[2] Anhang.

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1. Der Arme und Reiche

[2] 1. Der Arme und Reiche.

(Aus der Schwalmgegend.) Uralte Sage von Philemon und Baucis (Ovid. met. VIII. 617. s. Voß Anmerkung zu seiner Idylle XVIII. der noch andere anführt), lebendig und christlich fortdauernd; vgl. die Anmerkung zu I. 81. Eine merkwürdige hierher gehörige Stelle bei Reinmar von Zweter II. 145. »unde het ich dreier wunsche gewalt.« Die misrathenen Wünsche des Reichen werden auch ohne diesen Zusammenhang erzählt, (von der Beaumont nach ihrer Art verändert). Stricker hat auch dies Märchen behandelt, wovon Docen das Manuscript besitzt; ganz gemeiner Art ist das altfranz. Fabliau von den quatre souhaits de S. Martin (Meon IV. 386.). Bei Hebel im Schatzkästlein (S. 117.) so gut sonst die Darstellung, ist in der Sage selbst schon vieles ausgefallen. Ueber die drei Wünsche vgl. der Jud im Dorn Nr. 24. und die weiße und schwarze Braut Nr. 49.

Im Ganzen ist auch hier der in den Märchen so oft wiederkommende Satz, daß der Böse, Geitzige und Häßliche das dem Guten, Schuldlosen und Reinen zu Theil gewordene Glück plump und zu seinem Verderben erbittet. – Die Götter und Heiligen reisen in der Welt und prüfen das Menschengeschlecht. Odyssea XVII. 485 und Altd. Wälder 2. S. 25. Note 60. Dem eddischen Lied von Rigr liegt die nämliche Idee zu Grund; der Gegensatz und dieselbe Folge unseres Märchens einer Chinesischen Sage von Foh, der zu einer armen, frommen und zu einer geizigen bösen Frau pilgert. Jene begabt er frühmorgens beim Abschied damit, daß ihr erstes Beginnen an dem Tage nicht aufhören solle, bis die Sonne sinke. Sie dachte nicht dran und ging an ihr [3] Leinwand, das rollte sich auf bis zu Abend und erfüllte die ganze Stube mit Reichthum. Die andere böse Frau verscherzt dieselbe Gabe damit, daß sie im Vorübergehen ihrem grunzenden Schwein in Gedanken an ihr Glück Wasser vorgibt, nun muss sie den ganzen Tag in einem Wasser tragen, daß ihr Haus überschwemmt wird und die ganze Gegend. (s. unten Nr. 17. das Märchen vom Brei). In Naubert Volksmärchen I. 201 – 209. wird eine ähnliche Geschichte auch schön ausgeführt und dem segenreichen Leinwandmessen ein unseliger Spinnenwebwachsthum entgegenstellt.

2. Das singende, springende Löweneckerchen

2. Das singende, springende Löweneckerchen.

(Aus Hessen.) Für sich bestehend und eigenthümlich schön und doch mannigfach mit andern verwandt. Wegen des Eingangs mit dem Sommer- und Wintergarten (I. 68.) vgl. die dortigen Anmerkungen. Nach einer anderen Erzählung bittet sich die jüngste aus, was dem Vater zuerst begegnet, das sind drei Lilien; wie er sie abbricht, springt ein Drache hervor, dem er das Mädchen dafür versprechen muß. Noch näher kommt unten Nr. 41. der Eisenofen (s. die Anmerkung dazu) und Prinz Schwan I. 59., nur sind dieGestirne hier bedeutender und reden in alten Formen und Sprüchen. Ihre Thätigkeit und Mitgefühl erscheint auch in der Erzählung von der Eva in der Weltchronik (Cass. Hdschr. Fol. 21 a). Sie bittet Sonne und Sterne, wenn sie zum Orient kommen, dem Adam ihre Noth zu sagen und sie vollbringen es auch. Mit dem Märchen von Amor (demLöwen–Reuter) und Psyche stimmt dieses auch darin, daß Licht das Unglück bringt und die überall entfesselnde Nacht den Zauber jedesmal löst. In der Braunschweig. Sammlung hat das Märchen »vom singenden, klingenden Bäumchen,« das gleichfalls ein Löwe bewacht, einigen Zusammenhang. Löweneckerchen ist das Westph. Lauberken, nieders. Le verken, altholl. Leeuwercke, Leewerick, Lewerk, Lerk, Lerche.

[4] Die Federn und die Blutstropfen, die fallen, erinnern an den Volksglauben von den Feder-Nelken, deren eine Gattung im Herzen einen dunkeln Purpurflecken hat: das, sagt man, sey einTropfen Blut, welchen der Heiland vom Kreuz habe hineinfallen lassen. Ferner: die Federn sollten den Weg weisen, der Blutstropfen wohl die Gedanken an den Verzauberten stets erhalten, der gleichsam abwesend war, und so führt es zu der Sage von den Blutstropfen, über welche Parcifal nachsinnt und die ihm seine Frau ins Gedächtniß rufen. S. altd. Wälder I.

3. Das Gänsmädchen

3. Das Gänsmädchen.

(Aus Zwehrn) Dies schöne Märchen stellt die Hoheit der selbst in Knechts–Gestalt aufrecht stehenden königlichen Geburt mit desto tiefern Zügen vor, je einfacher sie sind. Was ihr die Mutter zum Schutz mitgab (aus den Blutstropfen sprechen auch sonst noch Stimmen s. der liebste Roland I. 56. Vgl. auch Cl. Brentano's Gründung Prags. S. 106. und Anmerk. 45.) hat sie unschuldig verloren und der gezwungene Eid drückt sie nieder, aber noch weiß sie wind–bannende Zaubersprüche und mit stolz–demüthigen Gedanken wird sie jeden Morgen unter dem finstern Thor durch das Gespräch mit dem auch im Tod treu bleibenden Pferde erfüllt! Redende, kluge Rosse kommen sonst noch vor (vgl. Ferenand getrü Nr. 40.) in dem abgehauenen Kopf (wie in Mimir's) wohnt die Sprache fort. Es ist merkwürdig, daß die alten Norden von geopferten Pferden die Häupter aufzustecken pflegten, womit man den Feinden schaden zu können glaubte (Saxo Gramm. L.V.p. 75. Vgl. Suhms Fabelzeit. I. 317.); wie man Menschenköpfe auf Zinnen steckte. Ein Todtenkopf der singt, in der Eyrbiggia Sage 219. Ausgebreitet ist der Zug von den goldenen und silbernen Haaren der Schönheit und ein Zeichen königlicher Abkunft (vgl. Nr. 28.), so auch das Kämmen derselben, wie sich die Sonne gleichsam beim Scheinen strählt. Die unglücklichen Königstöchter kämmen und spinnen eben so häufig, als sie Vieh hüten.

[5] Bei einer eigentlichen Erörterung des kerlingischen Mythus von Berta, Pipins verlobter Gemahlin, die durch ihre Dienerin verdrängt wird, und in der Mühle spinnt und webt, würde sich ausführen lassen, daß unser, dem Hauptinhalt nach sichtbar damit zusammenkommendes Märchen, doch noch alterthümlicher, schöner und einfacher ist. – In den Reimen ist etwas abgebrochenes, in gangest statt gehest, ganz das nord. ganga (wie hangest statt häbest); sichschnatzen von Haaren heißt flechten, (zur nord. Form snua, wenden, winden, schnüren) Schnatz, das geflochtene Haar; die Braut geht im Schnatz zur Kirche (s. in Estor's teutscher Rechtsgelabrth. von Hofmann III. das oberheß. Wörterbuch). Sich aufsetzen und Aufsatz wird gleichfalls vom Schmücken und Ordnen des Haars gesagt. Räthsel gebrauchte die Erzählerin weiblich, wie das frühere Rätersch bekanntlich auch vorkommt. Kürdchen kann aus Conrädchen zusammengezogen seyn, aber auch an Hirt, Chorter, Horder erinnern. Besonders merkwürdig ist der Name Falada (die mittlere Sylbe kurz), weil Rolands Pferd Valentich, Falerich, Velentin heißet und daraus fast ein äußerlicher Zusammenhang mit dem kerlingischen Mythus scheint.

Ein Hauptgegenstück liefert endlich das eigenthümliche, bald schwächere, bald schönere Märchenle doje pizzelle Pentamerone IV. 7. wo namentlich das Kämmen mehr eingeleitet ist; der rechten Braut fallen Perlen und Gestein, der falschen Ungeziefer aus den Haaren (vgl. auch Straparola III. 3.). Kürdchen fehlt oder vielmehr ist es ein Bruder der Braut, aber die Gänse (papare) singen einen Reim, Abends unter des Königs Fenster und offenbaren die verborgene (vgl. Nr. 49.). Auch im Erdmänneken Nr. 5, wird die Erzählung an den Ofen gerichtet.

4. Der junge Riese

4. Der junge Riese.

(Aus der Leinegegend.) Dies und die zunächst folgenden Märchen stehen zusammen, weil sich in ihnen merkwürdige Hinweisungen auf die alte Heldensage[6] erhalten haben. – Der junge Riese hier ist mit Siegfried verwandt, dessen gewaltige Riesen–Natur in seiner Jugend und überhaupt in seinem Leben die Gedichte ähnlich beschreiben. Er fängt die Löwen, bindet sie an den Schwänzen zusammen und hängt sie über die Mauer (Rosengr. 3. Siegfr. Lied. 33.). Deutlicher ist sein Arbeiten beim Schmied, dem er hier eben so ungefüg zuschlägt (Lied 5.) und der wie Reigen goldgierig ist und aus Geiz alles allein besitzen will; ferner, die Hinterlist des gleichfalls habsüchtigen Amtmanns, der ihn los seyn will, welche jener des Reigen entspricht, so wie die gefährliche verwünschte Mühle dem Drachen–Nest, wohin er, der den Schrecken nicht kennt (was die nord. Sage recht hervorhebt, denn Brunhild hatte gelobt keinem andern sich zu vermählen als einem ganz unerschrockenen s. Sigurdrifa's Lied) furchtlos geht und siegreich zurückkommt. Der Riese erscheint ganz in den Sitten, welche die alten Gedichte beschreiben: eine Eisenstange ist sein Waffen und er versucht die Kraft am Ausreißen der Bäume (vgl. Anmerk. zu den altdän. Liedern S. 493). Das unschädliche Herabwerfen der Mühlsteine erinnert lebhaft an Thors Abentheuer mit Skrimnir (Dämis. 38.), wie diese wieder an die Böhmische vom Riesen Scharmack. Die Erziehung bei Riesen ist gleichfalls ein alter bedeutender Umstand; bei diesen oder bei kunstreichen Zwergen wurden die Helden in die Lehre gethan, wie Sigurd bei Reigin und Widga (Wittich) in der Wilk. S., ebenso daß der Riese den jungen selber säugt, was auch in Nr. 6. vorkommt.Siegfried und der Eulenspiegel berühren und nähern sich einander, welches unser Märchen vollkommen zur Gewißheit erhebt, und man darf den jungen Helden darin so gut einen edleren Riesen–Eulenspiegel als einen spaßhafteren gehörnten Siegfried nennen (ähnliche Helden sind Simson und Morolf und vor allen Gargantua nach den echten Volkssagen von ihm. Mémoires de l' acad. celtique V. 392) Beide Eulenspiegel und Siegfried wandern in die Welt aus, nehmen Dienste und mißhandeln in ihrem Uebermuth die bloß menschlichen Handwerker; namentlich ist wichtig, daß Eulenspiegel dem [7] Schmied sein Geräth verdirbt und als Küchenknecht bei den Braten gestellt wird, den er abißt, wie Sigurd das Drachenherz, das er dem Reigen braten soll; er geht auf den Harz, fängt Wölfe, um die Leute damit zu schrecken, wie Siegfried den Bären (Nibel. 3800 ff.). Schon in der Sprache ist der Diener ein Schalk und der Hofdiener fällt mit dem Hofnarren zusammen. Soini, der finnische Rieseneulenspiegel hieß gerade auch Kalkki (Diener). Drei Nächte alt, trat er sein Windelband auf und man sah, daß ihm nicht zu trauen war, also wurde er ausgeboten. Ein Schmied nahm ihn in seinen Dienst, dem sollte er sein Kind hüten, aber er griff dem Kind die Augen aus, tödtete es nachher und verbrannte die Wiege. Drauf setzte ihn der Schmied über einen Zaun, den er flechten sollte, da holte er Fichten im Wald und flocht sie mit Schlangen zusammen; nun mußte er Vieh weiden, die Hausfrau aus Rache backte ihm einen Stein ins Brot, so daß er sich sein Messer stumpfte; erzürnt rief er Bären und Wölfe, daß sie die Heerde fräßen, aus den Kühbeinen und Ochsenhörnern aber machte er sich Blashörner und trieb die Wölfe und Bären statt der andern Heerde heim.

Der nordische Grettir, als er Gänse und Rosse hüten soll, spielt ähnliche Streiche (bernsku–braugd, Kinderstreiche). Das Heldenmäßige bricht in der Jugendroheit und Nichtachtung des gewöhnlichen Menschentreibens hervor, wie auch Florens im Octavian dem Clemens die Ochsen verschleudert.

