So walt es Gott

[93] 1.
So walt es Gott mein Heil der mich aus nichts gemacht/
Der mich aus Mutterleib/ an dieses Licht gebracht.
Der mich biß auf die Stund' in seinem Schutz erhalten/
Der seine Gnad' und Treu noch über mir läst walten.
2.
Der/ als ich auf die Welt befleckt mit Sünden kam/
Durch seinen Tauffbund mich in seine Kirch annahm/
Der durch des Sohnes Blut/ daß für uns ward vergossen/
Mir das versperte Thor des Himmels aufgeschlossen.
3.
Der blicke mich/ weil ich noch in dem Kercker schmacht'/
Anjetzt auch liebreich an/ Er geb' heut' auf mich acht/
Vermehre die Gedult/ Er stärcke meinen Glauben/
Er lasse Hoffnung nicht aus meinem Hertzen rauben.
4.
Er führ um mich die Hut der lieben Wächter auf!
Sey meine Wagenburg/ und richte meinen Lauf
Nach seinem Wort/ daß ich aus Lust mich nicht verweile/
Er wende von mir ab des Satans schnelle Pfeile.
5.
Er decke mein Gesicht vor Eitelkeit der Welt/
Er tröste/ wenn die Angst von jedem Ort einfällt/
Er decke meine Feil' aus gnädigen Erbarmen/
Er schliesse mich ins Hertz mit liebsten Vater Armen.
6.
Verhängt Er/ daß mir ja das Glück den Rücken kehrt.
Das Fall und Schaden raubt was seine Gunst beschert/
So bleib er dennoch mein/ der Höchst aus allen Schätzen/
Der schröcklichsten Verlust unendlich kan ersetzen.
7.
O Jesu! der du hoch am Creutz stehst aufgericht:
Mein Heyland! ach neig' ab dein blutig Angesicht!
Ich bin doch ja der Preiß/ um welchen du gerungen/
Als du durch deinen Tod hast meinen Tod verschlungen.
8.
Hast du was ich verwürckt unendlich doch gebüst/
Und durch die rauhe Quaal gestürtzt des Feindes List;
O Geist der wahren Lieb! O Geist/ der Glut entzündet/
Die ewig nicht erlescht! der uns mit Gott verbindet.
9.
Der lebend in uns rufft/ wann schon die Zung anklebt/
Und der zu nahe Tod um Mund und Lippen schwebt/
O Gott der Gnaden/ ko i/ erfülle mein Gemüthe/
Das ich mich reiner Geist vor dem/ was unrein/ hüte.
10.
Bezeuge das ich sey ein Knecht/ ein Kind und Erb'
[94]
Des Höchsten und getrost auf dieses Zeugnüß sterb!
Daß Gott/ den ich jtzt schau (doch als im duncklen Lichte)
Ich eh'stes sehe vo Gesichte zu Gesichte.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Gryphius, Andreas. Gedichte. Vermischte Gedichte. Etliche Morgen-Seuffzer. So walt es Gott. So walt es Gott. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-1B4F-B