[152] Schweigen

Wie ist's doch um das Schweigen eigen!
Der Weise schweigt, wie Thoren schweigen,
Bei gleichem Schein ungleicher Sinn,
Hier ein Verlust, dort ein Gewinn;
Ein Fürstenmantel, der die Größe
Des Reichen klug vor Spähern deckt,
Ein Bettlerhemd, drin sich die Blöße
Des armen Krüppels scheu versteckt.
Den weisen Schweiger kann es treffen,
Daß ihn die Welt als Thoren schilt;
Des Thoren Schweigen mag uns äffen,
Daß er wohl gar als Weiser gilt.
Zur Unzeit wird des Weisen Schweigen
Das Thöricht'ste, das er ersann,
Doch allzeit bleibt des Thoren Schweigen
Das Weiseste, das er begann.

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Grün, Anastasius. Schweigen. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-112A-4