Eine andere Erzählung aus Hessen ist viel unvollständiger, hat aber ihr eigenes. Kürdchen Bingeling hat an seiner Mutter Brust sieben Jahre getrunken, davon er so gewaltig groß geworden und so viel hat essen können, daß er nicht zu ersättigen ist; alle Menschen aber hat er gequält und genarrt. Nun versammelt sich die ganze Gemeinde, will ihn fangen und tödten, er aber merkts, setzt sich unter das Thor und sperrt den Weg, (gerade wie Gargantua den Berg Gargant nicht weit von Nantes schafft), so daß ohne Hacken und Schippen, kein Mensch durchkam und er ruhig weiter geht. Nun ist er in einem andern Dorf, aber noch derselbe Schlingel und da [8] macht sich wieder die ganze Gemeinde auf, ihn zu greifen, er aber, weil kein Thor da ist, das er verrammeln kann, springt in einen Brunnen. Nun stellt sich die Gemeinde herum und rathschlagt, sie beschließen endlich ihm einen Mühlstein auf den Kopf zu werfen. Mit großer Mühe wird einer herbeigeholt und hinabgerollt, wie sie meinen, er wär todt, kommt auf einmal der Kopf aus dem Brunnen, den hat er durch das Loch des Steins gesteckt, so daß dieser ihm auf den Schultern hängt, wobei er ruft: »ach! was hab ich einen schönen Düten–Kragen!« Wie sie das sehen, rathschlagen sie von neuem, und schicken dann hin und lassen ihre große Klocke aus dem Kirchthurm holen, und werfen sie auf ihn hinab, die sollt ihn gewiß treffen (gerade wie beim Riesen Scharmack). Wie sie nun meinen, er liege unten erschlagen und gehen aus einander, kommt er auf einmal aus dem Brunnen gesprungen, hat die Klocke auf dem Haupt, ruft ganz freudig: »ach! was eine schöne Bingelmütze!« und lauft davon.

5. Dat Erdmänneken

5. Dat Erdmänneken.

(Aus dem Paderbörn.) Eine andere Recension aus der Gegend von Cöln am Rhein weicht in einigem ab. Ein mächtiger König hat drei schöne Töchter; einmal, bei einem herrlichen Fest, gehen sie in den Garten spazieren und kommen Abends nicht wieder; und als sie am andern Tag auch noch ausbleiben, läßt sie der König durchs ganze Reich suchen, aber niemand kann sie finden: da macht er bekannt, wer sie wiederbrächte, sollte eine zur Gemahlin haben, und Reichthümer dazu für sein Lebelang. Viele ziehen aus, aber umsonst, zuletzt machten sich drei Ritter auf den Weg und wollen nicht ruhen, als bis es ihnen geglückt. Sie gerathen in einen großen Wald, wo sie den ganzen Tag hungrig und durstig fortreiten, endlich sehen sie in der Nacht ein Lichtlein, das sie zu einem prächtigen Schloß leitet, worin aber kein Mensch zu sehen ist. Weil sie so hungrig sind, suchen sie nach Speise, einer findet ein Stück [9] Fleisch, es ist aber noch roh. Da spricht der jüngste: »geht ihr beyde und schafft einen Trank, ich will derweil das Fleisch braten.« Also steckte er den Braten an einen Spieß, und wie er brutzelt, steht auf einmal ein Erdmännchen neben ihm mit einem langen weißen Bart bis an die Knie, und zittert an Händen und Füßen. »Laß mich beim Feuer meine Glieder wärmen, so will ich dafür den Braten wenden und mit Butter begießen!« Der Ritter erlaubt ihm das, nun dreht es flink den Braten, aber so oft der Ritter wegsieht, steckt es seine Finger in die Bratpfanne und leckt die warme Brühe auf. Der Ritter ertappt es ein paarmal und sagt, es sollts bleiben lassen, aber das kleine Ding kann nicht und ist immer wieder mit dem Finger in der Pfanne. Da wird der Ritter zornig, faßt das Erdmännchen beim Bart und zaust es, daß es ein Zetergeschrei erhebt und fortlauft. Die zwei andern kommen indeß mit Wein, den sie im Keller gefunden und nun essen und trinken sie zusammen. Am andern Morgen suchen sie weiter und finden ein tiefes Loch, darin, sangen sie, müssen die Königstöchter verborgen seyn, und losen, wer sich soll hinunterlassen, die beiden andern wollen dann den Strick halten. Das Loos trift den, welcher mit dem Erdmännchen zu thun gehabt. Es dauert lang, bis er auf Grund kommt, und unten ists stockfinster, da geht eine Thüre auf und das Erdmännchen, das er am Bart gezogen, kommt und spricht: »ich sollt dir vergelten, was du mir Böses gethan, aber du erbarmst mich, ich bin der König der Erdmännlein, ich will dich aus der Höhle bringen, denn wenn du noch einen Augenblick länger bleibst, so ists um dich geschehen.« Der Ritter antwortet: »sollt ich gleich Todes sterben, so geh ich nicht weg, bis ich weiß, ob die Königstöchter hier versteckt sind.« Da spricht es: »sie sind in diesem unterirdischen Stein von drei Drachen bewacht. In der ersten Höhle sitzt die älteste und ein dreiköpfiger Drache neben ihr, jeden Mittag legt er seine Köpfe in ihren Schooß, da muß sie ihn laufen, bis er eingeschlafen ist. Vor der Thüre hängt ein Korb, darin liegt eine Flöte, eine Ruthe und ein Schwert und die drei Kronen der Königstöchter liegen auch darin, [10] den Korb mußt du dir erst wegtragen und in Sicherheit bringen, dann fasse das Schwert, geh hinein und hau dem Drachen die Köpfe ab, aber alle drei auf einmal, verfehlst du einen, so wachsen also bald die andern wieder und es kann dich nichts mehr retten.« Dann gibt er ihm auch eine Glocke, wenn er daran ziehe, wolle er ihm zu Hülfe eilen. Nach der ältesten erlöst er auch die zweite, die ein siebenköpfiger, und diedritte, die ein neunköpfiger Drache bewacht. Dann führt er sie zu dem Eimer, worin er herabgelassen war und ruft seinen Gesellen zu, sie sollten wieder hinaufwinden. Also ziehen sie die drei Königstöchter nach einander in die Höhe; wie sie oben sind, werfen die zwei Treulosen das Seil hinunter und wollen den unten verderben. Er zieht aber das Glöckchen, da kommt das Erdmännchen und heißt ihn auf der Flöte pfeifen und wie er das thut, kommen aus allen Ecken viel tausend Erdmännchen herbeigelaufen. Da heißt sie ihr König eine Treppe für den Ritter machen und sagt ihm, oben sollt er nur mit der Ruthe aus dem Korbe auf die Erde schlagen. Also legen sich die kleinen Männer zusammen und bilden eine Treppe, worüber der Ritter hinaufgeht, oben schlägt er mit der Ruthe, da sind sie alsbald wieder verschwunden. –

Es ist hier ein Zusammenhang mit der Erlösung der Chrimhild vom Drachenstein; wie dort, verschwindet sie nach der Cöln. Rec. bei einem Fest, ohne Zweifel als Raub des Drachen, die beiden andern Schwestern sind Ausdehnungen der einen mythischen Gestalt; aber so ist unter den Dreien, die sie zu befreien ausziehen, der jüngste der eigentliche und einzige. Das Erdmännchen ist Euglin und Alberich, den sich der Held gleichfalls durch Gewalt erst geneigt macht (nach der Cöln. Rec. zieht er ihn am Bart, wie in den Nibel. 2003.) und dann auch entdeckt es erst den Aufenthalt derDrachenbewachten Königstochter (Lied von Siegfr. 57. 58.), der unter der Erde ist (Lied 99.). Es folgt die Erlösung, wie dort, indem die Drachen, welche auf dem Schoose der Jungfrauruhen (Lied 21.) getödtet werden. Die Hülfe des Königs der Erdmänner entspricht der des Euglin [11] (Lied 151. und vorher beim Kampf 89.) die dieser dem Siegfried nach dem Streit mit dem Riesen leistet; auch indem er ihm Essen bringt (Lied 119.) Sie sind ihm überhaupt wie dort unterthänig.

6. Der goldene Berg

Ist von einem Soldaten erzählt worden; der Kaufmann sollte in Amsterdam wohnen, was sich auf Siegfrieds Vater beziehen könnte, den König in Niederlanden. Das vorangehende, die Verschreibung des Kindes an den Teufel in Unwissenheit und Uebereilung ist seine häufige Einleitung der Märchen, (S. Anmerkg. zu I. 55.) hier christlich gestellt. Die Uebereinstimmung mit Siegfried fängt erst da an, wo der Jüngling wie er (Wilk. S. Cap. 140. 141. welche diesen Umstand allein hat) auf dem Wasser fortgetrieben wird. Die Königstochter, die er befreit, ist nach der deutschen Sage Chrimhild auf dem Drachenstein, sonst aber, besonders nach der nordischen Sage, Brunhild, denn für Gudrun (d.i. Grimhild) thut er dort, wie im Nibel. Lied, nichts. Der Drache, der sie gefangen hält, kommt darin vor, daß sie selbst in eine Schlange verwandelt worden. (das Ueberwinden der Gespenster durch Schweigen ist ein alter, bedeutender Zug s. altdän. Lieder S. 508.) – Der Goldberg, den der Held gewinnt, ist der Berg mit dem Goldschatze, Hort, welchen, nach dem Lied, Siegfried auch im Drachenstein erwirbt; sogar die Wünschelruthe des Horts (Nib. 4509) kommt hier als Wunschring vor. – In seiner Verkleidung als Schäfer, wodurch erunbekannt eingehen kann, noch bestimmter hernach in seiner Unsichtbarkeit durch den Mantel und indem er sich in eine Fliege verwandelt hat (wie Loki, auch der indische Hanuman dringt so zur Sita, Polier. I. 350.) erscheinen die unsichtbar machenden Kräfte der Nebel oder Tarnkappe (Nibel. 1367; u.a. und die Vertauschung der Gestalt in der nord. Sage. – Am merkwürdigsten ist die fast ganz mit der [12] alten dunkeln übereinstimmende, und sie aufklärende, umständlichere (vgl. Nibel. 358 – 404). Erzählung von der Theilung des Schatzes, dort sind, wie hier, Nibelungs–Recken uneinig und rufen ihn alsSchiedsmann herbei, der Wunder–Degen ist das herrliche Schwert Balmung. Er bekommt es gleichfalls voraus und geht nun ohne zu theilen mit dem erworbenen fort. Jene Wunderkraft des Schwertes ist bedeutend, denn wie alle Köpfe vor ihm fallen, so erstarren alle Lebendige vor dem Aegirs–Helm (Hildegrein), der (wie altd. Wälder I. 264. gezeigt ist,) nach der nord. Sage ebenfalls zu dem Hort gehörte.

In seinem Verhältniß zur Königin scheint auch das mit Brunhild durch, sie weiß, wie in der nord. Sage, daß er unglücklich wird, wenn er von ihr geht, und ihre Verbindung mit ihm hat etwas geheimes. Er entdeckt es unbesonnen, wie Siegfried der Chrimhild den früher gewonnenen Gürtel Brunhildens gegeben hat (Nibel. 3415.) und daraus entsteht Unglück, so wie ihre zweite Vermählung (mit Gunther) vorkommt. Er ist ihr »Erlöser,« den sie hernach doch verderben will; wie er hier die Geister besiegt, ist er in der nord. Sage durch die Flammen geritten, in der Wilk. Sage (Cap. 148.) sprengt er bloß gewaltsam die Thore; er war vom Schicksal dazu bestimmt und erwartet.

7. Die Rabe

7. Die Rabe.

(Aus der Leinegegend). Auch hier kommt die Befreiung der Brunhild vor. Zuerst wie in dem vorigen (doch aus einer ganz andern Quelle geflossenen) Märchen der Zank der Riesen über ihre Schätze, nur nicht so deutlich. Das goldne Schloß auf dem Glasberg ist der Flammensaal der nordischen Sage, geradezu übereinstimmend mit dem altdänischen Lied der Elskovsviser (altdän. Lieder und Märchen S. 3. Anmerk. S. 496. 97.) wo Bryniel aufdem Glasberge sitzt; welchen nur ein besonderes Pferd (Grani) besteigen kann. Die Verwandtschaft [13] und Vertauschung der Flamme und des schimmernden Glases liegt sehr nah. – Der Schlaftrunk, vor dem sie ihn warnt und der ihn überwältigt, ist der Vergessenstrank der nordischen Grimhild.

