[154] Schreiben an Herrn M(ichael) in Landeshutt
Aus Schmiedeberg den 9. Febr. A. 1722.
Bruder, denck an deinen Freund, der dich wohl nicht wieder siehet,
Und vergieb mir, wenn ich dich oftermahls aus Noth bemühet.
Dein so redliches Gemüthe steht in meinem Herzen fest,
Bis der abgekränckte Cörper den gefangnen Geist verläst.
Hätten mich die Meinigen, wie sie von Natur wohl sollen,
Nach der rechten Eltern Art aus dem Staube reißen wollen,
O so hätt ich manchen Fehler, der mir öfters schaden kan,
Nicht aus unruhvollem Herzen mir zum Spotte selbst gethan.
Lebe du indeßen wohl! Ich bequeme mich den Schlüßen,
Die mich in das Vaterland ehmahls recht mit Zwang gerißen.
Gott vermehre dir dein Glücke! Lebe wohl und denck an den,
Der anjezo sehnlich wüntschet, noch ein Blat von dir zu sehn!