[262] An Mademoiselle H – – F – –, als er sich den Tag vorher mit der Phillis versprochen hatte

Meide doch nur meine Blicke,
Du vor mich gefehrlichs Kind,
Weil sie nur Versuchungsstricke
Und der Nachreu Neze sind.
Phillis herrscht in meinem Herzen
Und begehrt dies Reich allein,
Darum darf kein fremdes Scherzen
Und kein neuer Trieb hinein.
Ich gesteh ohn alle Sünde:
Dein Gesicht ist liebenswerth,
Weil ich viel darinnen finde,
Was die klugen Geister nährt.
Wären mir der Phillis Küße
Auch im Finstern nicht bekand,
Hätt ich deinem sanften Biße
Gleich die Freyheit zugewand.
Himmel, schränckstu auch die Liebe
Durch der Menschen Sazung ein?
Dürften denn die zarten Triebe
Nicht in viel zertheilet seyn?
Sehen muß man, auch begehren
Und gleichwohl zurücke stehn;
Pflegstu doch mit Hund und Bären
Viel gelinder umzugehn.

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TextGrid Repository (2012). Günther, Johann Christian. Gedichte. Gedichte. Liebesgedichte und Studentenlieder. Phillis. An Mademoiselle H - - F - -. An Mademoiselle H - - F - -. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-2418-D