Eine Annäherung zu den drei Raben I. 25. ist sichtbar und doch dieses Märchen neu. In einem der Braunschweiger Sammlung, das sonst ganz anders ist, kommt S. 226. ff. vor, wie die Verwünschte dreimal vorbei fährt, und der Ritter, der zu ihrer Erlösung wachen soll, weil er aus einer Quelle getrunken, an einer Blume gerochen oder einen Apfel genossen, eingeschlafen ist: sie legt ihm jedesmal ein Geschenk zur Seite, ihr Bild, eine Bürste, die Geld schafft und ein Schwert mit der Inschrift: »folge mir.« Auch ist die Farbe ihrer Pferde jedesmal, wie hier, verschieden. Uebrigens beweist diese Recension den näheren Zusammenhang mit dem vorangehenden Märchen vom goldenen Berg, denn der Ritter hat auch vorher die verzauberte aus ihrer Schlangengestalt durch Schweigen bei furchtbaren Gespenstern erlöst. – Ueber das Kundgeben durch das Werfen des Rings in den Weinbecher vgl. Hildebrands Lied. S. 79.

8. Die kluge Bauerntochter

8. Die kluge Bauerntochter.

(Aus Zwehrn.) Hier hat sich deutliche Spur der alten Sage von Aslaug, Tochter Brynhilds und Sigurds erhalten. Wiewohl eine königlich geborene, die durch Unglück in die Hände von Bauern gerathen ist, nicht ausdrücklich genannt, zeigt sich doch klar dasselbe Verhältniß. Sie ist über ihren Stand und ihre Eltern weise und der König wird wie Ragnar auf Kraka (so heißt Aslaug als Bäuerin) durch ihreKlugheit aufmerksam gemacht. Um sie zu prüfen, legt er ihr gleichfalls ein Räthsel vor, das sie durch ihren Scharfsinn glücklich und rasch löst. Der Inhalt des Räthsels selber stimmt nah zusammen und es sind nur verschiedene Aeußerungen desselben Gedankens. Der nord. König verlangt von Kraka (Ragnar Lodbroks S. Cap. 4.), sie [14] solle kommen: »gekleidet und ungekleidet, gegessen und ungegessen, nicht einsam und doch ohne jemands Begleitung.« Sie wickelt sich, wie hier, nackt in ein Fischgarn, darüber her ihr schönes Haar, beißt ein wenig in einen Lauch (Zwiebel) so daß man den Geruch davon empfindet und läßt ihren Hund mitlaufen. Zu vergleichen ist auch ein ähnliches Räthsel in andern Erzählungen 1, so daß es überhaupt als ein altes Volksräthsel erscheint.

Auch in der fortwährenden Klugheit und wie sie sich des Königs Liebe wieder zuwendet, der die Bäuerin zurückschicken will, gleicht die der Aslaug. Ragnar war in Schweden beim König Eistein, dessen schöne Tochter Ingeborg ihm gefiel, auch [15] seine Leute rathen ihm eines Bauerntochter nicht länger bei sich zu haben. Als er aber nach Haus gekommen ist, und beide zu Bett gegangen, weiß durch ihre Vögel (Raben: Geist) Aslaug schon sein Vorhaben, entdeckt ihm ihre königliche Abkunft und gewinnt dadurch wieder seine Neigung. Cap. 8.

Fußnoten

1 Nämlich Pauli's Schimpf und Ernst enthält einen Schwank, wornach einem die Strafe erlassen werden soll, wenn er kommt: »halb geritten und halb gegangen, mit seinem größten Feind und größten Freund.« Der Schuldige kommt mit seinem Pferd, indem er den rechten Fuß in den Steigbügel setzt, mit dem andern auf der Erde fortstelzt; mit seiner Frau, die ihn auf eine Ohrfeige gleich als Mörder anklagt, (was er ihr fälschlich als ein Geheimniß anvertraut hatte) und sich so als sein größter Feind ausweist; und mit seinem Hund, der sein größter Freund ist, weil er, nachdem er ihn geschlagen, auf sein Locken, wedelnd zurück kommt. Hans Sachs erzählt auch die Geschichte sehe gut in der Sache übereinstimmend, ed. 1560. fol. 78. Eine abweichende Recension, welche die Gesta Romanor. enthalten (lat. Ausg. Cap. 121. deutsche, Cap. 24.) hat auch die Aufgabe etwas anders: der Schuldige bringt nämlich kein Pferd, sondern legt das rechte Bein auf den Hund, und weil er noch ferner seinen besten Spielmann sollte mitbringen, hat er sein Kind mitgenommen, als welches ihm, wenn es vor ihm spiele, die größte Kurzweil mache. – Endlich kommt dasselbe in einer Erzählung der Cento novelle antiche (Torino 1802.) S. 163. vor. Wer zu einem bestimmten Tag »seinen Freund, Feind und Spielmann mitbringt« soll die Gnade des Königs und große Schätze haben, das wird wie dort aufgelöst; nur, daß er halb geritten und halb gegangen kommen soll, fehlt

9. Geist im Glas

9. Geist im Glas.

(Aus dem Paderbörn.) Beim Fischer (I. 19.) ward schon die Uebereinstimmung mit der Erzählung der 1001. Nacht (ed. Paris 1806 in 12. I. 107.) bemerkt, hier ist sie von einer andern Seite noch deutlicher und der lebendige Zusammenhang beider Sagen unleugbar. Dieses Märchen ist also ein merkwürdiges Gegenstück zu dem Simeliberg (s. unten Nr. 56.) und der Herzsage von der Dummburg (Oimar 235.), die sich in der 1001 Nacht B. VI. 342. findet und zu dem von den drei Vügelkens.

Das Einschließen des Teufels (denn ein böser Geist ist es, so wie in der orient. Erzählung) in eine Flasche kommt mehr vor z.B. in der Sage vom griech. Zauberer Savilon (Zabulon, d.i. Diabolo), wo der Virgilius ihn befreit (s. Reinfr. von Braunschw. Hanöv. Ms. f. 168 – 171.) im Galgenmännlein. Die List, wodurch er bezwungen wird, ist dieselbe, wodurch der unerschrockene Schmidt (I, 81.) sich befreit.

10. De drei Vügelkens

10. De drei Vügelkens.

Drei Stunden von Corvei westlich liegt der Keuterberg, Köterberg, Teuteberg (übereinstimmend mit dem nicht weit davon anhebendenTeutoberger Wald) d.h. Götter-, Völker-, Vater-Berg, auf dessen Gipfel sich die Corveischen, Hanöv. und Lippischen Gränzen berühren. Er ist von beträchtlicher Höhe und mag leicht mehr als 40 Stunden im Umkreis beherrschen, tiefer ist er mit Wäldern bewachsen, die Kuppel selbst ist kahl, hier und da mit[16] mit großen Steinen besäet und gewährt dürftige Weide für Schaafe. An ihn haben sich natürlich viele Sagen geknüpft und durch ihn erhalten. Rings um den Berg liegen sechs Dörfer, aus einem derselben ist das Märchen ganz in der Mundart mit allen ungleichen zwielichtigen Formen (denn nur die Schriftsprache hat eine einzige bestimmte, die lebende so häufig mehrere zugleich) z.B. sehde und segde, graut und grot, bede und beide, derde und dride. Teite für Vater, das alte Tatta, wird nur in diesen sechs Dörfern gesagt, sonst immer Vaer. – Der Eingang hängt noch mit folgender Sitte zusammen: wenn die Kinder, auf den verschiedenen Seiten des Bergs das Vieh hütend, sich etwas sagen wollen, ruft eins: »hela!« oder: »helo! helo! hör mal!« Dann antwortet das andere von drüben: »helo! helb! wat wust du?« – »helo! helo! kumm mal to mie herover!« – »helo! helo! ick kumme glick!«

Dieses Märchen stimmt sagenmäßig mit dem der 1001 Nacht von den zwei Schwestern, die auf ihre jüngste eifersüchtig sind (VII. 177. ff) überein; die arabische Erzählung ist nur mehr ausgedehnt, die deutsche einfacher und auch wohl schöner; beide haben ihre Eigenthümlichkeiten und beweisen ihre Selbstständigkeit damit. Aus jenem allgemein zugänglichen Buch wäre Auszug und Zusammenstellung bis ins einzelne überflüssig. Der Derwisch, welchem der Prinz erst Bart- und Augenhaar abschneidet, eh er redet (eins mit dem Gespenst in deutschen Sagen, welches stillschweigend rasirt seyn will), ist hier die hülfreiche alte Frau; sie geht fort und ist erlöst, gleichwie jener stirbt, nachdem er seine Bestimmung erfüllt hat.

Aber nicht blos als arabisches auch als altitaliänisches erscheint dieses merkwürdige Märchen bei Straparola (IV 3.); eine äußere Ableitung von dorther wendet entscheidend der Umstand ab, daß Straparola längst vor dem Uebersetzer der 1001 Nacht lebte. Manches ist bei ihm sogar besser: den Kindern fallen, wenn, sie gekämmt werden, Perlen und Edelsteine aus den Haaren, wodurch ihre Pfleg Eltern reich werden, dort im arabischen heißt es nur einmal (S. 280.): »die Thränen des Kinds sollten [17] Perlen seyn,« aber der Mythische Zug selbst ist schon untergegangen und hat nur diese Spur hinterlassen. Die Wunderdinge, welche im ital. verlangt werden, das tanzende Wasser, der singende Apfel und der grüne Vogel kommen mit der 1001 Nacht überein; aber abweichend und begründeter ist, wenn die Schuldigen, von welchen die Kinder ins Wasser geworfen waren, bewirken, daß die Schwester ihrer Brüder zu dem gefährlichen Unternehmen reizt, weil sie hoffen, diese sollten dabei umkommen: in der 1001 Nacht bleibt es unerklärt, warum die Andächtige die Neugierde der Schwester rege macht. Dagegen kommt das Verbot sich nicht umzusehen ohne Noth bei Straparola vor, da die Strafe des Versteinens nicht darauf steht.

Wichtiger als diese Abweichungen der arab. und ital. Sage unter sich, ist es, anzuführen, wie unsere Deutsche in einigem mit dieser, in anderm mit jener übereinkommt; der sicherste Beweis ihrer Unabhängigkeit (wiewohl schon jeder, der die Gegend kennte, wo es aufgenommen ist, überzeugt seyn würde, daß jene fremde Erzählungen niemals dorthin gelangt sind). – Mit Straparola stimmt es, daß die Kinder einen rothen (goldenen) Stern auf der Stirne (altes Zeichen hoher Abkunft: Flamme auf dem Haupt 1; mit zur Welt bringen, wovon die arab. Erzählung nichts weiß. Mit dieser dagegen, daß keine böse Stiefmutter, wie bei Straparola mitwirkt, sondern blos die Schwestern; daß die Kinder in drei Jahren nach einander nicht auf einmal zur Welt kommen und sich die beiden ersten Male der König besänftigt. Eigenthümlich dem deutschen und schön ists, daß aus dem Wasser jedesmal, wie das Kind hineingeworfen ist, ein Vögelchen aufsteigt, welches andeutet, daß der Geist das Leben sich erhalten hat, (denn die Seele ist ein Vogel, eine Taube), wie im Märchen vom Machandelboom (I. 47.); darauf beziehen [18] sich auch die Worte im Vers 2 »zum Lilienstraus« sie wollen sagen, das Kind war zum Tode bereit (d.i. todt) bis auf weitern Bescheid (Gottes) aber ist es gerettet; die Lilie lebt noch, denn die Lilie ist auch der unsterbliche Geist (s. das Märchen von den drei Brüdern I, 9. S. 28. wo statt der Lilie die ihr gleichstehende weiße Studentenblume: Narcisse, verwandelter Jüngling, vorkommt; und das Volkslied im Wunderhorn, wo aus dem Grab darin Vater, Mutter und Kind liegen, drei Lilien aufspriessen). Das Goldwasser und tanzende Wasser ist hier richtiger Wasser des Lebens, dieses wird öfter in den Mythen gesucht (auch in rabbinischen findet es sich) und daß es in der 1001 Nacht nicht anders seyn soll, ist daraus klar, daß die Princessin durch Wasser, das sie gleichfalls oben bei dem Vogel gewinnt, die schwarzen Steine zu Prinzen wieder belebt, wie hier den schwarzen Hund; viel natürlicher ist auch, daß es angewendet wird, um die unschuldige Mutter, die im Kerker saß, wieder gesund zu machen. – Zum Ganzen vgl. das folgende Märchen.

Fußnoten

1 Es gibt auch Geschlechter, wo bei jedem Mitglied, wenn es heftig bewegt wird, von Zorn, Schaam, ein scharf gezeichneter rother Blutstreif auf der Stirne sich zeigt.

