieder leicht,
Daß, wenn der Nachbar in Not,
Frech ihr das Unglück bedroht,
Was jeder mein oder glaub,
Jeder begierig zum Raub.
Und eurem Könige feind,
Wo er es ehrlich meint,
Schnell mit ihm ihr versöhnt,
Wenn er das Recht verhöhnt,
Und ob von rechts oder links,
Jeder begierig des Winks,
Andern zu schmieden die Last,
Die ihm zu Hause verhaßt.
Andere Länder zwar auch
Hegen den nämlichen Brauch,
Doch nur, was heißt Kabinett,
Dort solche Wege geht.
Tuns den Erfindern wohl gleich,
Lerntens eben von euch,
Politik heißt der Pfiff,
Auch: fünf Finger, ein Griff.
[261]
Während, was Volk man nennt,
Mitleid und Anteil kennt,
Auch bei den andern ehrt,
Was seinem Herzen wert.
...

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TextGrid Repository (2012). Grillparzer, Franz. Gedichte. Gedichte. [Dass ihr an Gott nicht glaubt]. [Dass ihr an Gott nicht glaubt]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-F198-6