[184] Philimen an seine drey Verlasznen in Schmiedeberg
Gute Nacht, ihr liebsten Brüder!
Das Verhängnüß trennt uns wieder
Und vergällt uns manche Nacht,
Die wir freudig zugebracht,
Wenn die Weißheit nebst den Musen
Und auch, wie es manchmahl kam,
. . . . allgemeiner Busen
Aller Grillen Macht benahm.
Denckt an diesen guten Winter,
Da euch der verfolgte Günther
Erstlich auf die Spur gelenckt,
Die mit edler Wollust tränckt;
Denckt an meine treue Lehren
Von Verstand und Wißenschaft,
Denckt auch nicht allein ans Hören,
Sondern bringt sie selbst zur Kraft.
Gott und Glücke weis, wie lange,
Wo, wie weit, wie froh, wie bange
Mein herumgezogner Fuß
Noch den Ruhplaz suchen muß.
O wie manches Schnein und Regnen,
O wie mancher saurer Wind
Werden mir noch wohl begegnen,
Eh mein Fleiß die Frucht empfindt!
Wüntscht mir weiter nichts auf Erden,
Als nur wohl geprüft zu werden
Bey der Noth nicht eigner Schuld,
In dem Kummer stets Gedult.
Ich bin allemahl zufrieden,
Wie es auch die Vorsicht schickt;
Lebt ich nicht von euch geschieden,
Lebt ich ganz und gar beglückt.
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Hört ihr meinen Tod berichten,
O so klagt und weint mit nichten!
Last es euch vielmehr erfreun,
Dadurch scharf erweckt zu seyn,
Daß ihr dieses kurze Leben
Desto beßer brauchen lernt
Und durch eifriges Bestreben
Euch dem Pöbel bald entfernt.
Seh ich jezt mit naßem Blicke
So betrübt wie der zurücke,
Dem sich dort das Paradies
Kläglich auf dem Rücken wies,
Zähm ich doch die weichen Triebe
Durch Gewohnheit und Verstand;
Wo ich mich in Künsten übe,
Da, da ist mein Vaterland.
Gute Nacht, ihr Berg und Tiefen,
Wo wir oft dem Tage riefen,
Der uns einmahl weißheitsvoll
Außer Landes crönen soll.
Hört auch: Haltet meine Brüder
Nicht zu lange nach mir auf;
Schickt ihr mir die drey nicht wieder,
Leg ich schon den Fluch darauf.