2 Dieser Vers geht auch in andere Volkslieder der dortigen Gegend über.

11. Das Wasser des Lebens

11. Das Wasser des Lebens.

Nach einer hessischen und paderbörn. Recension. Nach der hessischen kommt die erlöste Prinzessin gar nicht vor und sie schließt damit, daß der König, um den Schuldigen aus seinen drey Söhnen zu erforschen, drei Decken machen läßt, eine goldene, eine silberne und eine gewöhnliche: wer über die goldene reiten werde, sey der unschuldige und das ist dann der jüngste. In der paderbörn. abweichend, und überhaupt viel unvollkommener, gibt den drei Prinzen, die zusammen reisen, statt des Zwergs ein Fischer Auskunft. Sie können in das verzauberte Schloß nicht eher gelangen, bis jeder drei Federn von einem Falken hat, der alle drei Tage dreimal [19] geflogen kommt und jedesmal eine fallen läßt. Im Schloß müssen sie mit einem siebenköpfigen Drachen kämpfen, wer ihn nicht in drei Tagen beflegt, der wird in Stein verwandelt, wer ihn aber tödtet, bekommt das Wasser des Lebens. Sie gelangen mit den Falkenfedern ins Schloß; der Kampf wird angeordnet; die Prinzessin und der Hof, alles ganz schwarz gekleidet, sehen zu. Die beiden ältesten können dem Drachen nichts anhaben und werden zu Stein; nun kommt der jüngste daran, der in einem Schlag die sieben Köpfe abhaut: die Prinzessin gibt ihm also das Lebenswasser und, auf seine Bitte, den Brüdern das Leben wieder.

Die Verwandtschaft mit dem vorhergehenden Märchen und dem arabischen und ital. fällt sogleich in die Augen, eben so nähert sich das vom Vogel Phönix (I. 57.) in allen Hauptzügen. Am reinsten ist die Sage hier in dem Umstand, das Lebenswasser gesucht wird, um einen alten kranken König zu heilen. (Im trojan. Krieg, den Conrad von Würzb. bearbeitete, hat Medea um den alten Vater des Jafon zu verjüngen, Wasser aus dem Paradies (V. 10651) Licht von Gold roth (10658) darin kocht sie den Zaubertrank).Das Versteinen ist in der paderbörn. wie in der arab. Erzählung Strafe dessen, der nicht siegt. Im plattdeutschen kommt es eigentlich nicht vor, doch der schwarze Hund (denn es sind schwarze Steine in der 1001 Nacht) nach welchem man sich ebenfalls nicht umsehen darf, deutet offenbar darauf; er wird auch hernach in einen schönen Prinzen, wie jene Steine verwandelt. Zugleich gibt dieses Versteinen, wozu in der 1001 Nacht kommt, daß die Brüder ihrer Schwester ein Zeichen zurück lassen, namentlich der älteste ein Messer, das bei seinem Leben glänzend, bei seinem Tod sich blutig zeigen wird, eine unleugbare Grundähnlichkeit und Verbindung mit dem Märchen Nr. 74. im ersten Theil.

12. Doktor Allwissend

12. Doktor Allwissend.

(Aus Zwehrn.) Es ist auch im plattdeutschen ein [20] sehr gutes ähnliches Märchen unter dem Volk, das uns nicht vollständig konnte erzählt werden.

13. Der Froschprinz

13. Der Froschprinz.

(Hessisch.) Ist der eiserne Heinrich (I. 1.) in eigenthümlicher Verschiedenheit und an sich der Aufnahme werth, wenn es nicht ohnehin ein merkwürdiges Märchen wäre. Die Grundidee ist wiederum die tiefe von Amor und Psyche, welche in so häufigen und immer verschiedenen Aeußerungen vorkommt. Vgl. die Anmerkg. zum Märchen vom Löweneckerchen (Nr. 2.) und vom Sommer- und Wintergarten (I. 68.)

14. Des Teufels rußiger Bruder

14. Des Teufels rußiger Bruder.

(Aus Zwehrn.) Die alte Sage von dem Bärenhäuter, welche schon im Simplicissimus (III. 896.) erzählt wird (vgl. Armins Tröst Einsamkeit und seine Erzählung: Isabelle von Egypten. Dort gibt ihm der Wirth eine seiner Töchter, wegen der künstlichen Bilder, die der Geist für ihn gemahlt hatte. Merkwürdig die gar nicht christliche Ansicht der Hölle, worin der Soldat Musik lernt, wie diese in den Venusberg lockt, er selbst dient dem Teufel nur eine Zeit, ist dann frei und glücklich. Vermuthlich Zusammenhang mit dem Märchen hat eine sonst weit verbreitete Volkssage, die sich am vollständigsten, wiewohl überarbeitet und erneuert erhalten hat im dän. Volksbuch Broder Ruus (s. Nyeruns Verzeichniß der Volksb. Nr. 43. und danske Digtekonsts Historie I. 115 – 122.), aber auch in Deutschland gangbar gewesen seyn muß, wie er noch in Brunonis Seidelii paroemiae ethicae (Francot. 1589) als frater Rauschiusangeführt steht. Ueber den engl.friar Rush vergl. Scotts Noten zu s. GedichtMarmion. p. LXVI. Diese Namen führen freilich mehr auf Rausch, Lärm, könnten aber auch mit dem hier, zusammenhängen. Dieser Rausch [21] ist auch aus der Hölle gekommen und wird selbst als ein Teufel dargestellt, er geht in ein Kloster, verdingt sich da zum Koch, wie jener in der Hölle, und stiftet mancherlei Böses. Damit fließt die Sage in die von den alten Helden, die ins Kloster gehen und Dienst thun, bei welchen aber der Drang nach Kriegsthaten immer durchblickt; der Bärenhäuter wird gerade auch als ein aus dem Krieg kommender entlassener Landsknecht dargestellt. – Fischart im Gargant. Spielverzeichniß Nr. 48. führt an: »der russig Schultheiß aus Morenland.« – Vgl. das folgende Märchen.

15. Der Grünrock

15. Der Grünrock.

(Aus dem Paderbörn.) Selbstständige Abweichung des vorigen Märchens. Der Teufel erscheint hier wie in der Sage, welche Hebel (Alleman. Gedichte 50.) erzählt, als ein Grünrock (Weltkind) und der sich ihm ergibt, braucht auch nur in die Tasche zu greifen, so hat er einen Thaler.

16. Zaunkönig und Bär

16. Zaunkönig und Bär.

(Aus Zwehrn.) Ein schönes Thiermärchen, das in den Cyklus von Reinecke Fuchs gehört, wo der Zusammenhang näher angegeben werden soll. Hier nur so viel, daß Zaunkönig, Sperling und Meise eine Idee ausdrücken; die kleine List siegt aber über die große und darum muß selbst das ganze vom Fuchs angeführte Thiergeschlecht dem kleinen Geflügel weichen, wie im Märchen vom Gevatter Sperling (I. 58.) der Fuchs dem Vogel. Der Zaunkönig ist der herrschende, weil die Sage das kleinste wie das größte als König anerkennt. Dieß ist wieder der Gegensatz der listigen Zwerge zu den plumpen Riesen, wie man schon zwerghaften, kleinen Leuten den Unnamen Zaunschliffer zu geben pflegt.

17. Vom süßen Brei

[22] 17. Vom süßen Brei.

(Hessisch.) Einmal die uralte Fabel vom Krüglein, das nie versiegt, und das nur die reine Unschuld in ihrer Gewalt hat; (vergl. zumal die indische Erzählung von dem Kochtopf, in den man blos ein Reißkorn zu thun braucht und der daraus unaufhörlich Speise kocht. Polier II. 45.) dann die Sage vom Zauberlehrling in Göthes Lied; wiewohl sie eine Darstellung ohne Gleichen dort erhalten, so tritt doch die eigentliche tiefe Mythe nicht so klar hervor und der Nachdruck ruht auf der Herrschaft des Meisters. – Brei wie Brot als ursprüngliche, einfache Speise, bedeutet überhaupt alle Nahrung; sonst war es in Thüringen gebräuchlich zur Fastnacht Hirsenbrei zu essen, weil man glaubte, daß dann durchs ganze Jahr kein Mangel entstehen werde vgl. Prätor. Glückstopf S. 260. So stiftet auch die weise Frau zur Belohnung der Arbeiter ein Fest des süßen Breies.

18. Die treuen Thiere

18. Die treuen Thiere.

(Aus der Schwalmgegend.) Eine schöne Verbindung mit dem Thiermärchen, wie sie in No. 74. des ersten Bandes vorkommt. Die Schonung der hernach dankbar helfenden Thiere ist auch in I. 16. vgl. die dortige Anmerkung und Nr. 63. wie im gestiefelten Kater. Im Pentameron V. 3. ein sehr eigenthümliches Märchen, das jedoch mit diesem weiter keine Gemeinschaft hat, von dem scarafone, forece und grillo. Merkwürdig ist hier die Thätigkeit der Maus und wie sie den schlafenden Feind beißt; dies erinnert an Loki, der als Fliege die schlafende Freya sticht, damit sie das Halsband ablege. Die Thiere der Fabel sind nichts als verwandelte Helden und Menschen. – Der weiße eirunde Stein ist vermuthlich ein sogenannter Weise, isl. Jarknasteine (vgl. die Anmerkung zur Str. 8. des dritten Gudrunen-Lieds.)

19. Märchen von der Unke

[23] 19. Märchen von der Unke.

I. (Aus Hessen und an mehreren Orten gehört.) Offenbaren Zusammenhang damit hat eine Erzählung der Gesta Romanorum Cap. 68. Ein Ritter wird arm und ist darüber traurig. Da fängt eine Natter, die lang im Winkel seiner Kammer gelebt, zu sprechen an und sagt: »gib mir alle Tage Milch und setze sie mir selber her, so will ich dich reich machen.« Der Ritter bringt ihr nun alle Tage die Milch und in kurzer Zeit wird er wieder reich. Des Ritters dumme Frau räth aber zum Tod der Natter, um der Schätze willen, die wohl in ihrem Lager sich fanden. Der Ritter nimmt also eine Schüssel Milch in die eine Hand, einen Hammer in die andere und bringts der Natter, die schlüpft aus ihrer Höhle sich daran zu erlaben. Wie sie nun trinkt, hebt er den Hammer, trifft sie aber nicht, sondern schlägt gewaltig in die Schüssel; worauf sie alsbald forteilt. Von dem Tag an, nimmt er an Leib und an Gut ab, wie er vorher daran zugenommen hat. Er bittet sie wieder um Gnade, aber sie spricht: »meinst du, daß ich des Schlags vergessen, den die Schüssel an meines Hauptes statt empfangen, zwischen uns ist kein Frieden.« Da bleibt der Ritter in Armuth sein Lebelang.

II. (aus Hessen.) Die Sage von den Kronen (Feuerteppichen welche die Schlangen (Salamander) weben, ist bekannt.

III. (aus Berlin.)

20. Der Müller mit dem Kätzchen

20. Der Müller mit dem Kätzchen.

(Aus Zwehrn.) In eigener Zierlichkeit das Märchen von dem glücklich gewordenen Dummling, s. Anmerkung zu I. 64. Die andern Müllersburschen bringen mit Fleiß und aus großer Verachtung des Dummlings lahme und scheele Pferde, wie die zwei ältesten Königssöhne grobe Leinwand und häßliche Weiber.

21. Die Krähen

[24] 21. Die Krähen.

(Aus dem Mecklenburg.) In Pauli's Schimpf und Ernst Cap. 46.1 einfach: ein Diener wird von seinem Herrn an einen Baum gebunden, böse Geister, die sich Nachts da versammeln, sprechen, daß einKraut, welches unter dem Baum wächst, das Gesicht wieder gebe; nachdem er sich geheilt, macht er damit auch eines reichen Mannes Tochter wieder sehend und erhält sie mit großen Gütern zur Ehe. Sein voriger Herr will sich auch solchen Reichthum verschaffen, geht zum Baum, wo ihm Nachts die Geister die Augen ausstechen. In der Braunschw. Sammlung mit dem unsrigen übereinstimmender, aber schlecht verneuert. S. 168 – 180. Krähen, die auf dem Baume sitzend, von Augen aushacken sprechen auch in Helwigs jüdischen Legenden Nr. 23. hier, indem sie dem Blinden sagen, was er thun soll, gleichen sie den Vögeln, die dem Sigurd guten Rath geben (s. Fafnismal und Anmerkg. zu Str. 32.) der frischgefallene Thau, der das Gesicht wieder gibt, ist das Reine, das alles heilt, der Speichel, womit der Herr dem Blinden das Gesicht wieder gab und das unschuldige Kinder- oder Jungfrauen- Blut, wodurch die Miselsüchtigen genesen.

22. Hans mein Igel

22. Hans mein Igel.

(Aus Zwehrn.) Ist König Porc bei Straparola (II. 1.) doch hier besser, fantastischer und ursprünglicher, nur söllte Hans noch einem König den Weg gezeigt haben und betrogen seyn, damit er erst, wie bey Straparola, das drittemal erlöst würde. Igel Stachelschwein und Schwein sind mythisch eins, wie Porc und Porcaris; unten in einer andern einfachen, aber auch guten Darstellung ist es ein Esel (Nr. 58.). Diese beiden Märchen machen mit Nr. 1. und 68. im ersten Band und Nr. 2 13 und 41 in diesem eine Reihe naher Verwandtschaft aus, an welche sich wieder [25] andere in entfernterer schließen, vgl. die dortigen Anmerkungen. Ueber die zum Grund liegende Idee s. eine Anmerkung zu den altdän. Liedern. S. 528. 529.

Leute, welche Gott zu ungestüm um Kindersegen anflehen, werden oft in den Märchen mit solchen Misgeburten bestraft, die sich hernach, wenn die Eltern gedemüthigt sind, noch in Menschen verwandeln. – Die Rückkehr des Kinds ins väterliche Haus ist wie die des jungen Riesen in Nr. 4.

