[304] Drei Farben
»Drei der Farben liebt' ich innig, inniger als Leib und Gut,
Wärmer als das Licht der Augen, wärmer als des Herzens Blut!
Weiß die erste war der Farben: meines Vaters Silberhaar;
Roth die zweite war aus ihnen: meiner Liebsten Wangenpaar;
Dritte war: das Grün der Fluren, deiner Fluren Festgewand,
Deiner Berge schöner Mantel, Hellas, süßes Vaterland!
Alle drei hast du vernichtet, gottesräub'rischer Barbar!
Hast erwürgt den süßen Vater und zerrauft sein greises Haar!
Hast gefesselt die Geliebte, bleichend ihrer Wangen Roth;
Hast des Landes Grün zertreten, säend Moder drauf und Tod!
Treu doch lieb' ich noch die Farben, inniger als Leib und Gut,
Wärmer als das Licht der Augen, wärmer als des Herzens Blut!
Weiß die erste: nun zwei Lilien, die an jenen Gräbern blühn,
Wo die Hüllen meiner Lieben rasten von des Lebens Mühn.
Roth die zweite: toller Mörder, dein und deines Volkes Blut!
Dritte ist das Grün des Rasens, unter dem mein Herz einst ruht.«
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Also sprach der Heldenjüngling, stehend an der Seinen Grab,
Eine Thräne – wohl die letzte – perlt auf ihr Gebein hinab.
Rings Entsetzen der Vernichtung! rings des Mordes Schreckensbild!
Todesmuthig stürzt der Kämpfer hin auf Hellas' Blutgefild.
Fallend ahnt der Sohn der Freiheit, was einst seiner Liebe Preis,
Wie auf seinem Grabeshügel bald sich eint der Farben Kreis:
Auf des Rasens Grün strömt röthend Türkenblut in reichem Lauf,
Und im nächsten Frühlingsstrahle blüht die weiße Lilie drauf.