468. Adalbert von Babenberg

Im Jahre 905, zu König Ludwig des Kindes Zeiten, trug sich eine Begebenheit zu, die man lange auf Kreuzwegen und Malstätten vor dem Volke singen hörte und deren die geschriebenen Bücher von den Taten der Könige nicht geschweigen. Adalbert, ein edler fränkischer Graf, hatte Konraden, König Ludwigs Bruder, erlegt und wurde in seiner Burg Babenberg darum belagert. Da man aber diese Helden mit Gewalt nicht bezwingen konnte, so sann des jungen Königs Ratgeber, Erzbischof Hatto von Mainz, auf eine List. Mit frommer Gleisnerei ging er hinauf zu einem Gespräch in das Schloß und redete dem Adalbert zu, die Gnade des Königs zu suchen. Adalbert, fromm und demütig, fügte sich gerne, bedang sich aber aus, daß ihn Hatto sicher und ohne Gefahr seines Lebens wieder in die Burg zurückbringe. Hatto gab ihm sein Wort darauf, und beide machen sich auf den Weg. Als sie sich dem nächsten Dorfe, namens Teurstadt 1, näherten, sprach der Bischof: »Es wird uns das Fasten schwer halten, bis wir zum Könige kommen, sollten wir nicht vorher [440] frühstücken, wenn es dir gefiele?« Adalbert, einfältig und gläubig nach Art der Alten, ohne Böses zu ahnden, lud den Bischof alsbald nach diesen Worten bei sich zum Essen ein, und sie kehrten wieder in die Burg zurück, die sie soeben verlassen hatten. Nach eingenommenem Mahl begaben sie sich sodann ins Lager, wo die Sache des Fürsten vorgenommen und er der Klage des Hochverrats schuldig gesprochen und zur Enthauptung verdammt wurde. Als man dieses Urteil zu vollziehen Anstalt machte, mahnte Adalbert den Bischof an die ihm gegebene Treue. Hatto antwortete verräterisch: »Die hab ich dir wohl gehalten, als ich dich ungefährdet wieder in deine Burg zum Frühstücken zurückführte.« Adalbert von Babenberg wurde hierauf enthauptet und sein Land eingezogen.

Andere erzählen mit der Abweichung: Adalbert habe gleich anfangs dem Hatto eine Mahlzeit angeboten, dieser aber sie ausgeschlagen und nachher unterwegens gesagt: »Fürwahr, oft begehrt man, was man erst abgelehnt, ich bin wegmüd und nüchtern.« Da neigte sich der Babenberger auf die Knie und lud ihn ein, mit zurückzugehn und etwas zu essen. Der Erzbischof aber meinte sich seines Schwurs ledig, sobald er ihn zur Burg zurückgebracht hatte. Die Verurteilung Adalberts geschah zu Tribur.

Fußnoten

1 Bei Ditm. Tereti, bei Regino Terassa, heute Detes, Benediktinerkloster im Würzburgischen.

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TextGrid Repository (2012). Grimm, Jacob und Wilhelm. Sagen. Deutsche Sagen. Zweiter Band. 468. Adalbert von Babenberg. 468. Adalbert von Babenberg. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-099F-A