[241] An sein Hannchen
Hannchen, denck einmahl und oft
An die schönen Abendstunden,
Die sich gar so unverhoft
Bey uns scherzend eingefunden.
Solche Lust vergnügter Nacht,
Als dein Singen uns gegeben,
Hat mir mein bisherig Leben
Wohl gewis noch nicht gemacht.
Das beschwör ich dich, mein Kind,
Bey den Mienen, bey den Blicken,
Welche deine Neze sind,
Unsre Neigung zu bestricken.
Sind dieselben gleich nicht schlecht,
So macht, ich kan's nicht verheelen,
Dich doch das bey treuen Seelen
In der That noch nicht gerecht.
Wo ein klug und redlich Herz
Mit dem andern zärtlich spielet
Und ihr Leid den sanften Schmerz
Innerlicher Sehnsucht fühlet,
Ja, wo noch vor Schmerzen seyn
Und Verstellung vor den Leuten
Niemahls aus dem Garne gleiten,
Ist die Lust schon engelrein.
Solche Lust steht Engeln an,
Die noch Unschuld an sich haben;
Auf der Wangen Rosenbahn
Darf man nicht sein Pfund vergraben.
Klug, verschwiegen und getreu
Macht die Liebe stets zur Tugend;
Kinder, braucht den Lenz der Jugend,
Sonst ereilt euch späte Reu.
[242]
Schwester an der Redligkeit,
Du, o Schwester am Gemüthe,
Gönne mir nur jederzeit
Ein'ge Strahlen deiner Güte;
Schlag dein Meineid aus dem Sinn,
Der dich nechst herumgeführet:
Wer ein falsches Herz verlieret,
Deßen Schaden ist Gewinn.