23. Das Todtenhemdchen

23. Das Todtenhemdchen.

(Aus Baiern.) Der Glaube, daß Thränen dem Todten nachgeweint, auf die Leiche im Grab niederfallen und ihre Ruhe stöhren, erscheint auch im zweiten Helgelied (Str. 44.) so wie im dänischen Volkslied vom Ritter Aage und der Jungfrau Else.

24. Der Jud im Dorn

24. Der Jud im Dorn.

Dramatisch lebendig, wie der Schmidt und Teufel. Eine mündliche Erzählung aus Hessen leitet anders ein. Der Vater entläßt seine drei Söhne, die auf drei Wegen in die Welt ziehen. Dem einen begegnet der gute Geist und schenkt ihm die drei Wünsche; er wünscht einen Hut, der aus der Irre auf den rechten Weg führt; einen Wünschring; die Geige, die alles zum Tanzen zwingt. Darauf die Begebenheit mit dem Juden und dem Richter. Endlich wünscht er sich an den Scheideweg mit seinen Brüdern zusammen und macht sie alle reich. Diese größere Verwickelung scheint aber den Eindruck mehr zu schwächen und eine andere ganz einfache mündliche Erzählung aus dem Paderbörn. und die alten gedruckten Bearbeitungen wissen nichts davon. Albrecht Dieterich »Historig von einem Bauernknecht und München, welcher in der Dornhecken hat müssen tanzen« s.I. 1618. 8. (auf der Götting. Bibl.) ein [26] Lustspiel, das aber vermuthlich im 16. Jahrh. verfaßt ist. Etwa gleichzeitig damit: I. Ayrer's Faßnachtspiel von Fritz Dolla mit der gewünschten Geigen im opus theatricum Bl. 97 – 101. Auch bei Dieterich heißt der Bauernknecht Dulla ein mythischer Name, der an Till oder Dill Eulenspiegel den lustigen Schalksknecht erinnert (s. oben Num. 4.) und das schwed. und altnordische Wort: Tule, Thulr, (homo facetus, nugator, Spielmann.) der Narr und Sänger des Volks ist, und sonst stimmen beide sehr zusammen, so daß sie aus einer Quelle schöpfen konnten, schwerlich aber sich gegenseitig benutzt haben. Die Wünsche sind wie hier; statt des Juden, haben beide einen klosterentlaufenenMönch; bei Dietrich hält er die gerühmte Kunst des Knechts für Prahlerei und spricht: »in jener Hecke sitzt ein Rab, trifst du den mit deiner Armbrust, so zieh ich mich nackend aus und hol ihn hervor.« Beim Ayrer schießt er einen Vogel vom Baum; vom Kleiderausziehen ist keine Rede. – Nach Diet. Albrecht die dänischen Reime: om Munken og Bondedrengen (Nyerup in der Iris og Hebe 1796. 310 – 312.) – Vielleicht bezieht sich auf unser Märchen eine sonst unverständliche Anspielung im Parcifal 8539. vom Fasan (Vogel) im Dornbach.

Die Sage vom Tanzen in den Dornen ist sehr verbreitet und greift in ein ganz anderes Märchen des ersten Bandes S. 258. ein. Für die mündliche Ueberlieferung wird eine von Otmar in Beckers Erhol. 1797. aufgezeichnete Erzählung wichtig, wo sie aber sehr entstellt und in falschen Ton versetzt ist. Ein auf Tod und Leben gefangener Zauberer hat einen nie fehlenden Pfeil und schießt damit einen Falken aus hoher Luft, der in Sumpf und Dornen fällt. Die Häscher sollen ihn suchen, da hebt er den Schwabentanz zu pfeifen an, das ganze Gericht tanzt und so wird er von seiner Hinrichtung hernach befreit.

Die letzte Bitte und die Rettung aus dem Tod durch Blasen und Spielen kommt häufig vor, (vgl. oben Nr. 30 das blaue Licht) von Arion bis auf Gunnar, der durch Harfenschlag die Schlangen abhält. Die Kraft Tanz zu erregen lag auch in Oberons Pfeife, besonders merkwürdig ist das Beispiel [27] in der Herrauds ok Bosa Saga S. 49 – 51. wo gar Tische, Stühle Messer und Becher mit tanzen müssen. Vielleicht stammt selbst das Wort Geige von dem dort auch vorkommenden Gugiarslag (Zauberschlag) von Gygur, Zauberin, Riesin. Man hat vom Fandango eine ähnliche Erzählung, Pabst und Cardinäle, die ihn verdammen wollen, müssen ihn anheben und freisprechen.

25. Der gelernte Jäger

25. Der gelernte Jäger.

(Aus Zwehrn.) Die Schützenkünste erinnern sehr an An Bogsweigr – das Aufschneiden und Trennen der Kleider der schlafenden Königstöchter, an das Zerschneiden des Panzers (slita brynin) der Brynhild. – Das Zungen aufschneiden kommt oft vor, der Hauptmann ist der Truchseß im Tristan. Das Märchen geht am Ende in den König Drosselbart über I. 52.

26. Der himmlische Dreschflegel

26. Der himmlische Dreschflegel.

(Aus dem Paderbörn.) Münchhausen hat den Schluß dee Märchens gekannt und in seinen Reisen S. 53 benutzt. Die meisten dieser volksmäßigen Lügen sind nicht von diesem erfunden, sondern uraltes Gut und brauchen nur in einem andern Ton erzählt zu werden, um in weitverbreitete Mythen einzugreifen; z.B. das Winden eines Seiles aus Spreu ganz übereinkommend mit dem: vinda ov sandi sima (Harbards) 17, und dem latein.: ex arena finnem neciere, ähnlich der aus Wasser und Wein gedrehten Peitsche. Wunderhorn II. 411 aus dem Dietmarsenlied. Vergl. die rabbin, Mythen bei Helwig Nr. 2. und 3.

27. Die beiden Künigeskinner

27. Die beiden Künigeskinner.

(Aus dem Paderbörn.) Sehr eigenthümlich, gut und vollständig aufgefaßt. Verwandt mit dem Löweneckerchen [28] (Nr. 2. ) wegen des Ueberbietens der falschen Braut, so wie mit dem Prinz Schwan II. 59.) wegen der Verfolgung mit dem Fundevogel I. 50.) dem Liebsten Roland I. 56. und dem Oterlo I. 70.) auch wegen des Vergessens mit beiden letztern. Ueber die Aufgaben vgl. altd. Wälder. Heft 4. Merkwurdig ist der Ausdruck: »Arweggers herut,« denn in den eddischen Zwergnamen (Dverga–heiti) kommt auchAurvagur vor; wenn gleich eine Variante und die Völuspa: aurvangur lautet. Der frühwachende ist arvakur ein Stier–und Pferde Namen (Sigurorifa's Lied Str. 17.)

28. Das kluge Schneiderlein

28. Das kluge Schneiderlein.

(Aus der Schwalmgegend.) Ganz im Charakter vom tapfern Schneider I. 20.) das Rathen des Gold- und Silberhaars kommt auch sonst vor.

29. Die klare Sonne bringts an den Tag

29. Die klare Sonne bringts an den Tag.

(Aus Zwehrn.) Ein tiefes, herrliches Motiv ist hier bürgerlich ausgedrückt. Niemand sah der Mordthat zu, keines Menschen Aug, aber doch die Sonne (Gott), das himmlische Auge. Man hat noch andere Sagen von der Sonne, wie sie sich verhüllt und nicht zuschauen will, wenn eine Mordthat geschehen soll, vgl. Odyssee XX. 356. Daß die Worte eines Sterbenden Gewalt haben, wird schon in Fafnismal als alter Glauben bemerkt. – Das Sprüchwort: »es wird nichts so fein gesponnen, es kommt endlich an die Sonnen,« ist auch hier zu bemerken.

30. Das blaue Licht

30. Das blaue Licht.

(Aus dem Mecklenburg.) Die Pfeife, woraus der Soldat raucht, ist wohl aus einer Flöten- Pfeife [29] entstanden, welcher die Erdmänner sonst zu gehorchen pflegen, wie in Nr. 6. das blaue Licht ist ein Irrwisch, dän. Vättelys (Geisterlicht) und Lygtemand, der Herr des Zwergleins. Schärtlin's Ausrufung war: »blau Feuer!« welche Worte sich auch mehrmals bei Hans Sachs finden.

31. Das eigensinnige Kind

31. Das eigensinnige Kind.

(Hessisch.) Einfach kindliche Lehre, wie im Märchen vom alten Großvater I. 78. und vom gestohlenen Heller I. 7. Das Herauswachsen der Hand aus dem Grabe ist ein weitverbreiteter Aberglaube und gilt nicht blos von Dieben, sondern von Frevlern an gebannten Bäumen, (Schillers Tell Act. 3. Sc. 3.) von Vatermördern (Wunderhorn I. 226.) In Schimpf und Ernst ist noch eine andere Erzählung von einem Arm, der aus dem Grab hervorreckt (dän. Ausg, p. 218. Es ist auch nur eine blose Veränderung der nämlichen Idee, wenn aus dem Hügel und Mund Begrabener Blumen oder beschriebene Zettel, ihre Schuld oder Unschuld anzuzeigen, wachsen.

Es ist auch die Sage und der Glauben, daß dem, welcher seine Eltern schlägt, die Hand aus der Erde wächst; so ist der Fuchsthurm auf dem Hausberg bei Jena der kleine Finger eines versunkenen Riesen, der Hand an seine Mutter gelegt hatte.

32. Die drei Feldscherer

32. Die drei Feldscherer.

(Aus Zwehrn.) Die Gesta Romanor. (deutsche Ausg. 1489. Cap. 37. lat. Cap. 76.) enthalten ein ähnliches Märchen. Zwei geschickte Aerzte wollen, um allen Zank zu schlichten, ihre Kunst an einander erproben; der sich geringer zeigt, soll des andern Jünger werden. Der eine zieht durch Hülfe einer edlen Salbe ohne Schmerz und Verletzung dem andern die Augen aus, legt sie auf den Tisch und setzt sie eben so leicht wieder ein. Der andere will nun [30] dasselbe Kunststück auch vollbringen, zieht jenem mit seinen Salben nun die Augen heraus und legt sie auf den Tisch, als er sich aber bereitet, sie wieder einzusetzen, kommt ein Rabe durch das offene Fenster und holt schnell ein Auge weg und frißts. Der arbeitende ist in Noth, denn kann er das Aug nicht wieder einsetzen, wird er dem andern unterthänig; da schaut er sich um und erblickt eine Ziege, dieser nimmt er eilends das eine Auge und setzt es seinem Gesellen für das fehlende ein. Als er ihn fragt, wie es ihm vorkomme, antwortet er, Verletzung und Schmerz habe er nicht gespürt, aber eins seiner Augen schaue immer über sich zu den Bäumen (wie nämlich die Ziegen nach dem Laub thun), das andere unter sich. – Das eingesetzte Herz erinnert an Hrugnir's steinernes und das seinem Diener Mokurkalfr eingesetzte Pferdeherz u.s.w. Zu dem Einsetzen fremder Augen vgl. auch das Märchen von der Nachtigall und Blindschleiche (I. 6.) und nähere Einsicht müßte lehren, in wie fern ein altdeutsches Gedicht »von einem König der Katzenaugen gewann« (Schlegels Mus. IV. p. 416. Nr. 138.) hierher gehört.

33. Der Faule und der Fleißige

33. Der Faule und der Fleißige.

(Aus der Schwalmgegend.) Die Erlösung durch einen Kuß kommt häufig in den Sagen vor.

34. Die drei Handwerkspurschen

34. Die drei Handwerkspurschen.

Nach einer Erzählung aus Zwehrn und einer andern aus der Leinegegend. In der letztern ist abweichend, daß der Wirth den Getödteten begräbt, aber ein Freund desselben kommt, entdeckt sein Pferd im Wirthsstall und sein Hund scharrt unter der Dachtraufe, wo der Ermordete vergraben liegt, einen Arm heraus, dessen Kleidung er wieder erkennt.

35. Die himmlische Hochzeit

[31] 35. Die himmlische Hochzeit.

(Aus dem Mecklenburg.) Gränzt an die Legende und ist doch auch ganz kindermärchenhaft. Der unschuldige Glauben an die Worte Gottes, führt selbst beim Mißverständniß doch zur Seligkeit. Uebrigens merkwürdige Sinstimmung mit einem indischen Mythus von einem Götterbild, welches das verzehrt, was ihm auch ein unschuldiger Knabe vorsetzt. (Polier II. 302. 303.)

36. Die lange Nase

36. Die lange Nase.

(Aus Zwehrn.) Die Sage vom Fortunat, die sich auch als eine deutsche ausweist, denn nach dem Volksbuch ist diese Erzählung offenbar nicht gemacht, sondern hier viel alterthümlicher und einfacher. (Vgl. I. Nr. 36. 37.) Der Wünschmantel und das Horn kommen da gar nicht vor, sondern ein Hut und einSeckel; die Gesta Romanor, haben alles noch viel einfacher: im Fortunat wachsen statt der NasenHörner, in den Gestis Romanor, entsteht derAussatz (eben so kommen in Helwig jüdisch. Geschichten Nr. 38. zwei Aepfelbäume vor, wo die Frucht des einen aussätzig macht, die des andern heilt). Da die Alten schon, wie wir, mancherlei Sprüchwörter von der langen Nase hatten, so mag ihnen auch eine ähnliche Fabel bekannt gewesen seyn z.B. bei Martial: uasos, noluerit ferre rogatus Atlas – Der D. Faust kann sich auf eine wirkliche Person gründen, um die sich viel ältere Sagen gesammelt haben; sein Name ist mythisch und weil er denWünschmantel besitzt, heißt er der Begabte, das Glückskind, Wünschkind faustus wie fortunatus.

Das gedruckte Buch wurde zuerst im 13. Jahrh. vermuthlich aus Volkssagen in spanisch niedergeschrieben, wie schon die Eigennamen darin: Andalofia, Marsepia, Ampedo, beweisen.

37. Die Alte im Wald

[32] 37. Die Alte im Wald.

(Aus dem Paderbörn.) Mit Joringel und Jorinde I. 69. verwandt. Die Alte ist die Hexe im Märchen von Gretel und Hänsel I. 16. und selbst zu der Circe gehörig.

38. Die drei Brüder

38. Die drei Brüder.

Aus der Schwalmgegend, doch auch sonst vielfältig gehört, hier am vollständigsten. Es ist ein altes Scherz- und Lügenmärchen und wahrscheinlich sehr verbreitet. Im 16. Jahrh. kam eine Sammlung davon in Frankreich heraus von Philipp d' Alcripe (Picard) Herr von Neri (rien) in Verbos (Verbois) wo dieses sich auch unter andern findet. In der neu eröffneten Schaubühne menschlicher Gewohn- und Thorheitens.l. ct a (wahrscheinlich bald nach dem 30 jähr. Krieg) werden S. 88 – 92 solche Aufschneidereien zusammengestellt, darin heißt es: »damit ich allhier jenes vierjährigen Kindes, welches mit einem schweren breiten Säbel so meisterlich fechten können, daß ihm in vollem Regen kein einziger Tropfen aufs Haupt gefallen, keine Meldung thue.« – »Item–jener Goldschmidt, welcher einer Mücken unter jeden Fuß ein güldenes Hufeisen mit 24 Nägeln angeheftet.«

39. Der Teufel und seine Großmutter

39. Der Teufel und seine Großmutter.

(Aus Zwehrn.) Im Grund ähnlich dem Teufel mit den drei Goldhaaren (I. 20.), wo ihm das Geheimniß abgelauscht wird, wie dem Rumpenstilzchen (I. 55.) und dem Fischer in der Hervarar Sage S. 182. – Die Peitsche ist eine mit Gold anschlagende Wünschelruthe. – Das ganze Märchen hat etwas nordisches in seinem Wesen, der Teufel erscheint als ein ungeschickter, überlisteter Jote, vor allem nordisch ist das Räthsel; auch das Verstecken des menschlichen Ankömmlings durch die Riesenfrau, Tochter, [33] ist ein alter Zug s. Hymisquida Str. 8. Anmerkung 20.

40. Ferenand getrü un Ferenand ungetrü

40. Ferenand getrü un Ferenand ungetrü.

(Aus dem Paderbörn.) Das schöne Märchen scheint nicht vollständig, es müßte im Zusammenhang stehen, wenn der Schimmel zuletzt ein Königssohn wird. Der rothe Faden am Hals des wieder lebendig gemachten ist sagenmäßig. Ueber das Gevatterbitten vgl. den Gevatter Tod I. 44. Die Flöte, die rettet, gleicht Arions Laute, das getreue Pferd dem Bayard, Falada, dem Schemik (altdeutsch: Schimmel, Schimming, isl. Skemmingur) der böhmischen Sage und Grani der nordischen. Zu merken sind die Schriften der Königin, entweder gestickte Kleider, wie das isländ. skript und bökur (Bücher, Zeichnungen, Stickereien) oder Runenstäbe; wenigstens ist die gefundene Schreibfeder gewiß ein solcher. – Die Verse, wie gewöhnlich die Reden der Vornehmen, sind hochdeutsch, das pflegen die Erzähler fast immer so zu halten, wo sie beide Sprachen verstehen, wie dies im Paderbörn. häufig ist, und die höhere Mundart bezeichnet dann die Sprache der Vornehmen und der Poesie.

41. Eisenofen

41. Eisenofen.

(Aus Zwehrn.) Dem Hauptinhalt nach verwandt mit König Schwan (I. 59.) Löweneckerchen (II. 2.) den zwei Königskindern (II. 27.) und dem schönen Märchen Pintosmauto im Pentameron, wo die treue Gemahlin den König, der sie vergaß, nicht nur aus Gefahren gerettet, sondern selbst erschaffen hatte.

Das Unterschieben der falschen Braut, die sich zu leicht an ihres Vaters unkönigliches Handwerk erinnert, war schon im Hurlebutz (I. 66) vergl. Wolsunga S.C. 21 und altd. Wälder I. 71.

Der dunkle und feurige Ofen, worein der Königssohn verwünscht ist, bedeutet ohne Zweifel dieHölle, Unterwelt, den Orcus, wo der finstere Tod haust, aber auch die Schmiedeesse steht. Damit[34] erklärt sich die noch jetzt spruchmäßige Rdensart: etwas geheimes (in andern Sagen ist es einStein oder eine Steinsäule, der man das Geheimniß entdeckt. Böschings Volkssagen S. 66 und 363.) dem Ofen sagen, den Ofen um etwas bitten, wie die Alten bei der Unterwelt, wo der gerechte Todten (Höllen)–Richter wohnt, schwuren. Deswegen spricht das Gänsemägdlein zum Ofen (II. 3.) vergl. Erdmännlein, (II. 5) und enthüllt ihm die geschehene Unthat, die sie keinem Menschen offenbaren darf. Auch das Wort Eisenofen ist alterthümlich und nicht sowohl auf einen eisernen zu deuten, als auf das alte Eitofan, Feuerofen, Camin, zurückzuführen (von Eit, Esse, Feuer. s. gloss. doc. v. eitofan.)

42. Die faule Spinnerin

42. Die faule Spinnerin.

(Aus Zwehrn) Aehnliche Idee im Pentamerone IV. 4 und in einer altdeutschen handschr. Erzählung: von der Minne eines Albernen. Vgl. vom bösen Spinnen I. 14. und Cap. 125. in Pauli's Schimpf und Ernst. ed. 1535. fol. Der Baum im Wald ist ein Spindel- Baum, Spill-, Spul- Baum, lat. fusarius, frenzös. fusian (von fuseau, Spindel) vergl. Gerberts gloss. theotisca p. 139. evonymus, also ein Glück- oder Unglück bedeutender Wunschelbaum.

43. Der Löwe und Frosch

43. Der Löwe und Frosch.

(Aus der Maingegend.) Ueber Erlösung durch Kopf-Abhauen vgl. I. 52. und 66. und die schwarze und weiße Braut. (II. 49.)

44. Soldat und Schreiner

44. Soldat und Schreiner.

(Aus dem Münsterland.) Manches darin ist gut und recht märchenhaft, doch scheint das Ganze gelitten zu haben, theils durch Lücken, theils durch Verwirrung.

45. Die schöne Katrinelje

[35] 45. Die schöne Katrinelje.

(Aus dem Paderbörn.)

46. Der Fuchs und das Pferd

46. Der Fuchs und das Pferd.

(Aus Münster.) Der Zusammenhang mit der großen Thierfabel wird sich beim Reinhart Fuchs zeigen. Verwandt ist das Ganze mit dem Märchen vom alten Sultan (I. 48.)

47. Die zertanzten Schuhe

47. Die zertanzten Schuhe.

(Aus dem Münsterland.) Die Todesstrafe steht darauf, wenn die Aufgabe nicht gelöst wird, wie in Nr. 48. in dem Märchen von Turandot u.a.

48. Die sechs Diener

48. Die sechs Diener.

(Aus dem Paderbörn.) Münchhausen hat auch dieses Märchen, das hier ungleich besser ist, in seinen lügenhaften Reisen benutzt (London d.i. Göttingen 1788. S. 84 ff.) Man vergleiche das Volksbuch von der pommerschen Kunigunde und das Märchen von den sechs Söhnen und ihren Künsten im Pentamerone. Auch Thor mit seinem Diener Thialfi gehört hierher; so wie die große Mahlzeit an die Riesen- Gastmähler in den altdänischen Liedern erinnert, wo auch die Braut ganze Ochsen verzehrt und aus Tonnen dazu trinkt.

In einer hessischen Erzählung aus der Schwalmgegend kommen einige ähnliche Personen vor, aber die Fabel ist verschieden und unbedeutender. Der Horcher, der Laufer, einer der allesumbläst und ein Starker kommen zusammen in Gesellschaft. [36] Der Laufer holt das Wildpret, der Bläser jagt mit seinem Wind die Leute aus den Dörfern, oder bläst sie durch die Schornsteine hinaus und nimmt dann, was sich im Haus findet: Brot, Fleisch, Eier; der Starke trägts fort und der Horcher muß acht geben, ob Husaren hinter drein kommen. Sie gehen auf eine Zeit an des Königs Hof, die Königstochter ist krank und kann nur durch ein Kraut geheilt werden, das hundert Meilen weit vom Königreich wächst und in 24 Stunden muß herbeigeschafft seyn. Es wird bekannt gemacht, daß derjenige, welcher es holt, so viel Schätze haben soll, als er verlangt. Die vier Gesellen geben sich dazu an, die Aerzte beschreiben das Kraut genau und der Laufer macht sich auf den Weg. Er bringts auch vor der bestimmten Zeit und die Princessin wird gesund. Darauf fragt der König, wie viel Geld er verlange. »So viel als mein Bruder (der Starke) tragen kann.« Der König denkt, der ist noch bescheiden und sagt ja. Der Starke aber macht sich einen ungeheuren Sack, rafft alles Gold in der Schatzkammer auf und sagt, das sey noch zu wenig. Der König muß erst vier, dann acht Wagen voll anders woher kommen lassen, als er noch mehr geben soll, sagt er: »ich habe nichts mehr in meinem ganzen Reich–« »Wenns nicht anders ist, so mags gut seyn« sagt der Starke und geht mit dem Reichthum ab. Als die vier Gesellen fort sind, ärgert den König das viele Geld, das er dahin gegeben und schickt ein Regiment Husaren nach, die sollen es wieder abnehmen. Der Horcher aber hört's, der Laufer sieht, obs wahr ist, der Bläser läßt sie heranrücken und bläst sie in die Luft, so daß keiner mehr zu hören noch zu sehen ist. Darnach theilen sie sich ins Geld und leben vergnügt bis an ihr Ende.

49. Die weiße und schwarze Braut

49. Die weiße und schwarze Braut.

(Aus dem Meklenb. und Paderbörn.) Nach der einen Erzählung wird der Bruder nicht blos unter die Schlangen gesetzt, sondern wirklich umgegebracht[37] und unter die Pferde im Stall begraben. Die Ente kommt Abends ans Gitterloch geschwommen und singt:


macht auf die Thür, daß ich mich wärme,
mein Bruder liegt unter den Pferden begraben
hauet den Kopf der Ente ab

wodurch die Handlung des Königs, daß er ihr den Kopf abhaut, woran ihre Lösung gebunden war, besser begründet wird. Am Ende wird der Bruder im Stall ausgegraben und stattlich unter die Erde gebracht: vgl. den singenden Knochen I. 28. Das ganze Märchen liegt einer modernen schlechten Ueberarbeitung in den Sagen der böhm. Vorzeit. Prag. 1808. S. 14 – 185 zu Grund. Der Eingang ist von Blumen und Perlenkämmen, wie sonst auch vorkommt. Eigen ist, daß die begabte Schönheit vor freier Luft und Sonnenstrahl gehütet werden muß. Unterwegs nun bricht die böse Hexe das Kutschenfenster, daß Luft und Sonne eindringt, da wird sie in eine goldene Ente verwandelt. Im Pentamerone IV. 7. findet sich eine eigenthümliche, halb aus ihm, halb aus dem Gänsmädchen (oben Nr. 3.) zusammengesetzte Recension, wie denn auch unser gegenwärtiges Märchen genau an die Fabel von der Königin Berta wieder erinnert. Besonders ist der einfache Gegensatz von Schwärze und Weiße, für Häßlichkeit und Schönheit zu bemerken, da er an die Mythe von Tag und Nacht (und der Nacht Tochter) denken läßt und Berta (die weiße, biort) schon im Wort den Tag und des Tagesbrehen, Anbruch, ausdrückt. Indem die im Wasser gestoßene als schneeweiße Ente aufsteigt und fortlebt, erscheint sie als Schwanen- Jungfrau. Ebenso ist auch die nordische Schwanhild weiß und schön wie der Tag, im Gegensatz zu ihren raben- schwarzen Stiefbrüdern. Der Name Reginer ist vermuthlich schon alt in dieser Geschichte; aus den alten Marschällen, Stallmeistern und Wagenführer sind in der spätern Volksansicht Kutscher geworden, wie aus den Helden Soldaten. Darum daß der Bruder bei den Pferden ist und unter ihnen begraben wird, erinnert er an das Roß Falada, dessen Stelle er im Märchen vertritt. Der Küchenjung ist wie dort der Hirtenjung.

50. De wilde Mann

[38] 50. De wilde Mann.

(Aus dem Münsterland.) Merkwürdig ist in dem schönen Märchen, daß hier ganz eigentlich ein männlicher Aschenputtel vorkommt, wie es in den älteren sagen auch scheint gewesen zu seyn. Vgl. B.I. Anhang S. XVI. und die Nachtrage. Der schlechte Kittel, weshalb er wie Allerlei–Rauch (I. 65.) allein schlafen muß, sogar die gemeine Küchenarbeit kommen vor, und eben so kehrt er heimlich nach dem königlichsten Leben in seinen alten Zustand zurück, so daß er nur an einem äußeren Zeichen erkannt wird.

51. Die drei schwatten Princessinnen

51. Die drei schwatten Princessinnen.

(Aus dem Münsterland.) Der Zauber in seiner Entwicklung oder im Gang zu seiner bestimmten Auflösung durch übermächtige Eingriffe gestört, zieht Verderben oder gänzliche Vernichtung nach sich. vgl. die Anmerkung zum Eselein Nr. 58. Er will heimlich bleiben, scheut Licht (darum sind die drei schwarz und werden allmählich weiß. s. auch die abweichende Erzählung vom Marien- Kind I. 3. Anhang S.V.) undRede: und es ist ganz dasselbe, wenn beim Heben des Schatzes, das erste gesprochene Wort ihn siebenmal tiefer zu versinken zwingt.

52. Knoist und sine dre Sühne

52. Knoist und sine dre Sühne.

(Aus dem Sauerland und in dem dortigen Dialect.) Wird singend und mit sehr lang gezogenen Sylben erzählt. Werrel (Werl) ist ein Wallfahrtsort ind Westphalen, Soist (Soest) im Bergischen. Es wird auch als Räthsel angegeben und wenn man lang gerathen hat und nach der Auflösung fragt, geantwortet: »eine Lüge.« Nach einer an dern Erzählung gehen sie, nachdem der nackende den gafangenen Hasen in die Tasche gesteckt hat, in die Kirche, wo der [39] »böcken Pastor« und der »hageböcken Köster« das Weihwasser austheilen: »darauf keimen se bie een graut, graut Waater, dat was so breed, dat en Haan daröver schret, do wören drei Schippe up, dat eene was leck, dat annere was leck, dat derde was kien Boaden in, in dat, wo kien Boaden was, setten se sick alle drei in, de eene versop, de annere verdrank, de derde kam der gar nig wier ut.«

53. Dat Mäken von Brakel

53. Dat Mäken von Brakel.

(Aus dem Paderbörn.) St. Anna nämlich ist die Schutzpatronin von Brakel und ihre Capelle liegt nicht weit von der Stadt. Mudder ist aus dem Hochdeutschen herübergekommen, Möhme aber der gemeine Ausdruck. Man hat dort noch einen andern Spottvers:


O hilge sünte Anne,
help mie doch bald tom Manne!
O hilge sünte Viet,
et ist ietz de hogeste Tied!
St. Vitus ist der Schutzpatron des nahliegenden Corvei.

54. Das Märchen vom Hausgesinde

54. Das Märchen vom Hausgesinde.

(Aus dem Paderbörn.) Die vielerlei Abweichungen dieses uralten Märchens (gleichsam ein Gespräch mit dem Widerhall) anzuführen, würde hier zu weitläuftig seyn und noch unpassender die meistentheils in die alte Sprache und Fabel reichenden, immer sehr poetischen Namen zu erklären. Der Hel (Hölle) Saal heißet Eliud, ihr Tisch Hungur, ihr Messer Sultur, ihr Knecht Gangläti, ihre Magd Ganglöt, ihre Schwelle Fallandi-forrad, ihr BettKaur, ihre Decke Blikandi-baul, ihr AckerHnipinn. In der Gothreks Saga sind andere bedeutsame Familiennamen, der VaterSkapnartungur, die 3 Söhne: Fiolmodi, Ymsigull [40] Gillingr, die Mutter sammt den drei Töchtern: Dotra, Snotra, Hiotra, Fiotra und in einer andern Sage der Mann Stedie, die Frau Brynia, die Tochter Smidia, der SohnThöllur; man findet in den mythischen Geschlechtsnamen lauter Verwandtschaften. So zähltVidrich im Lied von Riese Langbein 18. 19. 20. die Namen von Vater, Mutter, Schild, Hehn, Schwert und Pferd auf. In einem altdeutschen Gedicht vom Hausrath heißt der Hund Grin, die Katze Zise, der Knecht Wise, das Pferd Kerne, die Magd Metze. Musäns (Volksm. V. 130.) hat aus einem Volkspilgerlied folgende schöne Stelle aufbehalten: aus welcher Gegend kommt ihr? »von Sonnenaufgang.« wohin gedenkt ihr? »nach Sonnenniedergang.« in welches Reich? »in die Heimath.« wo ist die? »hundert Meil ins Land hinein.« Wie heißest du? »Springiusfeld grüßt mich die Welt, Ehrenwerth heißt mein Schwert, Zeitvertreib nennt sich mein Weib, Spätestagt ruft sie die Magd,Schlechtundrecht nennt sich der Knecht,Sausewind tauft ich mein Kind, Knochenfaul schalt ich den Gaul, Sporenklang heißt sein Gang, Höllenschlund lock ich den Hund,Wettermann kräht (heißt) mein Hahn, Hupf ins Stroh heißt mein Floh. Nun kennst du mich mit Weib und Kind und allem meinem Hausgesind.«

Schütze im hollst. Id. 2. 117. und 4. 136. führt an:Hebberecht so heet min Knecht, Snakfordan so heet min Mann, Tiedvördrif so heet min Wif, Luusebung so heet min Jung. In den Kinderliedern, Anhang zum Wunderhorn S. 41. – 43. Bibberlein heißt mein armes Hühnelein,Enteauentlein die Ente, Wackelschwänzlein die Gans, Schmortopf das Schwein, Klipperbein die Ziege, Gutemuh die Kuh, Guckheraus das Haus; Kegelbahn der Mann, Goldenring das Kind, Hatergsagt die Magd, Haberecht der Knecht, Wettermann der Hahn, Hüpf ins Stroh der Floh. – Stilling in s. Leben I.S. 62. führt nur eine Zeile an: »Gerberli hieß mein Hüneli,« und holländ. Volkslied beginnt: koekeloery heet myn haan, prys heer [41] myn hennetjen. Wenn der Tannhäuser II. 67. sein Gesinde Zadel, Zweifel, Schade und Unbereit nennt, so ist das schon der Uebergang der epischen Namen in die bewußte Allegorie, wie z.B. in dem Spruch:Vielborgen hat eine Stiefmutter, heißt: Verkaufdeingut, die gebiert eine Tochter heißt:Gibswohlfeil, dieselbige Tochter hat ein Bruder der heißt: zum Thorhinaus. In der Mitte steht noch das bekannte: »Sparebrot (Vater) ist tod, Schmalhans heißt der Küchenmeister« Einzelne Namen, wie der des Weibes Zeitvertreib und Leidvertreib lassen sich in vielen alten Beyspielen darthun, z.B. Morolf 159. 1145. Auch der »Ruprecht mein Knecht« aus dem Wartburger Krieg gehört hierher. Vergl. die Namen, die in der schönen Katrinelje vorkommen.

55. Das Lämmchen und Fischchen

55. Das Lämmchen und Fischchen.

(Aus dem Fürstenthum Lippe.) Das Ende wohl unvollständig und es schwebte nur vor: die Stiefmutter glaubt das Lämmchen gegessen zu haben und verlangt nun vom Koch auch noch das Fischlein zubereitet. Der Koch aber tödtet es auch nicht, wie es anfängt zu sprechen und zu klagen, bringts zum Lämmchen und täuscht die Stiefmutter wieder, deren Bosheit dem Vater zu Ohren kommt und die bestraft wird. S. die weiße und schwarze Braut (No. 49.) die Anmerkung dazu – der Eingang vom Abzahlen kommt auch in dem Lied der Gräfin von Orlamünde (im Wunderhorn) vor.

56. Simeliberg

56. Simeliberg.

Merkwürdig, daß dieses im Münsterland erzählte Märchen auch am Harz von der Dummburg (Otmar S. 235 – 38.) oder Hochburg vorkommt und genau mit dem orientalischen von den 40 Räubern einstimmt, (1001. No. VI. 345.) wo sogar der Felsen [42] Sesam auffallend an die Namen Semsi und Semeli, wie der Berg in den deutschen Sagen heißt, erinnert. Gerade diese Bergbenennung ist uralt in Deutschland, nach einer Urkunde bei Pistorius III. 642. heißt ein Berg im Grabfeld Similes und in einem Schweizerlied (Kuhns Kühreihen, Bern 1810. S. 20. und Spaziers Wanderungen, Gotha 1790 S. 340. 341.) wird ein Simeliberg wiederum erwähnt. Man kann dabei an das schweizerische simel fürsinbel: rund denken. (s. Stalders Wörterbuch.)

57. Kinder in Hungersnoth

57. Kinder in Hungersnoth.
(No. 57. – 69. aus schriftlichen Quellen gesammelt.)

Prätorius (im Abentheuerlichen Glückstopf, 1669. S. 191. 192.) gibt die Sage, wie er sie gehört hat, die Mutter soll zu Grafelitz über Eger in Böhmen gelebt haben.

58. Das Eselein

58. Das Eselein.

Nach einem lateinischen Gedicht in elegischem Sylbenmaß aus der zweiten Hälfte des 15ten Jahrhunderts in einer Straßburg. Handschrift (MSS. Johann. c. 105. 5 Blätter) unter dem Titel Asinarius. Die Erzählung ist wie in dem Raparius (60.) breit, doch nicht ungefällig. Anfang:


Rex fuit ignotae quondam regionis et urbis,
sed regis nomen pagina nulla docet,
Is sibi confortem regni talamique sodalem
sortitus fuerat nobilitate parem.
Schluß:
post haec preterea patris sortitur honorem
sicque regit regum rex duo regna duum.

Ueber den Inhalt vergl. die Anmerkung zu Hans mein Igel, No. 22. Eigentlich müßte nach der Belauschung des geheimnißreichen Zaubers Unglück erfolgen, [43] wenigstens Störung des irdischen Glücks, (wie es erfolgt, nachdem Psyche den Amor beleuchtet hat, bei der Melusine, dem Schwanenritter u.a.); bei dem Hans mein Igel ist die Spur in dem Umstand, daß er schwarz wird und erst muß geheilt werden, hier darin, daß der Jüngling ängstlich entfliehen will, im Lateinischen:


ergo gener mane surgit somno satiatus,
pelle volens asini sicut et ante tegi;
quam non inveniens, multo stimulante dolore,
de sola copit anxius esse fuga:
Und indem er dem Alten antwortet:
– – ita faciam tecumque manebo
et precor ut finem deut bona cepta bonum.

Ein indisches Märchen, das diesem ganz nah kommt, ist in den Altd. Wäldern I. 165 – 67. mitgetheilt; auch scheint sich es auf ein gänges Sprichwort: »welcher Esel nicht kann Pauken (oder Lauten) schlagen, muß die Säck zur Mühle tragen,« zu beziehen.

59. Der undankbare Sohn

59. Der undankbare Sohn.

Aus Schimpf und Ernst Kap. 413. Ganz in der Art wie Großvater und Enkel (I. 78.) der zarten Kindheit vor allem nahliegend und eindriglich. Aelter und mehr legendenmäßig bei dem Dominikaner Thomas von Cantimpre aus dem 12. Jahrhund. der das Märchen als mündliche Ueberliefrung mittheilt; Vergl. Büsching in Schlegels Museum IV. 32. 33. der noch ein anderes Buch citirt, wo es vorkommt.

60. Die Rübe

60. Die Rübe.

Der äußern Form nach eins der ältesten Märchen, nämlich aus einem lateinischen Gedicht des Mittelalters übersetzt und zwar nach der in Strassburg vorhandenen Papierhandschrift (MS. Johann. [44] C. 102. aus dem 15. Jahrh.) worin es 392 Zeilen in elegischem Versmaß bildet und Raparius überschrieben ist. Eine andere gleichzeitige wird zu Wien aufbewahrt, (Denis II. 2. p. 1271. Cod DLXII. R. 3356.) Das Gedicht selbst mag indessen bereits im 14. Jahrhund. verfaßt worden seyn, ohne Zweifel nach mündlicher Volkssage, vielleicht eben aus dem Elsaß. Denn die große Rübe gehört zu den Volksscherzen, und in dem Volksbuch von dem lügenhaften Aufschneider (auch ins Schwedische übersetzt. Lund 1790.) heißt es: »Als ich nun weiter fortwanderte und nach Straßburg kam, sah ich daselbst auf dem Feld eine solch große Rübe stehen, als ich noch niemals eine gesehen und ich glaube, daß einer mit einem Roß in drei langen Sommertagen dieselbe nicht umreiten könne.« Dem Märchen selbst fehlt es nicht an merkwürdigen Beziehungen. Der mißrathene Versuch, den Glückserwerb zu überbieten, da doch das unschuldige Herz fehlt, in viel andern Märchen. Die Erlösung aus dem Sack ist genau die aus dem Brunnen- Eimer in der Thierfabel, wo der Fuchs den dummen Wolf berückt, hinunter ins Himmelreich einzugehen, damit ihn dieser herausziehe; als sie sich unterwegs in den Eimern begegnen, spricht der Fuchs die bekannten spöttischen Worte: »so gehts in der Welt, der eine auf, der andere nieder!« Dieser Sack und Eimer sind ferner wiedernur die Tonne, worin der kluge Mann von den dummen Bauern ersäuft werden soll (s.I. 61. und Scarpafieo bei Straparola) der aber einem vorbeigehenden Hirten weiß macht, daß wer sich hinein lege, zu einer Hochzeit und großen Würde abgeholt werden sollte. In allen diesen Märchen ist der Wünschelsack oder das Glücksfaß von der komischen Seite dargestellt, denn der Mythus wandelt gern den Ernst in Schimpf um. An die ernsthafte Seite erinnert aber unser Raparius am bedeutendsten: wie hier der Mann am Baum hängend Weisheit lernt, schwebt der nordische Weise in der Luft und lernt alle Wissenschaft (Runacapituli)


veit, ek, sat ek hiek vindga meidi a
nátur allar niu.

(weiß ich, daß ich hing am winddurchwehten Baum [45] ganzer neun Nächte lang.)
tha nam ek frevaz ok frodr vera.
(Da begann ich berühmt und klug zu werden.)

Odin setzt sich unter die Galgenbäume, redet mit den Hängenden und heißt darum hanga–god (–tyrdrottinn) Dieser mythischen Wichtigkeit wegen möge die darauf bezügliche Stelle des Originals zugleich eine Probe des Stils geben:


Tunc quasi socraticus hunc laeta voce salutat
et quasi nil triste perpatiatur ait:
»salve! mi frater, hominum carissime salve!
huc ades, ut spero, sorte favente bona.«
Erigit ille caput stupidosque regirat ocellos,
ambigit et cujus vox sat et unde sonet.
Dum super hoc dubitat, utrum fugiat maneatve,
huc movet ire timor et vetat ire pudor.
Sic sibi nutantem solidat constantia mentem,
dixit: »item resonet vox tua, quisquis es hic?«
De sacco rursus auditur vox quoque secundo:
»si dubitas, quid sim, suspice, tolle caput;
in sacco sedeo, sedet sapientia mecum,
hic studiis didici tempore multa brevi.
Pape! scolas quaerunt longe lateque scolares,
hic tantum veras noveris esse scolas.
Hic, phas si sit adhuc hora subsistere parva,
omnia nota dabit philosophia michi,
ac cum prodiero, puto me sapientior inter
terrigenas omnes non erit unus homo.
Pectore clausa meo latet orbita totius anni,
sic quoque sideroi fabrica tota poli,
lumina magna duo complector vi rationis,
nec sensus fugient astra minora meos.
Sed neque me signa possent duodena latere,
quas vires habeant, quas et arena maris.
Flatus ventorum bene cognovi variorum,
cuilibet et morbo quae medicina valet 1;
vires herbarum bene cognovi variarum,
et quae lit volacrum vis simul et lapidum.
Septem per partes cognovi quaslibet artes;
si foret hic Catho cederet atque Plato.
Quid dicam plura? novi bene singula jura,
caesareas leges hic studui variae.
[46]
Qualiter et fraudes vitare queam muliebres 2.
gratulor hoc isto me didicisse loco.
Hic totum didici, quod totus continent orbis,
hoc totum saccus continet iste meus;
nobilis hic saccus precioso dignior ostro,
de cujus gremio gratia tanta fluit.
Si semel intrares, daret experientia nosse,
hic quantum saccus utilitatis habet.«

Fußnoten

1 S. Runacap. 9.

2 S. Runacap. 24. 25.

61. Das jungegeglühte Männlein

61. Das jungegeglühte Männlein.

Von Hans Sachs erzählt. Kempt. Ausg. IV. 3. 152 – 153. Neigt sich zu den Volksscherzen. Das Verjüngen alter Greise sammt dem misglückenden Nachahmen erinnert gänzlich an die griechische Fabel von Medea, Aeson und Pelais.

62. Des Herrn und des Teufels Geschirr

62. Des Herrn und des Teufels Geschirr.

Von Hans Sachs erzählt im Jahr 1557. Kempt. Ausg. I. 5. S. 1006 – 1007. Die Wölfe als Gottes Hunde stimmen merkwürdig zu den odinischen Hunden (Vidris grey) gleichfalls Wölfen. Ueber das Einsetzen anderer Augen vgl. die drei Feldscheerer, Nr. 32. Ein uralter Grund bricht allenthalben durch diese Fabel.

63. Der Hahnenbalken

63. Der Hahnenbalken.

Von Fr. Kind in Beckers Taschenbuch von 1812. in einem Gedicht erzählt; es hat Aehnlichkeit mit Rübezahls Neckereien. Der oberste Gipfelbalken im Dachwerk heißt Hahnenbalken, weil der Hahn darauf zu sitzen pflegt. (Parcifal 5758.)

64. Die alte Bettelfrau

[47] 64. Die alte Bettelfrau.

Ein Bruchstück und verworren. Wird in Stillings Jünglingsjahren erzählt, scheint aber ein altes Volksmärchen, wobei die es vortragende Amme oder Mutter, den zuhörenden Kindern vielleicht auch den Gang der krummen, gebückten Alten mit dem Stock in der wackelnden Hand vormacht. Der Schluß fehlt, vermuthlich rächt sich das Bettelweib durch eine Verwünschung, wie man mehr Sagen von eintretenden pilgernden Bettlerinnen hat, die man nicht ungestraft beleidigt. Es ist merkwürdig, daß der in Bettlergewand verhüllte Odin unter dem Namen Grimnir in die Königshalle einkehrt und ihm die Kleider am Feuer zu brennen anfangen. Der eine Jüngling bringt ihm ein Horn zu trinken, während ihn der andere hatte zwischen die Flamme sitzen lassen. Zu spät merkt er des Pilgers Göttlichkeit, will ihn aus der Flamme ziehen, fällt aber in sein eigen Schwert.

65. Die drei Faulen

65. Die drei Faulen.

Schimpf und Ernst Cap. 243. Die Gesta Romanor. (deutsche Ausg. Cap. 3. lat. Cap. 91.) haben das Märchen auch, doch so, daß der, welcher sich lieber verbrennen will, der erste ist; welcher sich lieber will aufhenken lassen, der zweite: der dritte aber spricht: »läge ich in meinem Bett und mir fielen die Dachtropfen in beide Augen, ehe ich mich auf eine Seite wendete, ehe ließ ich mir die Tropfen die Augen ausschlagen.« Fischart im Gargantua 79b erzählt einen andern Fall von dem faulen Heinz: »eben wie jener Knecht, da man ihn früh weckt: o de Vägelken pipen schun in de Nörken! oh, lat pipen, sahd he lat pipen, de Vägelkens hefen klene Höfdken, hefen bale utgeslapen, averst min Höfedken is tomal gar grot, deit ime Noth me to slapen.«

66. Die heilige Frau Kummerniß

[48] 66. Die heilige Frau Kummerniß.

Neigt sich wie Nr. I. 81. I, 3. II. 1. II. 35. aus der heil. Legende ins Märchen. Vergl. Strobl ovum paschale p. 216. 217. und Benign. Kybl Wunderspiegel I. 505. über die letzte Spielmannsbitte s. Nr. 24. den Jud im Dorn. Man hat mehr als eine Sage von Heiligenbildern, die aus Gnade einen Finger der Hand ausstrecken, um den Ring daraus fallen zu lassen. Der heil. Sebald zu Nürnberg, als ein frecher Gesell sein Bild am Bart zupfte und sprach: Alter, wie schmeckt dir der Most? regte die Hand und gab ihm eine Ohrfeige, daß die fünf Finger auf der Wange unvertilgliche Spuren drückten. (Wagenseil. de civit. Norimberg. Altdorf 1697. 4. p. 37 – 57.) S. auch de beiden Künigeskinner (Nr. 27.) wo der steinerne Mann mit dem Kopf nickt.

67. Schlauraffenland

67. Schlauraffenland.

Die Fabel vom Affen- oder Schlauraffenland (die schlauen, klugen sind den dummen Affen,apar ósvinnir, mythischer Gegensatz) steigt ohne Frage in ein hohes Alter auf, da schon das gegenwärtige Märchen aus einem altdeutschen Gedicht des 13. Jahrhunderts herrührt. Bald wird sie spaßhaft, wie hier und meistentheils, gewendet, aber im Märchen von dem Zuckerhäuschen, das mit Fladen gedeckt, mit Zimmt gebalkt ist, (I. 16.) erscheint sie in gläubigem Kinderernst gleichwohl dieselbe und schließt sich an die noch tieferen Mythen von dem verlorenen Paradies der Unschuld, worin Milch und Honig strömen. Zu der ersten Art blos gehört Hans Sachsens bekannter Schwank (S. Häsleins Auszug S. 391.) und Fischarts Anspielung im Gargantua S. 96a »in dem Land kann ich nicht mehr bleiben, die Luft thut mich in Schlauraffen treiben, drei Meil hinter Weihnacht, da sind die Lebkuchenwände, Schweinebratenbalken, Malvasirbrunnen, Milchramregen, [49] Zuckererbsenhagel, da wird der Spaß bezahlt und der Schlaf belohnt, da gibts Bratwürstzäune, Honiggyps und Fladendächer.« Eben so hat man im altfranzös. Fabliaur von dem pays de Cocagne (Méon. 4. 176.) – Auf der andern Seite schlägt das Märchen in die vielen Sagen von den unmöglichen Dingen (Nr. 68.) und die gleichfalls alte Geschichte vom Finkenritter ein, dessen Fischart mehrmals gedenkt und woran er vielleicht selbst mitgearbeitet hat, (über das Volksbuch vgl. Kochs Grundriß 2.) Im Bienenkorb St. 4. Cap. 4. heißt es unter andern: »zur Zeit, da die Häuser flogen, die Thiere redten, die Bäche brannten und man mit Stroh löschte, die Bauern bollen und die Hunde mit Spießen herausliefen, zur Zeit des strengen Finkenritters.« Manches in der Zusammenstellung dieser unmöglichen Dinge deutet auf geheime, verloren gegangene Berührungen derselben dennoch hin und es ist hier, wie in den Traumdeutungen, die Reihe solcher ahnugsvollen Verwandtschaften (da ja uranfänglich alle Gegensätze verfließen) von den rohen und groben Lügen zu unterscheiden. Ein hölländisches Volkslied »de droomende Reyziger« wiewohl modernisirt hat aber noch viele alte Strophen und Uebereinstimmung mit dem Altdeutschen Gedicht, vgl. die Samml. Toverlantarn. S. 91 – 92. Vgl. das Dietmarsische Lied von den unmögl. Dingen, Walafrieds Strabo similitudo imposlibilium (Canis. II. p. 2. p. 241.) und Stellen bei Tanhäuser 2. 66. Marner 2. 172. und Boppo 2. 236. Das Lügenmärchen, das unter der Ueberschrift von den Wachteln sich in Handschrift (Nr. 119.) zu Wien befindet, hat auch eine mit unserm merkwürdig übereinstimmende Stelle.


Die hunt sint mit muz behut,
da sind kirchtür gut,
gemauert aus putern gotwaiz
und schaint die sunn als haiz,
daz schat im umb ain har.
ain aichen–phaff, daz ist war
ain puchain messe singet,
der antlaz im geben wirt,
daz im der ruck swirt,
den segen man mit kolben gab
[50]
ze hant hub ich mich herab,
von dem antlaz ich erschrak:
sieben Wachteln in sak!

68. Das Dietmarsische Lügen-Märchen

68. Das Dietmarsische Lügen-Märchen.

Nach Vieths Chronik. Vgl. Alterthumszeitung 1813. Nr. 6. S. 29.

69. Räthsel-Märchen

69. Räthsel-Märchen.

Aus einem Volksbuch mit Räthseln. Die Verwandlung in Blumen auf dem Feld kommt auch im Liebsten Roland vor (I. 56) und die Auflösung hier erinnert an die Bienenkönigin, die den Honigmund heraus findet (I.S. 299.)

70. Der goldene Schlüssel

70. Der goldene Schlüssel.

Aus Hessen.

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TextGrid Repository (2012). Grimm, Jacob und Wilhelm. Märchen. Kinder- und Hausmärchen (1812-15). Zweiter Band. Anhang. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-FFB0-D